Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

"Realwirtschaft" gegen "Dönermord". Und Kriegsverbrecher entlarven die US-Doppelmoral.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Mehrere Stunden Wulff nicht an erster Stelle bei "Spiegel Online". Schlappes Präsitainmant.

Was wird besser in dieser?

ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.

Bitte, fusioniert diesen Wulffkrempel und die Dschungelshow.

US-Marines urinieren auf Leichen von Taliban. Ein Skandal, klar. Nur: Wen überrascht so ein Verhalten eigentlich noch - außer natürlich Außenministerin Hillary Clinton?

Viele Amerikaner glauben, den Vietnamkrieg gegen die und wegen der freien Medien verloren zu haben; unzensierte Bilder der Gräuel hätten schließlich die US-Regierung zur Aufgabe gezwungen. Hier scheitert nun die kranke Doktrin des "embedded journalism", die daraus erwuchs: Die Verbrechen von Abu Ghraib im Irak, Fotos von Bundeswehrsoldaten beim Spiel mit Leichenteilen, allerhand Kriegsverbrechen wie nun auch dieses wurden durch private Fotos und Filme bekannt. Clinton weiß, was das bedeutet. Eben keine Einzelfälle, die "zu Verantwortung und Rechenschaft gezogen" werden, sondern: "Das blamiert den Staat und seine Uniformierten und ist eines so großes Volks unwürdig." Sagte sie vor ein paar Wochen - allerdings zu den Übergriffen ägyptischer Militärs, die von Gebäuden auf Demonstranten uriniert hatten.

In Russland bereitet Wladimir Putin derweil gewohnt sympathisch seine wie üblich einwandfrei demokratische Wiederwahl vor: alte Freunde aus KGB-Zeiten werden schon mal in den richtigen Ämtern postiert. Dass große Teile des Volkes gegen ihn sind - geschenkt?

Okay, für einen Autokraten, der die komplette Fernsehlandschaft und die zentralen Geldflüsse kontrolliert, ist eine Umfrage-Beliebtheit von 38 Prozent ein maues Ergebnis. Was soll man als Tyrann noch alles anstellen ?! Gleichwohl haben alle anderen - Büttel Medwedjew, Rechtsaußen Schirinowski und Kommunist Sjuganow - deutlich schlechtere Werte. Putin wird also hier Geschenke verteilen, dort Repression üben und eine Stichwahl wenn überhaupt gegen einen Außenseiter inszenieren.

Da hat man hier vergleichsweise wenig Sorgen, nur der Herr Präsident gebärdet sich weiterhin ein bisschen bockig. Nun hat die Bild-Zeitung mal wieder irgendein Urlaubsreisen-Upgrade ausgegraben: Bei wie vielen tatsächlich nicht geflogenen Bonusmeilen muss ein Bundespräsident eigentlich gehen?

Ach würde das Spaß machen, wenn dieser Präsident für einen Inhalt stehen würde, für den man ihn gegen eine weitgehend gleichgerichtete Medienfront verteidigen könnte.

Für Griechenland sollte 2012 alles besser werden, nun drohen die Banken den Schuldenschnitt nicht mittragen zu wollen. Ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Privatwirtschaft sich durchsetzt und Griechenland bankrott geht?

Frankreich will eine Zockersteuer - Frankreich wird herabgestuft. Wenn Griechenland sich für ein Recht der Banken, direkt Steuern zu erheben, einsetzte - da sehe ich noch Chancen.

Doris Schröder-Köpf will in den niedersächsischen Landtag, Michelle Müntefering - ausnahmsweise mal nicht aus Hannover - bewirbt sich für ein Bundestagsmandat. FDP-Frau Brigitte Pöpel dagegen geht - sie fühle sich gemobbt. War sie einfach nicht Gattin genug?

Schröder-Köpf und ihr Gatte sind für ihre legendären Droh-Anrufe bei Journalisten bekannt, hier ist im Interesse langjähriger Rücktrittsdebatten dringend irgendein Amt nötig, von dem aus sie alle kompetenten Anrufbeantworter vollmetern können. Pöpel sagt, sie könne als Frau in der FDP keine Karriere machen, na gut, als Mann derzeit auch nicht. Frau Müntefering war schon im Unterbezirks- und Landesvorstand der SPD, bevor ihr Gatte ihr seine gezielte Jugendförderung antrug. Der SPD geht es als Partei so scheiße, sie sollte als Singlebörse nicht auch noch diskriminiert werden.

Morgen kürt die Gesellschaft für deutsche Sprache das "Unwort des Jahres" 2011. Ihr persönlicher Favorit?

Sieht nach einer klaren Sache für das Wortverbrechen "Dönermord" aus. Das allerdings ist Jahre alt - nur die Erkenntnis, dass es ein zum Wort geronnener Justizirrtum ist, stammt aus 2011. Ich bevorzuge "Realwirtschaft" - elegant und grundehrlich wird hier gesagt, dass wir von einer Surrealwirtschaft regiert werden.

Und was machen die Borussen?

Viele Fans verabreden sich, zum Rückrundenauftakt nach Hamburg zu fahren - und vor dem Stadion das Spiel im Radio zu hören. Protest gegen die auch in Hamburg überhöhten Stehplatzpreise. Der BVB postet die links in seiner Fanabteilung. FRAGEN: AKL

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