Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Meinungshirsche röhren gegen Grass, Lötzsch geht von Bord der Enterprise und die Piraten sind erfrischend ahnungslos.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Sicherheitsbehörden in Alarm: Gläubige verschenken Koran.
Was wird besser in dieser?
Briefkästen wehrlos: Bild schenkt zum 60. jedem deutschen Haushalt ein Exemplar.
Am Dienstag präsentiert Kristina Schröder in Berlin „Danke, emanzipiert sind wir selber“ vor. Ein Meilenstein?
Schröderplag, go! Ihre Doktorarbeit basierte auf 1.000 Fragebögen, die kulanterweise die CDU-Bundeszentrale versandte, und ausgewertet hat sie ein bezahlter Mitarbeiter ihres Doktorvaters. – Im Übrigen müsste man wohl so weit gehen, das Buch zu lesen, um sich eine Meinung darüber zu bilden. Wobei ich für diesen kleinen Lauser durchaus eine Regalprämie nähme, um ihn mir anzutun.
Günter Grass wird wegen seines Gedichts „Was gesagt werden muss“ in Israel zur Unperson erklärt und erhält Beifall von den Rechten – hat die öffentliche Person Grass noch eine Zukunft, und wenn ja, als was?
Als Namenspatron der diese Epoche prägenden heimtückischen Stattfindekrankheit. „Du hast ja krass grass“ – „grassierender Unsinn“ – „bald grass ich am Neckar, bald grass ich am Inn“ usf. Seine Leidensgenossen hatten je nach Fortschritt ihrer Erkrankung die moralschäumenden Erwiderungen fertig, kurz bevor Grass überhaupt losdichtete (Broderline-Syndrom), andere bastelten den Text erst noch ein bisschen um, damit sie ihn besser niederschirrmachern konnten. Ein Rudel Meinungshirsche beim brünftigen kommunizierenden Röhren. – Zehn Wochen hat uns diese Selbsthilfegruppe mit der fundamentalen Bedeutung von Preisschildchen unter Bobby-Cars bei Wulffs daheim unterhalten. Nun kommt einer und versucht, mit den Fingern ein relevantes Thema dagegenzustellen – und reißt zugleich mit dem Arsch alles wieder um. Das ist tragisch, vor allem für das Thema: ein Krieg um und womöglich mit Nuklearwaffen, der GAU aller bekannten Nahostszenarien. Das ist das Thema, und nun liegt es begraben unter faulendem Heu.
Gesine Lötzsch zieht sich als Linken-Chefin zurück – Verlust oder Gewinn für die Partei?
Irgendwie erinnert die Linke immer mehr an Raumschiff Enterprise, das sich mit jeder neuen Bordcrew schlimmer in Paralleluniversen verfliegt, bis endlich Spock und Captain Kirk wieder ranmüssen. Gysi und Lafontaine muss nun ein Generationswechsel gelingen, oder das Schiff dreht über Westdeutschland ab: „Da unten ist kein Leben möglich, Leute.“
Der norwegische Attentäter Anders Breivik droht, sich in seinem Prozess zu inszenieren. Werden die Medien ihm diese Plattform bieten?
Auch die beiden einander widersprechenden Gutachten – hie „geisteskrank“, dort „Überzeugungstäter“ – führen zum gleichen Ergebnis: eklatante Wiederholungsgefahr. Breivik wird nie wieder freikommen, und das finde ich sowohl gerecht als auch eine notwendige Güterabwägung zwischen den Interessen des Täters und dem Schutzbedürfnis der Gesellschaft. So gesehen muss ich nichts von dem „Zirkus“, den norwegische Beobachter vom Prozess erwarten und befürchten, lesen. Außer einer hoffentlich brillanten Urteilsbegründung.
Der vorläufige Frieden in Syrien ist trügerisch, Diktator Assad lässt weiterschießen. Versucht Vermittler Kofi Annan einem Wolf vegetarische Ernährung beizubringen?
Ich finde auch die meisten Kriege trügerisch. Die durchgehend herablassende Kommentierung der UN-Friedensmission Annans kann keinen Militaristen ärgern, und, nun ja, was wollte die Bundeswehr den afghanischen Zivilsten am Tanklastzug in Kundus beibringen? Sprit sparen?
Streit, offene Briefe und Vorwürfe wegen Rassismus und Sexismus bei den Piraten – notwendige Wachstumsschmerzen einer jungen Partei oder verfrühte Selbstzerlegung?
Der Weg ist das Ziel. Die Nachricht, keine zu haben, wird als große Erfrischung, als ersehnte Aufrichtigkeit wahrgenommen von WählerInnen, die jedes Vertrauen in die Instantbescheidwisser der Altparteien verloren haben. Dem Piratenphänomen ist mit der Kompetenzkeule nicht beizukommen. Ihre Nachricht an die Konkurrenz: Öfter mal keine Ahnung, dann klappt’s auch mit dem Wähler.
Und was machen die Borussen?
Die städtischen Bürgerdienste suchen noch dringend Wahlhelfer. Wenn, dann findet die BVB-Meisterfeier nämlich am 13. Mai statt, dem Tag der Landtagswahl. Womöglich, um auch einen Pokalsieg tags zuvor in Berlin zu würdigen. Und auch wenn es natürlich noch sehr unwahrscheinlich ist – viele wollen sich für den Tag nicht festlegen. FRAGEN: EW
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