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Die Welt schaut Assads Massakern zuWas tun für Syrien?

Zerstörte Existenzen, Folter, Haft, über zehntausend Tote: Die Welt schaut zu, was in Assads Reich geschieht. Was kann man sonst tun?

Schnell in Sicherheit: 32 Minderjährige und 60 Erwachsene schafften es nach Angaben von Aktivisten beim Massaker von Hula nicht. Bild: dapd

Nach dem Massaker von Hula diskutieren die internationalen Akteure Möglichkeiten der Hilfe für die syrische Bevölkerung. Hier sind die denkbaren Szenarien:

Das Ziel: Offiziell muss das Ziel lauten: Schutz der Zivilbevölkerung, Ende der Gewalt. Soll der UN-Sicherheitsrat ein militärisches Eingreifen mandatieren und damit legalisieren, geht das nicht anders. Unausgesprochenes Ziel wäre freilich der Sturz des Assad-Regimes, notfalls durch Interventionstruppen.

Die Teilnehmer: Militärisch ausreichende Fähigkeiten hätte nur die Nato unter wesentlicher Beteiligung der USA. Allerdings drängt bislang keine Regierung wirklich auf eine militärische Intervention, niemand bereitet etwa einen entsprechenden Resolutionsentwurf vor und sucht dafür Unterstützung – trotz der Äußerung von Frankreichs Staatschef Hollande, der einen Waffengang nicht ausschließen will.

Erneute Angriffe

Syrische Regierungstruppen haben nach Angaben von Aktivisten erneut den Bezirk Hula unter Feuer genommen. Dabei seien am Donnerstag meist schwere Maschinengewehre eingesetzt worden, erklärten das Syrische Observatorium für Menschenrechte und die Örtlichen Koordinationskomitees. Beide Gruppen teilten mit, ein junger Mann sei in Hula von einem Heckenschützen getötet worden.

Ein lokaler Kommandeur der von Deserteuren gegründeten oppositionellen Freien Syrischen Armee aus der Provinz Homs sagte im Nachrichtensender Al-Arabija, es gebe Anzeichen für einen bevorstehenden Angriff auf zwei Dörfer in der Nähe von Al-Hula. In diesen Dörfern hätten nach dem Massaker der vergangenen Woche zahlreiche Zivilisten aus Al-Hula Zuflucht gesucht. (dpa/dapd)

Die Probleme: Zwei der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, Russland und China, sind Verbündete der Regierung Assad. Sie blockieren bisher nicht nur jede Idee militärischer Intervention, sondern überhaupt jedes verschärfte Vorgehen der Vereinten Nationen gegen das syrische Regime. Es scheint derzeit – und nach der Libyen-Erfahrung – ausgeschlossen, dass sie ihre Position in absehbarer Zeit grundlegend ändern. Ein militärisches Eingreifen der Nato ohne Mandat des Sicherheitsrates, wie 1999 im Kosovokonflikt, wäre völkerrechtswidrig und ist kaum zu erwarten.

Aber auch die militärischen Erfolgsaussichten einer solchen Operation sind unklar. Ging es in Libyen darum, per Luftkrieg die Armee so zu schwächen, dass die Rebellen militärisch die Oberhand gewinnen konnten, so kann davon in Syrien keine Rede sein. Die regimetreuen Milizen, die für die jüngsten Massaker verantwortlich gemacht werden, operieren in den Städten. Mit Luftangriffen sind sie nicht zu treffen, ohne die Zivilbevölkerung massiv zu gefährden. Bodentruppen wären nötig; aber wer die stellen sollte, ist unklar.

Dazu kommt: Die Glaubwürdigkeit der Nato, unter Sicherheitsratsmandat das Prinzip der „Schutzverantwortung“ militärisch durchzusetzen, hat durch die eigenwillige Interpretation der Sicherheitsratsresolution zu Libyen massiv gelitten. Im Herbst letzten Jahres gab die brasilianische Regierung stellvertretend für viele im globalen Süden ihre Bedenken zu Protokoll, das Prinzip könne für Zwecke wie „regime change“ missbraucht werden. Neben China und Russland dürften also weitere Länder Bedenken hegen – zumal der Verdacht naheliegen würde, dass nicht nur Syrien, sondern auch dessen Verbündeter Iran getroffen werden soll. Und schließlich: Ein Krieg wäre exorbitant teuer.

