Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Merkel und Lucke üben sich in abweisendem Balzverhalten, dem ZDF würden Feuerbestattungen helfen und Beck enthüllt.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Wenn man für die klassische Position der Friedensbewegung mal als Irgendwie-Ribbentrop-Nazi bepöbelt werden will, kann man sich vertrauensvoll an Marieluise Beck von den Grünen wenden.
Und was wird besser in dieser?
Beck findet raus, dass Goebbels aus Rheydt kam und enthüllt so auch noch eben den wahren Hintergrund des „Krefelder Appells“. Die Grünen sehen Hitler weiterhin eher kritisch, allerdings weil er zu nett zu Russland war.
Pegida, Dügida, Legida und wie sie alle heißen – alle wollen sie montags dieses Abendland retten. Was ist denn so verkehrt am Abendland?
Die Perspektive. Also Nazi-Consultant ist nicht so mein Traumjob. Doch hallo, ihr dicklichen Deoroller, Sacksen oder was auch immer ihr sein wollt, schon mal überlegt, wo man ungefähr sein muss, damit ihr im Auge des Betrachters aus dem Westen im Sonnenuntergang seid? Hm, man muss ziemlich genau derjenige sein, den ihr nicht hierhaben wollt. Hehe. Vielleicht kann euch das die anmutig gefönte Einmannprotestbewegung GageRa (Gauck gegen Ramelow) erklären, die es ja früher mal mit Bibel und so hatte.
Christian Wulffs Urlaubsvertretung bewarb sich dunnemals mit den goldenen Worten: „Das Defizit bei der Einwanderung hat Thilo Sarrazin aufgegriffen, und ein Großteil der deutschen Bevölkerung ist ihm dankbar.“ Und bevor wir alle das Großteil von Gauck bewundern müssen, halten wir diesen Pipapo-Quatsch auch noch aus.
Der historische Hort strikter Trennung von Kirche und Staat war der klassische Liberalismus. Die FDP hatte das Thema schon vor ihrem Tod weggeschmissen; nun fehlt ein Gefäß, von dem aus demokratisch definierte Kritik an kirchlichem Übergriff geübt werden kann. Ob islamistisch oder christoid.
Merkel sagt, die CDU will nicht mit der AfD. Jetzt will die AfD auch nicht mehr mit der CDU, und AfD-Chef Lucke sagt, die Christdemokaten will sowieso keiner mehr. Ist das Mobbing?
Ist das nicht ein bisschen wie das Balzverhalten von zweien, die zwar nicht so richtig verliebt ineinander sind, aber rattengeil? Es ist ein Prozess, er hat mit künftigen Wahlergebnissen zu tun und mit Merkels Schläue, rechtzeitig die Position um 180 Grad zu wechseln. Lasst es wie einen Umfall aussehen.
In den veröffentlichten CIA-Dokumenten kann man nun die Folterpraktiken der USA nachlesen. Ist nicht die Lektüre schon Folter?
Man hätte sich gern verhört. Dafür haben die Amis ja Verhörspezialisten. Etwa Dick Cheney, der rhetorisch fragt: „Was hätten wir tun sollen? Ihn auf beide Wangen küssen und sagen: ’Bitte, bitte, sag uns, was du weißt?‘ “ Der Bericht beweist, dass die Folter keinerlei zielführende Erkenntnisse zutage brachte und dass europäische Kumpane mittaten. Und dass es immerhin – viel zu spät und ohne den Opfern noch helfen zu können – in den USA herauskommt. Im Vergleich zu anderen Folterstaaten ist das Waterboarding über einem halb vollen Glas.
Jürgen Kaube wird neuer Feuilletonherausgeber der FAZ. Ist er zu beneiden?
Das ist ja kein Verfassungsamt. Für traditionelle Anrufe von Bild und Spiegel, um neue Kampagnen abzustimmen, muss er nur sein Telefon aushängen. Bei allem Respekt vor Schirrmacher: Wenn irgendein linksgrünes Blättchen vor Datenkrake, Genmanipulation und Banken warnt, schert das keine Sau. Bei der FAZ war der Reiz nicht allein der Inhalt, sondern dieser Inhalt von diesem Absender.
Die Gesellschaft für deutsche Sprache kürte „Lichtgrenze“ zum Wort des Jahres 2014. Danach kommt die „schwarze Null“ und „Götzseidank“. Was sagt das über Deutschland aus?
Viel. Ängstlichkeit etwa: Lieber ein weithin ungebräuchliches Nullwort als mit „kalte Progression“ oder „Putinversteher“ etwas mehr Realität abzubilden. Auch das Schafskostüm „Verantwortung übernehmen“ hat eher Geschichtsbuchchancen. Die GfdS schafft sich gegenüber der Jury des Unwortes mit solchen Beliebigkeiten ab. Na und.
Nun ist es endgültig vorbei. Am Samstag lief das letzte Mal „Wetten, dass . . ?“ Was möchten Sie zum Abschied noch sagen?
Bis bald. Bei manchen Formaten hülfe Feuerbestattung.
Ein britischer Gynäkologieprofessor fordert, dass Frauen pro Monat drei Tage Menstruationsurlaub bekommen. Wir sind verwirrt: Diskriminiert das nun Frauen oder Männer?
Ich als Frau sehe die These eher kritisch, dass Frausein eine Krankheit sei.
Und was machen die Borussen?
Wenn es so etwas gibt wie eine Mitleid-Crisis, dann sind wir jetzt wohl voll drin.
FRAGEN: HDL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken