Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Die Union wird zur „Dingspartei“, Juncker ringt um Merkels Plazet, die „Bild“-Zeitung rettet Afrika und Küppersbusch wartet auf seine Demenz.
taz: Herr, Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: CDU-Strategie strikter Geheimhaltung des Spitzenkandidaten im Wahlkampf ist gescheitert – Juncker wird’s.
Was wird besser kommende Woche?
Neben Themen und Kandidaten will die Union künftig nur noch als „Dingspartei“ oder unter dem weißen „JA“-Logo wahlkämpfen.
Google hat jetzt ein Formular zur Beantragung der Löschung von persönlichen Daten online gestellt. Haben Sie schon Ihren Antrag eingereicht?
Nein, ich warte noch ein bisschen auf meine Demenz. Dann sende ich Google, wie im Formular verlangt, meinen Personalausweis, Auskünfte zu Falschinformationen über mich und erlaube dem Konzern, diese Daten an fremde Webmaster und die Datenschutzbehörden weiterzugeben. Oder ich starte die Seite „Nazi-Fickmaster Fred“ wo ich den „Kinderhändlerring Google“ hochleben lasse.
Wie die EU-Wahlen zeigten, sind rechtspopulistische- und rechtsextreme Kräfte im Kommen. Und dazu noch die ganzen Eurokritiker. War klar, oder?
Deutschland braucht solche national-egomanen Parteien nicht – wir werden von einer regiert. Die teils heftigen Erfolge der Rechten spiegeln die Wahrnehmung dort, die jeweils gemäßigten Regierungen hätten sich gnadenlos niedermerkeln lassen. Habermas sagt der FAZ: Die „leise, aber beharrliche Stimme“, mit der die Bundesrepublik, ihrer Geschichte bewusst, zu Integration gemahnt habe, sei der Merkels gewichen, „die Opfer nur von anderen verlangt“. Deshalb unterperformt die AfD sogar, wenn sie statt Griechen Schlaglöcher füllen will, oder Schlaglöcher mit Griechen, oder ist ja auch egal. Die Deutschen genießen ein endloses Konjunkturhoch, nicht „während“ oder „obwohl“, sondern: WEIL es den anderen schlecht geht. Wenn Kohl ein großer Europäer war, ist Merkel eine kleine. Der dickste Bauer füttert den Köter durch, einfach weil’s ihm irgendwann nutzen könnte.
Bestimmerin Merkel weiß jetzt allerdings nicht genau, ob sie erlauben will, dass Jean-Claude Juncker Kommissionspräsident wird. Was ist da passiert?
Merkels Stab versucht derzeit, den Google-Eintrag „Blutjunge Kanzlerinnen, zur Demokratie erniedrigt“ löschen zu lassen. Juncker hatte 2013 den Vorsitz der „Eurogruppe“ hingeschmissen, weil er mit seinen linksradikalen Ideen wie „Transaktionssteuer“ und „Eurobonds“ vor eine Wand aus eitler Kanzlerin dullerte. Ein schweres Alternativlos. Es ist eine ungewohnt klare Ansage der konservativen Parteichefs Europas an ihre deutsche Kollegin, ihr auf offener Szene eine ihrer seltenen Niederlagen zuzufügen. Nun wird es spannend, ob Juncker unter glühenden Zangen seinen Irrlehren abschwören musste, um Merkels Plazet zu bekommen.
Di Lorenzo erzählt derweil, dass er seine Stimme bei der Europawahl gleich zweimal abgegeben hat. Macht der Zeit-Chefredakteur einen auf antinationale Subversion?
Da ist er auf Rausgerutschtem ausgerutscht. Es wirkte arglos ausgeplaudert, und der folgende Spin gegen Doppelstaatsbürgerschaft ist nachweislich nicht sein politisches Zuhause. – Ich stand im Wahllokal neben einer 17-Jährigen, die im Schwung mit den Kommunalwahlzetteln auch gleich das Europaformular bekam. Auch Wahlfälschung.
Der Schauspieler und Gründer der Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“, Karl-Heinz Böhm, ist verstorben. Wer rettet jetzt Afrika?
Bild. Die Schlagzeile „Jetzt ist er bei Sissi“ begegnet der Rechtschreibung, Böhms Witwe wie seinem Lebenswerk mit bemerkenswertem Drogenpegel. Man weiß nicht, ob man den Jungs das Haschisch wegnehmen oder ärztlich verschreiben sollte.
Ein Bonbon für Sherlock-Fans: Die heiß ersehnte dritte Staffel der britischen Serie ist nun endlich in Deutschland gestartet. Wieso kriegen die Deutschen das mit guten Serien eigentlich nicht hin?
It’s the fuckin’ language! „Sherlock“ wird in 180 Länder lizenziert, viele davon zu klein, um eine Synchronisation zu bezahlen. Da gibt es also Untertitel oder English lessons by the way. Zudem geht die BBC bei erfolgreichen Produktionen vorher mit dem Hut rum und sammelt im Ausland Finanzierungen ein – so kann man deutlich teurer produzieren, als es die Heimatausstrahlung refinanziert. Machen Sie das mal mit dem „Tatort“ auf Schwäbisch.
Und was machen die Borussen?
Nach Dönerwurf in Köln und Public Peeing in Berlin ist Kevin Großkreutz im Grunde schon Dortmunds Goethe-Institut. Doch, glauben Sie es bitte, das hält die Immobilienpreise hier niedrig. Er tut es für uns.
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