Kann das klappen? Die Wahrscheinlichkeit eines bewaffneten Eingreifens bleibt vorerst gering.

Das Ziel: 1. Beendigung der Kampfhandlungen sowie Durchsetzung und Überwachung der weiteren Punkte des Annan-Friedensplans (Rückzug aller schweren Waffen aus Städten und Wohngebieten, Freilassung politischer Gefangener, Demonstrations- und Pressefreiheit)

2. Unterbindung jeglicher Waffenlieferung nach Syrien

3. Sicherstellung der humanitären Versorgung der notleidenden Bevölkerung und der Flüchtlinge.

4. Vorbereitung von freien, von der UNO überwachten Wahlen.

Die Teilnehmer: Der UNO-Sicherheitsrat beschließt mit Zustimmung aller fünf Vetomächte (USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien) einen robusten Blauhelmeinsatz und weitet zugleich das bereits gegen das Assad-Regime verhängte Waffenembargo auf die bewaffneten Oppositionskräfte aus. Auch die militärische Ausbildung und eine Finanzierung dieser Kräfte wird vom Sicherheitsrat untersagt.

Wer macht’s? Eine mindestens 10.000 Soldaten umfassende Blauhelmtruppe, gebildet etwa aus Kontingenten aller fünf Vetomächte sowie eventuell weiterer Staaten. Ausgestattet mit einem robusten Mandat des Sicherheitsrates, das über die Selbstverteidigung hinaus den Waffeneinsatz zur Durchsetzung der obigen Ziele erlaubt.

Probleme: Der Einsatz würde immense Kosten für die Länder verursachen, die die Truppen stellen. Ob die USA zu einer Blauhelmmission bereit wären, ist unklar – bisher war die US-Armee noch nie an solchen Einsätzen beteiligt. Blauhelme wurden zudem bislang immer nur mit Zustimmung der Regierung des jeweiligen Stationierungslandes stationiert. Diese Zustimmung wird Syriens Präsident Assad wahrscheinlich nicht erteilen, denn er muss bei freien Wahlen mit dem Verlust seiner Macht rechnen. Allerdings ist zu vermuten, dass Assads Truppen es nicht wagen würden, amerikanische oder russische Soldaten anzugreifen.

Kann das klappen? Die Chancen sind seit dem Massaker von Hula gestiegen, auch wenn Russland derzeit weitere UN-Beschlüsse ablehnt. Die bisherige UN-Beobachtertruppe reicht offensichtlich nicht aus. Die Regierungen der USA, Chinas, Russlands und der EU-Staaten eint die Sorge vor einem Zerfall der Zentralgewalt in Damaskus und in der Folge ganz Syriens mit destabilisierenden Folgen für die gesamte Nahost-Region. In Moskau setzt sich die Erkenntnis durch, dass ein weiteres Festhalten an Assad den russischen Interessen in Syrien und in der Region längerfristig eher schadet als nutzt.

Das Ziel: Der Sturz des Regimes mit militärischen Mitteln. Die Freie Armee Syriens (FSA) soll befähigt werden, die Streitkräfte zurückzuschlagen und befreite Gebiete zu halten. Damit wären sowohl Schutzzonen für Zivilisten als auch eine Basis für den Kampf gegen Präsident Assad geschaffen.

Die Teilnehmer: Im April haben die arabischen Golfstaaten, vor allem Saudi-Arabien und Katar, nach Informationen der Washington Post beschlossen, die Rebellen mit monatlich mehreren Millionen Dollar zu finanzieren. Die USA sollen den Vorstoß demnach mit Informationen unterstützen. Doch auch islamistische Gruppen im Ausland spielen eine Rolle: Nach Einschätzung von Experten sammeln unter anderem Muslimbrüder sowie Salafisten hohe Spendenbeträge, die sie an die Rebellen in Syrien weiterleiten.

