Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Banken doof finden ist keine Alternative, und Belgier probieren auch mal Müsli.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die Welt meldet: "Neonazis unterwandern die NPD".
Was wird besser in dieser?
Die Welt meldet: "Immer mehr Nackte am FKK-Strand."
Griechenlands Premier Giorgos Papandreou wird von allen Seiten angegriffen: von europäischen Politikern, der griechischen Opposition und der deutschen Boulevard-Presse. Wie viel Mitleid haben Sie mit ihm?
Na ja! Hälftiger Schuldenerlass, massive Finanzhilfen und drum herum eine Staatengemeinschaft, die übel aber wohl das Land erblühen sehen will: Mit diesem Ergebnis wäre ein deutscher Kanzler in den 1920ern heilig gesprochen worden. Papandreou hat nun achtzehn Monate gebettelt, dass man ihm seinen maroden Gebrauchtwagen abkauft, und nachdem der Deal endlich steht, will er erst mal zum TÜV. Ein Weltklasserüpel, Angela Merkel muss inzwischen schon weit reisen, um Jungs zu finden, die sie an der Nase herumführen können.
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Die CDU kämpft jetzt auch für einen Mindestlohn. Clever oder verlogen?
Noch mal langsam zum Mitsingen: Die Gewerkschaften betteln die konservative Regierung an, die Tarifautonomie abzuschaffen. Warum denken, wenn man schunkeln kann. Es handelt sich also um den Offenbarungseid der irrtümlich sogenannten Sozialpartner: Im ausgewilderten Zustand sind die Gewerkschaften machtlos. Eine linke Position müsste also gegen Mindestlöhne sein. Schon eher für Höchstlöhne, fangen wir im Bankensektor an.
Belgien will bis 2015 aus der Atomkraft aussteigen. Realistisch für ein Land, das mehr als 500 Tage gebraucht hat, um eine neue Regierung zu bilden?
Hey … wenn man zwei Jahre keine Regierung hat, wird endlich vernünftige Politik gemacht? Geahnt hat man es ja immer. Im Übrigen ein hübscher Beleg für die These, dass der deutsche Ausstieg auch umgeben von Atomnationen Sinn macht: Wenn der dicke Nachbar ohne Fritten auskommt, probiert der schlaue kleine nebenan auch mal Müsli.
In den USA wird die Occupy-Bewegung mit Tränengas von der Polizei bekämpft, in Deutschland lassen sich die Demonstranten ihre Besetzungen erst genehmigen. Sind die Deutschen zu brav?
Wenn gute Politik ist, ordentlich was auf die Fresse zu kriegen, sollten wir die Klitschkos aus der Ukraine abwerben. In Deutschland treffen sich Aktivisten und Commerzbank-Chef Blessing im Spiegel, und da fragt der Boss der teilverstaatlichten Bank nach der "Agendamacht" der Bewegung: Welche konkreten Ziele wollt ihr als Erstes abhaken? Dagegen ist Tränengas doch nett. Ökoladen, Kriegsdienstverweigerung, Frauenquote, Atomausstieg: Die bisherigen sozialen Bewegungen boten konkrete Handlungsalternativen für bewegte Bürger. Banken doof finden ist keine.
Palästina ist gegen den Widerstand von den USA und Israel neuestes Unesco-Mitglied. Ein Schritt in Richtung Frieden für den Nahen Osten?
Ja.
Hape Kerkeling will nicht Nachfolger von Thomas Gottschalk werden. Bohlen, Schöneberger, Geissen - auf welche Fresse muss man sich bei "Wetten, dass ..?" gefasst machen?
Alles außer Raab wäre Denkmalschutzverein, und Raab hat da, wo er ist, längst mehr, als das ZDF ihm bieten könnte. Vor allem junge Zuschauer. Glückwunsch an Hape Kerkeling: "Das Format hats gehabt, und Hape hätte es nicht verdient, an einem überlebten Konzept Schaden zu nehmen." Schrieb ich vor einem halbe Jahr hier, und, nun ja… recht haben ist so schön.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder setzt sich jetzt gemeinsam mit der Bravo gegen Cybermobbing ein. Kann sie mit Ihrer Unterstützung rechnen?
Ich entnehme diesem Umstand, dass es die Bravo noch gibt. Ich dachte, die sei längst Opfer des Cybermobbing geworden. Aber noch stets scheinen junge Leute sie zu lesen … junge Leute wie … Schröder.
Das erfolgreiche US-Nachrichten-Internetportal Huffington Post will künftig auch in deutscher Sprache erscheinen. Muss sich Spiegel Online warm anziehen?
Spiegel Online steht heute da, wo tagesschau.de stünde, wenn die Öffentlich-Rechtlichen nicht planmäßig und abschließend von der Medienzukunft abgeschnitten worden wären qua Gesetzgebung. Schon deshalb: Konkurrenz willkommen, gern auch seriösere.
Und was machen die Borussen?
Beneiden klammheimlich Union Berlin um den feinen Schachzug, die Mehrheit am Club Kleininvestoren, sprich: Fans zu verkaufen. Und so auch der "Alten Försterei" ihren würdevollen Namen zu bewahren. So wahr ich Westfalenstadion heiße.
FRAGEN: DRÖ, IPP
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn