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Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die AfD haben alle verdient außer ihr selbst, zum Aus der FDP fährt ein Autokorso, und Schwarz-Gelb ist endlich wieder gut.

Vegetarisches Essen in Kantinen, schön und gut. Der Veggie-Tag geht geht den Leuten trotzdem am Sojabrätling vorbei Bild: dpa

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der komatöseste Wahlkampf endet in einem fiebrigen Wahlabend. Kinder, mein Herz !

Was wird besser in dieser?

Ich fälsche ein paar ältere Arbeiten und behaupte fortan, der Einzige gewesen zu sein, der seherisch vor einer Alleinherrschaft der Union gewarnt hatte. Geben Sie es doch zu!

Die CDU ist über Erwarten stark. Erschrocken?

Ja. Die Partei hat erhebliche personelle Mängel. Okay, so schlecht wie die FDP-Minister sind manche Schwarze auch. Eine Machtmaschine und ’ne Rutsche Praktikanten ist ungefähr das Gegenteil, was Unionswähler zu wählen meinten. 42 Prozent haben das Angebot bevorzugt, dass Merkel die Bälle weghaut von der Grundlinie. Damit ist nicht gesagt, dass sie auch nur einen offensiv spielt. Das wäre ein Déjà-vú von 1994 bis 98, als man sich menschlich scheute, den verdienten Vereiniger Kohl nett ins Seniorenheim zu begleiten.

Wie konnte die AfD als eine vor ein paar Monaten gegründete Partei bei dieser Wahl so viele Stimmen kriegen?

Das haben alle verdient – außer natürlich der AfD selbst. Eine Sekte um 80 staatskohlefinanzierte Wirtschaftsprofessoren, die uns nach der Krise jederzeit erklären konnten, warum sie uns vorher nicht davor gewarnt hatten. AfD profitiert – vom „alternativlosen“ Namen bis zum Wahlergebnis – von der Omertà der anderen Parteien: Die Legislatur hatte kein anderes Thema als Banken, Euro, Europa – und im Wahlkampf war exakt das ausgeklammert. Zudem konnten FDP-Wähler denken: Wenn ich meine Stimme womöglich unter die Hürde schmeiße, dann aber mit Schmackes und in Richtung rechter Wirtschaftsliberalismus.

Wie viel Schadenfreude darf man nach dem Scheitern der FDP empfinden?

Ein Freund schreibt gerade SMS von seinem 1-Mann-Autokorso durch Bochum aus diesem Anlass. Also das geht gut. Rösler ist mit großem Lieferprogramm gestartet, und am Ende ging’s ohne Würde unter die Hürde. Der Panik-Slogan „FDP-Stimme ist Merkel-Stimme“ überfordert sogar die Dummheit der FDP-Stammwähler. Westerwelle hat jemanden gefunden, der das Handwerk noch schlechter konnte, und wird mit Lindner einen neuen Anlauf starten.

Für die Grünen ist es ein schlechtes Ergebnis. Lag es an der Forderung nach höheren Steuern? An der Pädophilie-Debatte?

Nein. Die Grünen haben offenbar doppelt so viele Stammwähler wie die FDP, das ist schon mal was. Veggie-Day geht den Leuten zum Glück am Sojabrätling vorbei, zum Pech auch NSA. Die Grünen kriegen eine glatte 6 oder sogar 8, weil die anderen die Hausaufgaben nicht gemacht hatten: keine Machtperspektive.

Machen die Grünen jetzt das mit der Umverteilung, was sie nach dem Scheitern der Gemeinschaftsschule 2010 in Hamburg mit der Bildung gemacht haben: aus dem Themenkanon streichen?

Die Grünen sondieren jetzt in Richtung Schwarz-Grün, und daran hängt, ob die Wähler für vier Jahre die Pausentaste gedrückt haben gestern oder ob es großes Theater immerhin gibt. Womöglich wird Hessen erst mal ein schwarz-grünes Pilotprojekt. Die Frankfurter Boheme tickt so.

Müssen linke Parteien künftig auf den Egoismus der Mittelschicht Rücksicht nehmen und die Umverteilung von oben nach unten vergessen?