Die Probleme: Die meisten westlichen Staaten scheuen davor zurück, die FSA zu unterstützen. Denn es handelt sich nicht um eine „Armee“ mit zentralen Strukturen, sondern um ein Sammelbecken für eine Vielzahl von Bürgerwehren und Milizen, die sich teils aus Deserteuren, teils aus Zivilisten rekrutieren. Daher birgt der Vorstoß das Risiko einer Ausweitung von Chaos und Gewalt. Die UN haben der FSA bereits „massive Menschenrechtsverstöße“ vorgeworfen. Auch die offene Frage, inwieweit islamistische Strömungen die FSA prägen, bereitet dem Westen Sorge. Derzeit mehren sich zudem Hinweise, dass Extremisten aus dem Ausland eingesickert sind. Damit wird der Konflikt immer unübersichtlicher. In wessen Händen die Waffen am Ende ankommen, lässt sich nicht sicher sagen.

Derzeit koordinieren Exilsyrer den Transfer der Gelder aus dem Ausland zu den Aufständischen vor Ort. Schmuggler bringen die Waffen über die Grenzen nach Syrien. Dennoch sind die überwiegend leicht gerüsteten Rebellen dem Militär nach wie vor weit unterlegen. Einzelne Bataillone sollen zwar inzwischen große Mengen von Waffen horten. Im Allgemeinen aber fehlt es der FSA an allem; sogar mit ihrer Munition müssen viele Gruppen streng haushalten.

Kann das helfen? Möglicherweise. Die militärische Stärke der Rebellen kann durchaus einen Einfluss auf den Ausgang des Konflikts haben. Doch die FSA müsste drastisch aufrüsten, um gegen eine 300.000 Mann starke und hoch gerüstete Armee bestehen zu können. Zudem besteht die Gefahr, dass das Regime zu noch brutaleren Mitteln greift: Bisher hat Assad weder Kampfflugzeuge noch Chemiewaffen eingesetzt. Das könnte sich ändern, wenn sich sein Regime ernsthaft bedroht fühlt.

Das Ziel: Das Regime von Baschar al-Assad unter Druck setzen und Syrien zu einer Veränderung seiner Politik zwingen.

Die Teilnehmer: Europäische Union und die USA setzen schon länger auf Sanktionen. Mitmachen will sonst aber niemand. Auf UN-Ebene sind Sanktionen bisher am Widerstand Russlands gescheitert. Auch am Mittwoch nannte Moskau ein weiteres Handeln der UN zu Syrien „verfrüht“.

Die Probleme: Die europäische Staatengemeinschaft hat ihre Sanktionen seit Anfang 2011 fast monatlich verschärft. Zuletzt wiesen einige EU-Staaten, darunter auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien, die jeweiligen syrischen Botschafter aus. Dies gilt als die schärfste Waffe in der Diplomatie. Die Aktionsmöglichkeiten der Länder sind damit weitgehend ausgereizt. Für eine Ausweitung des Waffenembargos fehlt ein UN-Mandat, das Russland bisher verweigert.

Begonnen haben die EU-Staaten bereits 2002, als sie Waffenlieferungen nach Syrien untersagten. Seit Herbst 2011 dürfen Unternehmen aus der EU kein Öl und Gas aus Syrien mehr importieren. Seit Dezember sind Investitionen im Bausektor und in der Versicherungsbranche in Syrien verboten. Im April kamen dann biologische und chemische Produkte auf die Liste von Exportverboten. Anfang Februar verhängten die Außenminister Einreiseverbote gegen 115 führende Personen des Regimes in Damaskus. Außerdem wurde deren Vermögen in der EU eingefroren. Bis heute stieg die Zahl der Einreiseverbote auf 128 Vertreter der syrischen Staatsführung.

Die EU versucht mit ihren Sanktionen gezielt die Familie des Staatsführers zu treffen. Ende März erteilte sie der Mutter, der Schwester und der Ehefrau von Baschar al-Assad Einreiseverbote. Außerdem beschlossen die 27 Staaten Ende April, den Export von Luxusgütern nach Syrien zu untersagen, von denen vor allem die herrschende Klasse profitiert.

Die USA haben ebenfalls zahlreiche Personen des Regimes mit Einreiseverboten belegt und ihre Vermögen eingefroren. Außerdem wurde der Handel mit Syrien beschränkt. Ob die Sanktionen, vor allem die Im- und Exporte, tatsächlich auch eingehalten werden, ist schwierig zu beurteilen. Die Vereinigten Staaten haben kürzlich härtere Strafen für die Personen und Unternehmen angedroht, die die Sanktionen umgehen.

Kann das helfen? Bisher scheint Präsident Assad von den Beschränkungen nicht sonderlich beeindruckt. Seine Luxuskleidung kann er sich schließlich auch aus anderen Teilen der Welt beschaffen.

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19 Kommentare

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  • CL
    C. L. Manns

    @GWalter

     

    Ich halte Sie für einen Provokateur, der durch schrille, lächerlich überzogene Beiträge versucht, die Kriegsgegner auf diesen Seiten zu diskreditieren - so wie den Kommentator "Sozialist" an anderer Stelle.

  • D
    Deutscher44

    Wir haben als Deutsche mit Soldaten und Militär NICHTS in Syrien verloren. Die Kolonialzeiten sollten nicht erneut stattfinden.

     

    Der Nahe Osten muss seinen eigenen Weg gehen, ohne dass wir Deutsche und Europäer uns da immer einmischen.

     

    Daher KEINE deutsche Soldaten und KEIN deutsches Militär in den Nahen Osten.

  • G
    GWalter

    "Wir müssen einen Flächenbrand verhindern" sagt Westerwelle

     

    ................und deswegen sind deutsche KSK/GSG9 Einheiten in Syrien oder um Syrien und bilden die Al-Qaida und Mossad Terroristen für den Massenmord an der syrischen Zivilbevölkerung aus.

     

    Es sind deutsche Soldaten die die syrische Armee abhören und die Al-Qaida/Mossad Terroristen den Auftrag für ihre Anschläge gegen die Zivilbevölkerung geben.

     

    Die meisten Waffen die die Terroristen von Al-Qaida und Mossad beim Massenmord der syrischen Zivilbevölkerung sind deutsche Milan Raketen und G36 Maschinengewehre. Ich vermute dass die deutsche Terrorregierung im Auftrag Israels die Al-Qaida/Mossad Terroristen mit dem deutschen Steuergelder und deutschen Waffen ausstattet.

     

    Lieber Hr. Guido Westerwelle,

     

    hören Sie und ihre Diktatur des Merkelregimes mit dem Massenmorden an der syrischen Zivilbevölkerung auf.

     

    Rufen Sie ihre Al-Qaida Terroristen und KSK/GSG9 Söldner aus den Ausland zurück und machen diesen Mördern und ihre politischen Unterstützern den Prozess.

     

    Das Morden geht von den NATO Terrorstaaten im Auftrag Israels aus.

     

    Wenn USrael und alle NATO Terrorstaaten durch ihre Proxy von FAS und Al-Qaida das Massenmorden der syrischen Zivilbevölkerung beenden, dann sollte ggf. verhandelt werden.

     

    In der Zwischenzeit hat Assad das Recht und die Pflicht die gesamte Opposition samt Familien und Freunden aus zu löschen.

  • CL
    C. L. Manns

    Wow! Ich weiß jetzt nicht, ob ich darüber entsetzt sein soll, wie weit die taz mittlerweile zu einem Propagandainstrument verkommen ist und die pro-atlantische Kriegstrommel rührt; oder ob ich mich darüber freuen soll, wie in den letzten Wochen jeder Beitrag in der taz zum Thema Syrien von Lesern kommentiert wird.

     

    Da sieht man nämlich, dass diese ganze Gehirnwäsche nicht verhindern kann, dass viele Leute noch immer klar denken und die Situation klar analysieren.

     

    Ich glaube allerdings nicht, dass das Syrien davor bewahren wird, dass es der Westen endgültig in einen Krieg stürzt, auf welche Weise auch immer. Nachdem dessen Bemühungen, einen künstlichen Bürgerkrieg zu schaffen, nicht so richtig in Gang kommen wollen (die syrische Armee ist einfach zu stark), muss der Westen jetzt einfach dafür sorgen, dass in Damaskus ein pro-westliches Regime an die Macht kommt - sonst wird das auch nichts mit dem geplanten Iran-Krieg.

