Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Kiffer Cem macht die Ice-Bucket-Challenge, Genosse Wowi hat Flugverbot und die Union „bemautet“. Außerdem sollten alle die Bibel lesen.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die Bundesregierung liefert keine Waffen in Krisengebiete, es sei denn doch.
Und was wird besser in dieser?
Die Bundesregierung liefert Krisen in Waffengebiete, siehe Ukraine, da kennen wir seit alters her gar nichts.
Klaus Wowereit tritt am 11. Dezember von seinem Amt als regierender Bürgermeister Berlins zurück. Wird er diesen Termin einhalten können?
Ja wie? Der ist doch vor Jahren zurückgetreten. Jedenfalls von allen bundespolitischen Ambitionen, so steht es im SPD-Gesetzbuch für Lumpen, die realitätswidrig eine funktionierende Koalition mit der Linken führen. Wowereit hatte übersehen, dass die SPD die CDU noch gar nicht um Erlaubnis gefragt hatte. Zur Strafe musste die SPD dann 12 Jahre warten mit Gabriels Ankündigung, man wolle es gegebenenfalls auch mal mit den Halbbrüdern in Andersrot versuchen. Der Genosse hatte schon lange Flugverbot.
Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh will Wowis Nachfolger werden. Seine Biografie kennt inzwischen jeder, was hat der Mann sonst zu bieten?
Als vormals leitender Angestellter einer Burger-King-Betreiberfirma kannte er sich mit Mindestlöhnen gut aus und drückte sie auf Landesebene durch. Man muss nicht unbedingt spekulieren, ob es in Berlin mehr Migranten als Schwule gibt. Da wäre Köln auch gleich beleidigt. Doch wenn man regelmäßig die versammelte Springer-Presse Berlins blättert, wird einem schon schummrig vor dem, was da käme.
Cem Özdemir nutzt seine Ice-Bucket-Challenge für ein „sanftes politisches Statement“ und begießt auch seine Hanfpflanze. Das wird sicher nicht zu Stimmenverlust führen, oder?
Der könnte sich mit sehr vielen Pflänzchen fotografieren lassen und man würde immer noch denken: „Hey, das ist doch der, der Waffen statt Yogamatten gefordert hat.“ Da sieht man mal wieder, wohin die Kifferei führen kann.
Laut Nato-Offizieren befinden sich etwa 1.000 russische Soldaten auf ukrainischem Boden.Wladimir Wladimirowitsch Putin nennt die Separatisten „Miliz von Novorossiya“, von Neurussland also. Ein rhetorischer Schritt zur Annexion?
Laut Nato-Offizieren befinden sich deutlich mehr Nato-Soldaten auf ukrainischem Boden, teils zu einer stattlichen Zahl zufällig überlappender Manöver, teils zur Aufklärung des Flugzeugabschusses und so fort. Da 1914-Vergleiche derzeit aus zahlenmagischen Gründen Volkssport sind, lasse ich die allfällige Meditation über den entfesselten Glauben an die eigene Propaganda jetzt mal weg.
Die französische Regierung ist zurückgetreten. Nach Kritik an Hollande hat der bisherige Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg auch zum Widerstand gegen Deutschlands Sparpolitik aufgerufen und damit ausgesprochen, was viele französische Sozialisten denken. Kriselt es zwischen Deutschland und Frankreich?
Wir sollten uns Sorgen machen, wenn es gar keine Kritik an Merkels Brieftaschenhegemonie mehr gäbe.
Die CDU und CSU streiten über die Pläne von Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Der Zoff innerhalb der Union spült das schöne Verb „bemauten“ wieder in den Sprachgebrauch. Eine Bereicherung?
Für ein Ende der Debatte spricht besonders akuter Wortspielnotstand, erste Redaktionen haben schon die Pannenhilfe angerufen. (Aus die Maut, Halt’s Maut, Mautobahn und so fort). Zudem liegen allenthalben durchgeladene Wummen bereit mit Merkels einzig klarem O-Ton im fast vergessenen TV-Duell mit Steinbrück: „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.“ Man kann uns nur bemauten, wenn wir es nicht bemerkeln.
Oh nein. Zum 40. Geburtstag kam es raus: „Hello Kitty“ ist gar keine Katze, sondern ein Mädchen, das in Großbritannien lebt. Was raten Sie in dieser Identitätskrise?
Lest die Bibel! Wie immer! In einer branchenüblichen „Charakterbibel“ hinterlegte ihre Schöpferin Yuko Shimizu biografische Daten ihrer süßen, kleinen Niedlichkeitsterroristin. Viele WählerInnen würden so etwas als Beigabe zu politischem Spitzenpersonal schätzen. („Der lustige Luckebernd kam als Krawatte zur Welt und lebt seit Geburt in einem tragbaren Paralleluniversum.“)
Und was machen die Borussen?
Vom Laufpensum zum Kaufpensum. Immobile, Ginther, Ramos, Sahin, Shinji – na gut, sie haben Manuel Friedrich nach Indien verschenkt, da mussten sie was machen.
FRAGEN: VMO
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann