: Die Wende der SPD
Der gesammelte Unwille der SPD-Parteidelegierten war Henning Scherf noch am 20. Februar 1993 auf dem Jugend- Parteitag entgegengeschlagen, als er das letzte Mal seine Kandidatur für den Landesvorsitz anmeldete.
Kunick und Pensky, damals gewählt, werden ein halbes Jahr später wütend abserviert, Scherf ist gefragt. Wie hat er das gemacht? Er hat, rhetorisch gut, in einer fünf Minuten-Rede die SPD zur Parteidisziplin gerufen. Mehr nicht. Politische Ziele, Antworten auf die Frage nach der SPD-Identität unter Sanierungs-Auflagen — nichts dergleichen.
Stimmungen regieren die erste Bremer Regierungspartei. Sie gehen, wie sie kommen. Erneuerung nach der Wahlniederlage 1991? Gestern erste Genossenpflicht, heute macht sich jeder verdächtig, der auch nur das Wort ausspricht. Parteireform, Begrenzung der Mandatszeit in der Bürgerschaft auf 8-12 Jahre? Scherf würde zuallererst an sich denken müssen und wird das tunlichst vermeiden. Halbzeit-Bilanz der Tätigkeit des Senats? Kann unter dem Wedemeier-Getreuen Scherf nur ein Jubel-Parteitag werden.
SPD-Vorsitz-Kandidat Scherf — das bedeutet heute: Das Rathaus bastelt sich eine Partei, die kalkulierbar und lammfromm ist. Klaus Wolschner
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