     

    Hier übrigens eine Stellungnahme zum baldigen Syrien-Krieg, die wirklich Hand und Fuß hat. Vor 20 Jahren hätte man sowas noch in der taz lesen können:

     

    http://www.jungewelt.de/2012/06-01/059.php

     

    Ja, in dem Artikel geht es (ohne Namensnennung) auch um die taz ... Auch deren Redakteure brechen sich einen ab, um ihren Lesern klarzumachen, dass die Krise nur dadurch gelöst werden kann, dass der Westen in irgendeiner Art versucht, die syrische Regierung zu stürzen. Eine Krise, die er selbst nachweislich durch Waffenlieferungen und immense finanzielle Unterstützung an die Rebellen erzeugt hat.

     

    Schande über alle Zyniker!

  • BK
    Björn Kunter

    Ich dachte die taz wäre eine Medienpartnerschaft mit "adopt a revolution" eingegangen, doch unter dem Stichwort "Unterstützung der Opposition" wird allein die Unterstützung bewaffneter Gruppen erwähnt. Wie fantasie- und letztlich verantwortungslos.

     

    Es bleibt weiterhin notwendig, Optionen für gewaltfreie Interventionen zu entwickeln. Sowohl zur Unterstützung gewaltfreier Protestbewegungen, wie auch zur "schützenden Beobachtung" ist bei weitem nicht alles getan, was mach- und denkbar wäre. Wir dürfen uns nur nicht dadurch abschrecken lassen, dass diese Instrumente nicht sofort einsetzbar sind und unmittelbar wirken können. Es ist leider(!) sowieso nicht mit einem schnellen Ende der Gewalt in Syrien zu rechnen. Wir sollten heute schauen, welche Instrumente wir in einem halben Jahr brauchen und diese jetzt aufbauen.

     

    Wo wären wir heute, wenn "adopt a revolution" nicht erst ein dreiviertel Jahr gebraucht hätte, um die Idee der Unterstützung gewaltfreier Gruppen in Syrien zur Organisation zu entwickeln, sondern mit Beginn der Proteste vor Ort gewesen wäre, um ein internationales Netz der zivilgesellschaftlichen Solidarität zu schaffen?

     

    Was wäre geschehen, wenn die Arabische Liga von Beginn der Unruhen an, Beobachter ausgebildet und vorbereitet hätte, anstelle in einer spontanen Geste 3000 Beobachter in die syrische Gemengelage stolpern zu lassen?

     

    Es ist ja kein Zufall, dass die UN-Mission mit einem Zehntel des Personals effektiver agieren kann, sondern das Ergebnis einer zwanzigjährigen Lernkurve und der entsprechenden Personalentwicklung, nach katastrophal - dilettantischen Anfangserfahrungen (Srebenica / Ruanda)

     

    Entsprechend müssen wir uns heute stark machen für den Aufbau ziviler Kapazitäten zur Bewältigung der Krise in Syrien 2013 und jetzt den politischen Druck erzeugen diese auch zuzulassen. Wir brauchen mehr Fantasie für den Frieden.

     

    Ansätze dafür sind:

    - Die Ausbildung und Vorbereitung von neutralen unbewaffneten (Waffenstillstands)-Beobachtern.

    - Gewaltfreie Schutzbegleitung für gefährdete Personen.

    - Schaffung von Kommunikationskanälen zwischen "verfeindeten" Gruppen und Vertretern unterschiedlicher Minderheiten.

    - Stärkung gewaltfreier Akteure innerhalb oppositioneller und staatstragender Gruppen.

    - Schutz für Deserteure

     

    Nichts davon ist in der Lage das Morden augenblicklich zu beenden. Doch das gilt auch für die vier im Artikel benannten Optionen.

     

    P.S.: Alle diese Vorschläge sind nicht neu. Sie wurden im Bund für Soziale Verteidigung und Teilen der Friedensbewegung seit Monaten diskutiert. Wo wären wir heute, wenn Friedensbewegung und Friedensfachdienste auch nur ein Zehntel der Thinktanks hätten, mit der die Bundeswehr keine Antworten auf die Bedrohungen der Gegenwart findet?

  • J
    Jojo

    Wie sich herausstellt haben die Regierungstruppen ihre Stellungen um Al Houla klugerweise nicht verlassen.

    Das bedeutet das die 700 Terroristen die das Gebiet überfallen haben, den regierungsfreundlichen Familien die Kehle durchschneiden konnten.