Schlechtes Gewissen für die Agendapolitik ist ja rührend, doch nicht mobilisierend. Die niederländischen Sozialdemokraten PvdA haben mit einer Kampagne „Europa – mehr und besser“ zugewonnen. Die hiesigen Sozis waren zu feige, und die Grünen waren verpeilt. Da liegt die Aufgabe dieser Epoche.

Könnte es sein, dass nach zwei Jahren Große Koalition die SPD doch noch rüber ins rot-rot-grüne Bad springt?

Also der frühere hochrangige Nazi Kiesinger war 21 Jahre nach Kriegsende CDU-Kanzler. Bei allem Respekt vor den Verbrechen der SED – es gibt kein Recht für rechts, an einer Regierungsbeteiligung der Linken herumzumaulen. 23 Jahre nach der Wende. Und keine Penislängendiskurse mehr zwischen Rot und Rosa. Das Projekt Rot-Rot beginnt schon heute.

Wie lange bleibt Angela Merkel noch Kanzlerin?

Volle Amtszeit. Uli Jörges und Nikolaus Blome haben dieses „Sie macht es nur zwei Jahre“-Gerücht aus eitel Pudding gemeißelt, ich glaub nicht dran. Sie hat doch sonst nichts. Und es ist auch ein fadenscheiniges Funktionsargument – es soll die Angst vor einer Großen Koalition mindern. Merkel schließt zu den „ewigen“ Kanzlern Adenauer und Kohl auf, überholt Erhard, Kiesinger, Brandt, Schmidt, Schröder. Respekt.

Und was machen die Borussen?

Große Erleichterung. Endlich ist Schwarz-Gelb wieder nur gut.

FRAGEN: DAS, UWI

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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13 Kommentare

 / 
  • R
    Ratioso

    "Eine Sekte um 80 staatskohlefinanzierte Wirtschaftsprofessoren..."

     

    Oje, Herr Küppersbusch. Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren jeden kritischen Volkswirtschaftsverstand ausgeblendet. Aus diesem Grund hat sich die AfD gegründet.

     

    Etliche der sogenannten "Sektenmitglieder"-Professoren haben die Krise in die uns die Einheitswährung bei unterschiedlichen Volkswirtschaftsstärken hineinbringt, präzise vorhergesagt.

     

    Zitat Dahrendorf 1995: „Die Währungsunion ist ein großer Irrtum, ein abenteuerliches, waghalsiges und verfehltes Ziel, das Europa nicht eint, sondern spaltet".

     

    1998 Aufruf von 155 Professoren gegen die Euroeinführung in der Zeit.

     

    Es wird langsam Zeit, mal auf die zu hören, welche sich als Prognosefähig erwiesen haben. Es ist schon gar nicht geboten, sie als „Sekte“ zu diffamieren.

  • PE
    P Erhard

    Wäre schön, wenn die TAZ den Namen Erhard richtig schreiben lernen würde. Der zentrale Punkt der AFD ist, zu vermeiden, dass europäisches Geld und z.T sogar Geld aus armen Ländern ausserhalb Europas durch die Länder des europäischen Südens durch an Grossbanken und andere Investoren gereicht wird und gleichzeitig diese Länder durch "Auflagen" ruiniert werden, also ein eher linkes Thema.

  • R
    ridicule

    Ich weiß - die Wahl ist gelaufen:

    aber nach dem Spiel ist ....eben

     

    Von Rösler lernen,

    heißt verlieren lernen:

    wie wär´s mal - nur die Fragen,

    dann die Kommentare;

    und hinterher erst -

    die Antworten;

     

    dann ist einfach die Betroffenheit weg und die Bauchmuskeln brauchen kein Kieser-Training.

     

    (ok - bis auf die BVB-Anwort;

    die gleich einrücken wg Schalke)

  • F
    FaktenStattFiktion

    "Eine Sekte um 8000 staatskohlefinanzierte Bedienste der Integrationsindustrie" hatte ich gelesen und dachte schon, es ginge hier mal wieder um die Grünen.

  • HB
    Harald B.

    "Eine Sekte um 80 staatskohlefinanzierte Wirtschaftsprofessoren, die uns nach der Krise jederzeit erklären konnten, warum sie uns vorher nicht davor gewarnt hat."

