Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Kaum gilt das Ehegattensplitting für homosexuelle Paare, schon lässt sich Wladimir Putin von seiner Frau scheiden. Trotzdem könnte Handelskrieg mit China drohen.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: „Gummistiefelkompetenz“ klingt bisschen nach Domina als Ausbildungsberuf.
Was wird besser in dieser?
Bei Eintreffen der Wahlumfrageergebnisse wird man Naturkatastrophen Parteien zuordnen können.
Erleben wir gerade den „Türkischen Frühling“?
Bitte nicht. Die Kurzfassung hieße: Widerstand wird grausam niederkartätscht, das Land stürzt in permanenten Bürgerkrieg – Libyen. Oder ein Despot wird durch das nächstschlimmere Regime ersetzt – Ägypten. Zwischendurch jubeln westliche Medien etwas surreal durch die Gegend. Was, wenn das nicht das Taumeln Erdogans ist, sondern der traurige Abschied Atatürks? Wohlfeiles Argument, aber gut: Wenn die Türkei endlich in der EU wäre, könnte man Erdogan jetzt mit Rauswurf drohen.
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt. Ab 10. Juni ist er mit der Show „Tagesschaum“ als Moderator zurück auf dem Bildschirm.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Das Ehegattensplitting gilt auch für homosexuelle Paare. Wann kommt das Adoptionsrecht?
Erst mal kommt Kauders „Familiensplitting“. Das ist das bisher schönste Wort für die Karnickelprämie – also den Unionsplan, die Steuervorteile künftig von der Kinderzahl abhängig zu machen. Beim vollen Adoptionsrecht für Lebenspartnerschaften ergäbe sich die Situation, dass Homo- und Heteropaare um Kinder konkurrieren. Und Behörden im Zweifel gegen finanziell schwache oder ältere oder sonst wie für das Kindeswohl bedenkliche Heteropaare entscheiden müssten. Das hält die Union nicht aus. Man muss kein christlicher Fundamentalist sein, um diesen Konflikt zu verstehen, finde ich. Großer Dank gebührt den Lesben und Schwulen schon jetzt, denn wenn heute sie ihren Steuervorteil erkämpft haben, wird morgen nicht mehr zu halten sein, dass über 2 Millionen glücklich unverheirateter Familien jedes Jahr bei der Steuer betrogen werden.
Der US-Geheimdienst liest bei Facebook und Google mit. Spannende Lektüre?
Ich dachte, ich mach einen mäßigen Witz, als ich „Facebook“ die Freiwilligenstasi nannte. Tja. Vorbei.
Daniela Schadt, die Gefährtin von Bundespräsident Gauck, macht diese Woche Wahlkampf für die CSU. Darf sie das?
CSU-Hinterbankier Geis hatte gefordert, Gauck soll Schadt gefälligst heiraten und seine Verhältnisse ordnen. Na ja, sein Leben verseehofern halt. Nun könnte Gaucks Nochehefrau für die SPD antreten, Schadt für die CSU und Gauck selbst sich noch aufgeschlossen zeigen für Bekanntschaften aus anderen Parteien. Mal bei Parship testen, wer hinter „Bundesbärli 2012“ steckt.
Wladimir und Ljudmila Putin sind geschiedene Leute. Was bedeutet das für die russische Gesellschaft?
Eine frohe Botschaft für alle anderen eingeknasteten Putin-Opfer: Es kann sich fügen, dass man wie Ljudmilla auch wieder freikommt.
Der russische Präsident verkündete seine Scheidung einen Tag nach dem Ehegattensplittingsurteil. Zieht der Zar zu seinem Gerhard nach Hannover?
Aaaaach deshalb! Na ja, dann könnte sich Wladi auf dem Schröder-Ticket für den Niedersächsischen Landtag qualifizieren.
Die EU-Kommission stellt einen Plan für Europas Stahlindustrie vor. Es riecht ziemlich nach Protektionismus. Steht uns ein Handelskrieg mit China bevor?
Chinas erster Move, im Gegenzug Wein aus der EU anzugreifen, hat schon einen humorigen Zug – die beobachten fein, dass vor allem Frankreich den Zollstock schwingt. Deutschland dagegen möchte Autos verkaufen, und wenn die Sache eskaliert, werden Merkel und Rösler diskutieren müssen, wie europäisch sie sind.
Die SPD unterstellt Verteidigungsminister Thomas de Maizière, in seinem Untersuchungsbericht zum Scheitern des Drohnenprojekts Euro Hawk gelogen zu haben. Könne er diesen Vorwurf nicht ausräumen, sei sein Rücktritt unausweichlich. Sogar die FDP distanziert sich von ihm. Interessiert sich de Maizière überhaupt für solche Kleinigkeiten?
Interessiert de Maiziere überhaupt? Die Bundesregierung will nicht amerikanische Beobachtungsdrohnen kaufen, sondern deutsche Kampfdrohnen herstellen und verkaufen. Der Zug ist gemacht, ob mit de Maizière oder ohne. So wie die Wehrpflicht weg ist, ob mit Guttenberg oder ohne. Wir legen uns eine aggressionsbereite Söldnertruppe zu, während Land und Leute an Landesverteidigung und Bürger in Uniform glauben. Das ist der Hintergrund, doch wir ereifern uns über Pomadenflegel und ein Schlachtfest an einem politischen Talent.
Und was machen die Borussen?
Mir ist nicht wohl bei dem Umbruch. Das Wunder von Dortmund war eine „Etwas Besseres als die Dritte Liga finden wir überall“-Truppe aus Talenten und Verkannten. Nun will und muss der BVB sich wohl „da oben festkaufen“. Irgendwie bayert’s dann doch.
FRAGEN: CF
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen