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Die WahrheitSpaßbremse Delfin

Neues aus Neuseeland: In Christchurch soll das größte Segelsportereignis der Welt stattfinden, aber ein kleiner Meeressäuger hat etwas dagegen.

D rei Sportarten sind den Kiwis heilig: Bergsteigen, denn Edmund Hillary bezwang den Mount Everest; Rugby, denn Neuseeland gewann den World Cup; und Segeln, denn Wasser gibt es genug. Auckland nennt sich stolz die „City of Sails“. Doch es war die Gartenstadt Christchurch, die den Zuschlag für die größte Segelregatta der Welt bekam, den „Sail Grand Prix“. Seit vorigem Wochenende ist der hochkarätige Spaß jedoch für immer vorbei.

„Powered by Nature“ heißt das Motto des SailGP, das jedoch nicht ganz aufging. Denn die Natur war es, die den Auftakt des zweitägigen Spektakels mit Besuchern aus aller Welt stoppte. Nicht weil es stürmte oder blitzte. Am Samstag schien die Sonne über Lyttelton, dem Hafenvorort Christchurchs. Wetter, Brise und Laune waren bestens. Alles drängte nach draußen, um live dabei zu sein. Leider auch ein ungebetener Gast.

Es war ein kleiner Hector-Delfin, die gefährdetste Delfinsorte der Welt. 15.000 davon tummeln sich als Touristenattraktion entlang der Südinsel. Whakaraupō – die Bucht vor Lyttelton – ist ihr geschütztes Revier, wo sie Junge gebären. Die Formel 1 des Segelsports durfte im einstigen Vulkankrater nur unter der Bedingung stattfinden, dass die Boote keine Meeressäuger gefährden.

Der hochkarätige Event gilt als kommerzieller Glücksfall fürs erdbebengebeutelte Christchurch. Erst zum zweiten Mal hatte die Stadt den Zuschlag erhalten. Die Gastronomie rüstete auf. Busse karrten 20.000 Zuschauer ans Wasser. In den VIP-Rängen floss Champagner, prominente Musiker traten auf. Der Segelzirkus konnte beginnen. Zehn internationale Teams warteten startbereit auf dem Wasser, darunter auch der deutsche Rennstall von Sebastian Vettel.

Dann kam die Hiobsbotschaft: Hector in Sicht. Was Touris begeistert, wenn sie Delfin-Touren buchen, raubte ihnen jetzt den Spaß. Man wartete und wartete, dass der Störenfried endlich abzöge. Bereits im vorigen Jahr hatten Delfine das erste Rennen verzögert. Aber diesmal fand es gar nicht erst statt. Nach 90 Minuten kehrten die Yachten zurück und die Fans in den Pub, um ihren Frust zu ertränken.

Wer weiß, was manche von ihnen über Nacht trieben, um das Problem zu beseitigen – auf jeden Fall war es am nächsten Tag weg. Der zweite Renntag war ein Erfolg und kein Tier mehr in Sicht. Neuseeland wurde gar Sieger. Da hatte SailGP bereits verkündet, dass man wegen nervender „Minderheitengruppen“ nicht mehr nach Christchurch zurückkehren wolle. Ein Schlag ins Kontor gegen Tierschützer und Maori, denen Delfine heilig sind.

Ob Aotearoa diesmal stark bleibt? 2006 beugte sich die Regierung dem Druck des Konzerns Solid Energy, der an der wilden Westküste Minen ausbaggerte, obwohl dort gefährdete Riesenschnecken leben. 6.000 wurden schließlich umgesiedelt, und Aktivisten besetzten das Tal. Lytteltons Delfine haben noch was vor sich.

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Anke Richter
Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).
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