: Die Weiße Flotte wird 140
Am 15. Juni 1859 begann die Alsterschiffahrt. Heute Jubiläumsfest am Jungfernstieg und Sonderfahrten für 140 Pfennige ■ Von Herdis Lüke
Die schmucken rot-weißen Dampfer auf der Binnen- und Außenalster gehören zum Hamburger Stadtbild wie die Luft zum Atmen. Am heutigen Dienstag feiert die „Weiße Flotte“ ihr 140jähriges Bestehen und macht den Hamburgern und ihren Gästen aus diesem Anlaß ein besonderes Geschenk: Ein buntes Sommerprogramm und Sonderfahrten. 140 Pfennig muß dafür jeder Fahrgast nur bezahlen. Zum Jubiläum schippert außerdem Hamburgs mit 123 Jahren ältester und einziger noch „echter“ Alsterdampfer, die „St. Georg“, unter der Flagge der ATG Alster-Touristik GmbH auf dem historischen Linienkurs vom Jungfernstieg zum Winterhuder Fährhaus.
Die Idee, eine Dampfschiffverbindung auf der Alster einzurichten, hatte der aus Bremen stammende Kaufmann Gustav Adolph Droege. Der auf der Uhlenhorst ansässige Versicherungsmakler erhielt 1854 vom Hamburger Senat eine entsprechende Konzession – ging aber damit buchstäblich baden: Sein erstes Schiff, ein Rheindampfer, schlug leck und sank bei der Überführung.
Mehr Glück war schließlich dem Schiffsmakler Johann Peter Parrau beschieden, der auf der Reiherstieg Schiffswerft und Kesselschmiede ein kleines Alsterdampfboot bauen ließ. Am 15. Juni 1859 startete die „Alina“ zum ersten Mal vom Jungfernstieg nach Winterhude. Neue Fährverbindungen kamen hinzu, und zur Jahrhundertwende waren es bereits 30 Schiffe, die sich auf Hamburgs größtem See tummelten. Bis 1911 stiegen die Fahrgastzahlen auf mehr als elf Millionen – eine Zahl, die nie wieder erreicht wurde.
Nach dem Ersten Weltkrieg ging die Alsterflotte in den Besitz der Hamburger Hochbahn über. Der Wechsel läutete auch das Ende der Dampfschiffahrt ein. Damals lief das wirklich letzte Dampfschiff, die „Alster“ vom Stapel. 1935 wurde das erste von zehn neuen Motorschiffen getauft. Doch schon zu Anfang des Zweiten Weltkrieges wurde die Alsterschiffahrt wieder eingestellt. Die einzige Fähre, die noch den Betrieb zwischen Harvestehude und Uhlenhorst aufrechterhielt, versank im Sommer 1943 im Bombenhagel der Alliierten. Als „Symbol des Friedens“ ließ der damalige Hamburger Bürgermeister Max Brauer 1956 die Alsterschiffahrt wieder ihren Betrieb aufnehmen. 3,4 Millionen Fahrgäste nutzten in den 50er Jahren das Angebot.
Die 70er Jahre läuteten wieder eine neue Ära ein: Angesichts steigender Defizite im Liniendienst setzte die Hochbahn verstärkt auf touristische Angebote und nahm die Fleet-, Kanal- und Vierlandefahrten sowie die Brückentouren ins Programm. 1977 wurde schließlich die ATG gegründet. Die Touristikfahrten konnten die Defizite in der Linienschiffahrt jedoch nicht kompensieren: 1984 kam nach 125 Jahren das Aus für die Liniendienste auf der Alster.
Inzwischen ist die ATG zu einem florierenden modernen Touristik-unternehmen (Umsatz 1998: 7,8 Millionen Mark) mit 16 modernen Schiffen, darunter zwei Cabrios, geworden. Im vergangenen Jahr ließen sich 360.000 Gäste über die Alster schippern. Darunter auch 272 Heiratswillige: Seit 1997 haben sich bereits 136 Paare auf den Planken eines Alsterschiffes das Jawort gegeben.
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