    ...passend zum Besuch von Annan und mit dem Ziel einen Einmarsch zu provozieren...

    http://de.ria.ru/security_and_military/20120531/263697517.html

    Eine Internetseite nennt sogar die Namen der Mörder - aber ich weiss nicht ob man der Seite vertrauen kann.

    http://apxwn.blogspot.de/2012/05/der-gewohnliche-faschismus-der.html#more

  • D
    Dr.Merlin

    Wow! Ja, genau! wer setzt sich bei der Taz mal ganz ein wenig bißchen mit dem auseinander was zuerst als Artillerie Beschuss der syrischen Armee und dann doch als Tötung aus nächster Nähe von sog. Schabihas ausgeführt wurde? Was gen. Mood sagt is auch egal. Dass es der syrischen (wie ächtlich diese auch sein mag) rein strategisch sowas von garnicht weiterhelfen würde ein solches Massaker anzurichten, scheint auch nicht erwähnenswert. Und verdammt nochmal JA zu FSA! keiner weiß so genau warum diese immerzu "allahhouakbar" schreien, aber dafür scheinen sie auch dialogbereit zu sein, und sich von religiösen Strömungen zu distanzieren...NOT! Es ist einfach ekelhaft, wie die Taz hier Bericht erstattet! Verdammt, es geht nicht um Assad, oder Demokratie...es geht um politische, strategische und wirtschaftliche Interessen. UNGLAUBLICH wie sich die TAZ davor ziert auch nur in einem einzigen Satz dies zu erwähnen. Außer es geht darum, das Russland weiter waffen verkaufen will...und was genau wollen die USA, die EU?? Demokratie..ach ja..stimmt...n gutes Zeugniss ham se ja...PFUI!

  • TH
    Thomas H

    Ein gehaltvoller Beitrag. Mein Dank an die taz dafür!

     

    Bei sätzen wie diesen vermag ich den Autoren allerdings nicht zuzustimmen:

    "Die Regierungen der USA, Chinas, Russlands und der EU-Staaten eint die Sorge vor einem Zerfall der Zentralgewalt in Damaskus und in der Folge ganz Syriens mit destabilisierenden Folgen für die gesamte Nahost-Region. In Moskau setzt sich die Erkenntnis durch, dass ein weiteres Festhalten an Assad den russischen Interessen in Syrien und in der Region längerfristig eher schadet als nutzt."

     

    Das halte ich für unzutreffend. Denn das Putin-Regime in Moskau wird m.E. auch in Zukunft um jeden Preis an der intensiven und überlebensnotwendigen Unterstützung für das im verbündeten Syrien bestehende totalitäre und staatsterroristischen System festhalten, um so seinen letzten verbliebenen Stützpunkt in Nahost zu halten.

     

    Es ist keineswegs so, dass man im Moskauer Kreml nur mit Bangen auf die drohende Entgrenzung und Regionalisierung des innersyrischen Konflikts schaut, wie dies in sämtlichen westlichen Regierungen geschieht.

    Putin (und seine außenpolitischen Hardliner um Lawrow) sind vielmehr der Ansicht, dass der von Finanz- und Schuldenkrise geschwächte Westen definitiv nicht mehr dazu Willens oder noch in der Lage sind, mit oder ohne Sicherheitsratsresolution humanitär in Syrien (oder anderswo) militärisch zu intervenieren, und dass dies der richtige Zeitpunkt dazu sei, um die eigene zusammengeschrumpfte russische Stellung in Nahost nicht nur in Syrien zu konsolidieren, sondern darüber hinaus auch wieder imperial und gegen die Interessen des Westens gerichtet Boden über Syrien hinaus gut zu machen, z.B. durch die Erringung der Kontrolle über Libanon und Irak, im Bündnis mit Syriens Assad-Regime, mit dem iranischen Mullahregime, sowie mit Hisbollah und Mehdi-Armee.

     

    Es würde mich nicht wirklich wundern, falls im Laufe der kommenden blutigen Monate plötzlich russische Truppenkontingente in Syrien landen würden; vielleicht sogar mit blauen Helmen auf den Köpfen, faktisch jedoch als Interventen zugunsten des Machterhalts des Folter- und Massenmordregimes in Damaskus.

