Die Wahrheit: Wandern mit Zwergen
Noch sieben Tage bis zum Urlaub. Eine freche Bemerkung in den sozialen Medien bringt nicht nur die Rotkäppchen dieser Welt auf die Karibikpalme.
A us purem Schabernack poste ich in einem sozialen Medium – ein Wort, bei dem ich immer an Rindersteaks denken muss – diese Fantasie: „Noch sieben Arbeitstage bis zum Urlaub! Wenn ich jeden Tag einen von den Zwergen töte, kann ich mit Schneewittchen in die Karibik fliegen.“
Die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten, denn Morden, und seien die Opfer nur hypothetische Märchenzwerge, geht gar nicht: „Deshalb, mei Gutster, wirste doch nich gleich zum Mörder werden?! Dir noch ne schööne letzte Arbeitswoche!“, schreibt einer. Als würde ich die ganze Woche durcharbeiten!
Ein anderer schlägt eine für mich sehr gesundheitsschädliche Alternative vor: „Es reicht doch auch, wenn du sie unter den Tisch säufst und dann einsperrst. Also die Zwerge, nicht Schneewittchen!“ Ich schreibe zurück: „Dann bin ich aber sieben Tage blau und finde hinterher weder Schneewittchen noch die Karibik.“ Außerdem müsste ich mich dann darum kümmern, dass jemand die verdingsten Zwerge in ihren kalten Käfigen versorgt, während Schneewittchen und ich im warmen Meer schnorcheln.
Die Frauen sehen das Ganze gelassener und identifizieren sich nicht mit den zwar kleinen, aber dennoch männlichen Zwergen. „Die nimmt doch sowieso den langweiligen Prinzen“, schreibt eine, und ich weiß nicht, ob sie mir Schneewittchen nicht gönnt oder mich vor lebenslanger Langeweile bewahren will.
„Und was will Schneewittchen?“, fragt eine andere, und ich bin versucht zu antworten: „Vielleicht unter den Tisch gesoffen werden?“, zensiere mich aber, da ich die Kommentatorin nicht so gut kenne und daher nicht weiß, ob der Kommentar nicht doch ernst gemeint ist.
Aber will ich denn wirklich Schneewittchen? Eine unreife Göre, die nicht auf sich aufpassen kann? Am Ende wird sie in der Karibik wieder von der nachgereisten Stiefmutter umgebracht, obwohl ich ihr verboten habe, jemanden hereinzulassen. Und weil die Stiefmutter dazugelernt hat, wird sie ihr diesmal den Kopf mit einer Machete abhauen, ihr Lunge und Leber entnehmen, beides in Salz kochen und aufessen. Da ist dann nichts mit wundersamer Wiederbelebung.
Lieber gleich die Stiefmutter? Soll ja auch eine Schönheit sein, passt vom Alter her besser zu mir und ich müsste keine Zwerge töten. Urlaub mit einer narzisstisch gestörten Kannibalin klingt aber ebenfalls nicht verlockend.
Dann doch lieber eine Männerrunde, da weiß man, was man hat. Bier, Steaks und Zoten. „Wer hat in meinem Bettchen masturbiert?“ Soll ich jeden Tag ein Schneewittchen töten und dann mit den sieben mal sieben Zwergen Urlaub machen? Mit denen müsste ich allerdings in Brandenburg wandern gehen, weil ich mir keine 49 Flugtickets leisten kann. Die Glassärge mit den sieben Schneewittchen könnten sie meinetwegen mitnehmen. Tragen helfen würde ich aber nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“