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Die WahrheitRecherche im Rotbarschmilieu

Warum verändert sich der Preis für das Hummerbrötchen an der Lieblingsfischbrötchenbude in Hamburg andauernd? Handelt es sich um eine Verschwörung?

E in „Fischbrötchen 2.0“ hat mich eine Zeit lang zum Verschwörungstheoretiker gemacht. Diese „Fischbrötchen 2.0“ verkauft meine Lieblingsfischbrötchenbude in Hamburg – und das zum Festpreis, so weit, so normal. Hummerbrötchen allerdings gibt es immer nur „nach Marktpreis“. Warum? Als halbgare Antwort bekam ich schwankende Fangquoten und eine sich verändernde Nachfrage aufgetischt. Weiter nachfragend musste ich mir anhören, der Markt sei eben volatil. Unterwassermarktanalysten prognostizieren also jeden Tag den Hummerpreis, so stellte ich mir das vor, fischte dann aber doch lieber weiter im Trüben.

Am nächsten Tag wurde ich wieder vertröstet, beim nächsten Mal stand jedoch die mit „homemade chipotle sauce“ geschriebene Warnung auf meiner Serviette, ich solle es gut sein lassen, sonst könne ich meine Fragen bald an die Hummerpopulation direkt richten. Na ja, ein normaler Klecks war das auf jeden Fall nicht. Trotz der Drohung ließ ich mich nicht abschrecken. Immer montags nach der Arbeit erfragte ich den Hummerbrötchenpreis, 30 Euro stellten sich als Standard heraus. Viel interessanter waren die Preisveränderungen, die ich oft erfolgreich mit Weltereignissen in Verbindung bringen konnte.

Am Hafengeburtstag war das noch einfach, hier sollte Geld aus Touris herausgeschlagen werden, die ein dann als typisch hamburgisches „Riesenkrabbenbrötchen“ beworbenes Hummerbrötchen kauften. Weniger klar ist mir, warum der Hummerpreis stieg, nachdem das Milliardärsgrab „Titan“ bei der „Titanic“ gesunken ist. Ich vermute aber, es wurden einige der verwöhnten und besonders fetten Hummer zerquetscht, die sich dort von Champagnerresten und letzten Horsd’œuvre aus dem Wrack ernährten.

Fairerweise muss ich festhalten, dass der Preis durchaus auch mal sank. Zum Beispiel als ich mich einmal nach einer Karnevalsparty an den Hafen verirrte, verkleidet als Käpt’n Blaubär. Vermutlich dachte die Hummermafia, ich als Seebär wüsste ganz genau, wo der Fisch die Locken hat. Oder aber nach Rekordfluten, weil die Hummer dann direkt in die Kombüse gespült wurden.

Einmal führte ich die Preissenkung auf das am Vortag geplatzte Aquarium in Berlin zurück, was zumindest für die Frische des Hummers gesprochen hätte.

Trotz vieler Meter roter Schnüre, mit denen ich auf eine Korkwand gepinnte Bilder von Hummern verband, fand ich keine Preisantwort und gab schließlich auf. Außerdem hatte ich auch absolut keine Lust mehr auf Fisch. Nicht ganz ein Jahr später schaute ich wieder mal dort vorbei und fragte scherzhaft, was es denn mit dem „nach Marktpreis“ auf sich habe. Diesmal bekam ich eine Antwort: Wer reich aussieht, bekommt einen besonders hohen Preis, arm Wirkende einen niedrigen. Und mit dieser Verschwörung konnte ich dann gut leben.

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