     

    In Moskau, Peking, Teheran und anderen Autokraten-Hauptstädten träumt man derzeit den Traum vom nahen Sieg über den "westlichen Imperialismus" und von einer antiwestlichen Neuordnung der globalen Machtverhältnisse. Und von Syrien und Iran aus soll dieser feuchte Traum der zweckverbündeten Antidemokraten nun Wirklichkeit werden.

    Möglicherweise auch um den Preis eines umfassenden Krieges ...

  • B
    Beobachter

    Wer überprüft eigentlich den Wahrheitsgehalt der sog. prowestlichen syrischen Opposition, die unverhohlen den bewaffneten Regimechange fordert?

    Gleiches Spiel wie in Lybien?

  • BG
    Bernd Goldammer

    Sagt Euern Lesern doch endlich mal die Wahrheit. Bis jetzt kann niemand sagen, welche der syrischen Bürgerkriegsparteien die Morde von Hula begangen hat. Doch die deutschen Medien weisen bereits Schuld zu. Das ist nahezu kriminell. Die TAZ zitiert Verlautbarungen einer Bürgerkriegspartei, weil sie selbst keine unabhängigen Journalisten vor Ort hat. Das ist bereits psychologische Kriegstreiberei. Denn jeder weiß, dass sich Deutsche Regierung ihr Handeln von solch desorientierten Schreiberlingen diktieren lässt. Friedensforscher Danielle Gansel hat heute im Deutschlandfunk auf die geografische Lage von Syrien hingewiesen, die das Land für den Westen interessant macht. Die TAZ will nicht die verdammten Mörder von Hula finden, die TAZ will, wie immer, Krieg. Wir brauchen endlich UN-Sondereinheiten für die schnellere Aufklärung solcher Verbrechen ausgerüstet sind. Sie müssen aus erfahrenen Fachleuten bestehen und am Tatort sowohl die Lage, als auch alle vorhandenen Spuren dokumentieren und auswerten. Dazu müssen Zeugenbefragungen durchgeführt werden um alle Hintergründe der Mordtaten ermitteln können. Sonst kann es leicht passieren, dass die Opfer durch den kriegerischen Missbrauch des Westens auch noch verhöhnt werden. Leider drängt sich im Moment der Eindruck auf, dass man in Berlin und Paris nur auf inszenierte Ereignisse wartet. Wenn das möglich ist, sind unsere Verteidigungsbündnisse destruktiv . Die Mörder müssen gefunden werden, damit die Ermordeten nicht als Kriegsanlässe missbraucht werden können. Denn das würde die Welt-Zivilisation um viele Jahrzehnte zurückwerfen.

  • DH
    Der Heinz

    Wie lange dauerte es nach dem 11. September bis Amerika Afghanistan angriff?

    Europa und viele andere Nationen laden schwere Schuld auf sich und in den Geschichtsbüchern wird von "Schande" die Rede sein, weil wir dem Morden tatenlos zugesehen haben.

    Ich finde es beschämend, wie opportunistisch westliche "Demokratien" geworden sind und sie wirtschaftliche und strategische Interessen über die Menschenrechte stellen, die sie sich selbst historisch mit viel Blut erkämpft haben und nun anderen Ländern nicht gönnen wollen.

  • T
    Thanthalas

    Bei Youtube mal nach "Syrien, Aktivisten und Aufgedeckt" suchen. Man findet ein überaus aufschlußreiches Video über über die Aktivisten und den Betrug in der Berichterstattung.

  • B
    Benz

    Assad und die Mehrheit der Bürger wollen den friedlichen Vielvölkerstaat Syrien bewahren und wehren sich gegen die Aufständischen. Aber die Kräfte eines kleinen Staates wie Syrien sind beschränkt.

     

    Die zivilisierten Länder sollten Syrien deshalb alle nötige Unterstützung (wirtschaftliche, diplomatische, notfalls auch militärische) gewähren und dem Land helfen die Extremisten, religiösen Fanatiker und Kriminellen wirksam zu bekämpfen.

  • C
    chrisfre

    In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an Vietnam, dem die

    Weltöffentlichkeit NICHT beistand und die USA jegliche Glaub-

    würdigkeit verlor für "Befreiungskrieg" gemäß ihrem Masterplan. Dieser Krieg hat 30 Millionen das Leben gekostet.