    Liest Herr Küpperbusch keine Zeitung oder kein Programm?

    Die AFD erklärt, weshalb der Euro in siner jetzigen Form nicht funktionieren kann aus ökonmischen GESETZEN. Es geht nicht um die Finanzkrise (die war früher).

    Im Mittelalter hätten Leute wie Küpperbusch sicher geschrieben:

    Da ist eine Sekte von 80 Leuten, die uns jetzt plötzlich erklären wollen, dass die Erde sich um die Sonne dreht.

    Lieber Herr Küpperbsuch, wachen sie auf, die Erde dreht sich umd die Sonne und die AfD hat Recht.

    Spätestens wenn unser Land durch Haftungen für Südländer an den Rand der Pleite getrieben ist, dann werden auch sie sehen, dass das Geld nicht nur aus dem Automaten kommt, sonde dass es ERARBEITET werden muss. So ich gehe jetz wieder, um das Geld zu erarbeiten.

    • S
      Sehewaswasdunichtsiehst
      @Harald B.:

      Wieso führen diese Professoren jetzt ökoomische "Gesetze" an, wenn sie mit diesen die Krise nicht vorhersahen.?

    • O
      Oha
      @Harald B.:

      Bitte was?? Geld muss erarbeitet werden? Vielleicht das, welches der kleine Mann aus dem Automaten zieht, aber das Geld entsteht standardmäßig nicht durch Arbeit, sondern durch einen BUCHUNGSVORGANG!

      Diesbezüglich könnten die 80 Profs mal ihre Gefolgschaft belehren.

  • BN
    Bitte Nicht

    "Die Frankfurter Boheme tickt so." Vielleicht. Aber in Frankfurt regiert mittlerweile auch ein SPD-OB Feldmann. Die Stahlhelm-CDU Hessen und der grüne Landesverband unter Tarek Al-Wazir gehen ungefähr so miteinander wie Jürgen Trittin und Rainer Brüderele in trauter Eintracht und Zweisamkeit.

  • Wegen dieser 'Subline' "Die AfD haben alle verdient außer ihr selbst" solltet Ihr den Telefonjoker einsetzen und dringend mal Euren alten Deutschlehrer anrufen...

  • RS
    Rheinischer Sauerbraten.

    Prof. Starbatty hat 1997 gegen den EURO vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt und kandidierte in Berlin auf Listenplatz 1. Geehrter Küppersbusch, gelegentlich sülzen Sie einfach unsachlich falsch.

     

    1/4 der Besucher meiner Homokneipe stehen wegen Rauchverbots ständig vor der Türe und beim Wechseln werde ich von Rumänen angequatscht, als wenn ich eine Nutte wäre, obwohl es genau anders ist: ich soll sie bezahlen.

     

    Aber sülzen Sie ruhig weiter. Leider gibt es Samstag abends auch kein Bierchen mehr vom Supermarkt, weil uns die Grünen auch das verboten haben.

     

    Ich habe Volker Beck beim CSD in Köln "Verbotspartei" zum Wagen gerufen. Er hat es damals nicht verstanden. Wie Küppersbusch. Dafür der Wähler.

  • A
    Alerta

    Rot-Rot-Grün ist möglich, Steinbrück sollte zurücktreten und Platz für die Zukunft machen, dann DAS ist die wahre Alternative für Deutschland!

  • E
    Emanon

    Eitel Pudding. Ist eine tolle Wendung. Ich kann mir den Sinn etymologisch herleiten (eitel bedeutet vergänglich), frage mich aber, woher sie kommt und wundere mich, dass es nur vier Treffer bei Google gibt.

  • CG
    Clemens Grün

    Herr Küppersbusch irrt: Hervoragende Ergebnisse in der Bildungspolitik sind das, was von Schwarz-Grün in Hamburg bleibt. Denn unbehelligt von dem Volksentscheid gegen längeres gemeinsames Lernen wurde die Gesamtschule (heisst jetzt: Stadtteilschule) als alleinige Schulform neben dem Gymnasium etabliert und die Klassengrößen teils deutlich reduziert.