Die Wahrheit: Eine Weihnachtsfeierstory
Chef verlangt Catcher. Wie gut, dass es Hulk und Thor bei Amazon zu kaufen gibt! Oder liegt da eine Verwechslung vor?
U nd es begab sich, dass die Mitarbeiterin eines handelsüblichen Betriebes, also ich, vom Chef damit beauftragt wurde, für die Firmenfeier ein paar Catcher zu organisieren, aber gut und unterhaltsam sollten diese sein. Nun wusste ich aber nicht auf Anhieb, wo man gute Catcher auftreiben konnte. Da ich keinesfalls gefeuert werden wollte, erkundigte ich mich im Internet und entschied mich für Thor und Hulk Hogan, die ich sogleich bei einem Online-Versand orderte.
Das stellte sich aber bald als grober Fehler heraus, denn als Thor geliefert wurde, musste ich bedauernd erkennen, dass der gar kein Catcher, sondern ein nordischer Gott oder so was in die Richtung war. Er fing auch – kaum aus der Verpackung herausgeknibbelt – wie blöde an, in der Wohnung rumzutoben und Gewitter zu machen. Einfangen ließ er sich nicht mehr, die Originalverpackung war eh kaputt, also konnte ich ihn auch gar nicht wieder zurückschicken.
Mit Hulk Hogan verhielt es sich etwas anders: Der war eindeutig ein Catcher wie aus dem Bilderbuch! Ein Hünen-Muskelmann mit kurzer goldener Hose, weißblonden Haaren im Gesicht und durchaus aggressiv. Er sprang sofort mit beiden Füßen gleichzeitig auf die hohe Sofalehne und rief: „I am the King of Payne!!!“, oder so was. Dann wollte er unbedingt mit Thor catchen, aber der entzog sich ihm mit Donner und Blitz, rümpfte seine Hochnase und gab Hulk Hogan und mir mit beleidigenden Worten zu verstehen, dass er es nicht nötig habe, denn alle anderen seien sterblich, er hingegen nicht, und schwul sei er auch nicht.
Er ließ noch ein Gewitter los, und verzog sich dann auf die Gardinenstange. Jetzt war guter Rat teuer, denn Geld für einen zweiten Catcher hatte ich nicht mehr, und auf Thor konnte ich offensichtlich nicht zählen.
Schizo-Hulk
Da hatte ich plötzlich – wie aus heiterem Himmel – eine geniale Idee: Wenn ich Hulk Hogan einreden könnte, dass er eine gespaltene Persönlichkeit sei, beziehungsweise zwei gespaltene Persönlichkeiten (er müsste ja auch nur so tun als ob), dann würde der Chef bestimmt darauf reinfallen. Gesagt, getan. Hulk Hogan und ich probten ein bisschen, und es gelang ihm nach mehreren Stunden tatsächlich, sich in zwei Persönlichkeiten zu spalten.
Die Firmenfeier wurde zu einem legendären Erfolg, von dem noch eineinhalb Tage später alle aufgeregt sprachen. Hulk Hogan habe ich daraufhin in die Freiheit entlassen, aber er kommt noch heute manchmal vorbei, um etwas auf meinem Balkon zu sitzen. Die Besuche werden seltener, aber ich freue mich, dass es ihm offensichtlich gut geht.
Viele Jahre nach den Ereignissen nahm mich mein Chef in einer ruhigen Minute mal auf die Seite und flüsterte mir zu, das mit den Catchern sei damals ja ganz lustig gewesen, aber er hätte für die Firmenfeier eigentlich eher ein paar Sketche haben wollen. Das hatte ich mir eh schon gedacht, und die Pointe hätte ich jetzt auch nicht gebraucht.
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