     

    Ansonsten weiß ich auch keine Lösung für Menschen, überwiegend

    Männer, die (inzwischen auf beiden Seiten) einander abschlachten wollen oder müssen und umgeben sind von Staaten,

    bis hin zur Türkei, die eine Gemengelage eigener ökonomischer und strategischer Interessen verfolgen und zudem von außen befeuert und finanziert werden.

     

    Noch mal Klaus Theweleits "Männerphantasien" nachlesen hilft

    ein wenig.

  • K
    Kritiker

    Das Foto zum Beitrag steht sinnbildlich für die bewusste Falschdarstellung des Konflikts in den deutschen Medien. Es entstammt einem Video, das mutmaßlich in al-Houla gedreht wurde. Auf dem kompletten Video sind "Zivilisten" zu sehen, wie sie Panzerfäuste abschiessen.

     

    Diese Panzerfäuste wurde ebenfalls nicht gezeigt, als dieses Video in der ARD benutzt wurde, um Stimmung für einen Krieg der NATO in Syrien zu machen.

     

    Es gibt ein anderes Video mutmaßlich aus al-Houla, einige Zeit vor dem Massaker gedreht. Zivilisten, Kinder und syrische Soldaten posieren ungezwungen und einträchtig. Es gibt Zeugenberichte, wonach es Terroristen waren, die in al-Houla erst die Armee beschossen und dann das Massaker anrichteten.

     

    Zu den Opfern gehören Anhänger Assads. Möglicherweise sogar ein Mitglied des Parlaments und seine Familie.

     

    Was in Syrien passiert, ist der Terror der Todesschwadronen, wie man ihn aus dem Mittelamerika der 80er kennt. Hier wird von aussen ein Krieg forciert, den die Mehrheit in Syrien nicht will und Peter Scholl-Latour hat vollkommen recht, wenn er (kürzlich in der Deutschen Welle) sagt, dass man Syrien zusammenschlägt, um den Iran zu schwächen.

     

    Die TAZ sollte sich nicht zum Werkzeug dieser mörderischen Strategie machen lassen.

  • J
    Jojo

    Was tun für Syrien? Ganz einfach die islamischen Kämpfer nicht mehr unterstützen. So können sie keine Massaker mehr auslösen - Autobomben und Terror -.

    Mit Wahlen vom 7.Mai ging Syrien den richtigen Weg, die Wahlen sind erst der Anfang für eine langsame Demokratisierung.

    Mit Annan`s Friedensplan hat Syrien eine Chance - nur müssen die Rebellen auch mitmachen - anstatt die Bevölkerung in kontinuierlichem Terror zu halten.

     

    Jojo

  • B
    Brandt

    Liebe Journalisten B. Pickert / A. Zumach / R. Reichstein / G. Keller,

     

    bitte gehen Sie zurück in das Journalistenstudium und lernen Sie unabhängige Quellen ider wenigstens relevante Quellen zusammenzustellen, um Ereignisse zu bewerten.

     

    Die Aufgabe eines Journalisten sollte es sein, Nachrichten von PR für den Leser zu unterscheiden und auch aufbereiten zu helfen.

     

    Die taz ist eine wirklich schlechte Zeitung, und die Leser und Genossenschaftler sollten sich langsam den Austritt überlegen.

  • P
    pauli

    "Seine Luxuskleidung kann er sich schließlich auch aus anderen Teilen der Welt beschaffen."

    den abschnitt zu den sanktionen hat bestimmt die modejournalistin geschrieben. ohne worte! das hauptproblem wurde dabei vergessen: schon jetzt leidet die bevölkerung unter den bisherigen sanktionen. öl und grundnahrungsmittel fehlen! die leute verhungern so langsam! bisher haben sanktionen noch nie ihr ziel erreicht!

  • A
    aurorua

    Sollte der harte Kern aus Muslimbrüdern und Salafisten dieser Assad-Opposition sich durchsetzen, wird insbesondere der Westen sich wünschen man hätte Assad ungehindert gewähren lassen.

    In Nordafrika zeichnet sich ja schon so langsam ab wohin die Reise geht. Mittelalterliche, islamistische Gottesstaaten werden sich dort sukzessive entwickeln.

    "Ein Segen für den Weltfrieden", insbesondere mit Blick auf den nahen Osten.