Die Wahrheit: Der Fluch der Kindermumie

Am 8. Juli 1933 verschwand der amerikanische Multimillionär Arthur Kingsley Porter auf der irischen Insel Insihbofin und mit ihm sein Geheimnis.

Es ist fast auf den Tag genau 90 Jahre her, dass Arthur Kingsley Porter verschwunden ist. Er wurde 1883 in Connecticut geboren, am Tag seines 18. Geburtstags machte ihn sein Vater, einer der reichsten Männer der USA, zum Multimillionär.

Porter widmete sich der Kunstgeschichte und Architektur und wurde 1921 Professor an der Harvard University. Im Alter von 29 Jahren hatte er die sieben Jahre ältere Lucy Wallace geheiratet. Nach 17 Jahren Ehe eröffnete er ihr, dass er schwul sei. Wäre das bekannt geworden, wäre seine Karriere in Harvard vorbei gewesen. So blieben Lucy und er zusammen, und 1930 kauften sie ein viktorianisches Herrenhaus in der nordwestirischen Grafschaft Donegal sowie eine Fischerhütte auf der Insel Inishbofin.

Porter neigte wegen seiner versteckten Homosexualität zu Depressionen, sodass er bei dem Psychotherapeuten Henry Havelock Ellis in London Hilfe suchte. Der verkuppelte ihn – mit Lucys Einverständnis – mit seinem jungen Patienten Alan Campbell. Die drei pendelten gemeinsam zwischen Irland und den USA hin und her bis zu dem Tag, an dem Porter auf Inishbofin spurlos verschwand.

Eine Untersuchung der irischen Polizei kam zu dem Ergebnis, dass Porter gestolpert und ins Meer gefallen war. Das erscheint jedoch unwahrscheinlich. Insihbofin ist klein, man kann sich auf der Insel aber dennoch verlaufen, was ich aus eigener Erfahrung weiß, aber es gibt keine steilen Klippen, die Hügel fallen sanft ins Meer ab. Wahrscheinlicher ist, dass er untergetaucht ist – aber nicht im Meer, sondern im Ausland. Lucy schien von seinem Verschwinden nicht sonderlich überrascht, in der Nacht war ein Boot ausgelaufen. Zeugen berichteten später, ihn in Frankreich, Italien und Indien gesehen zu haben.

Vor zwei Jahren wurde auf Inishbofin eine Gedenktafel für die Menschen errichtet, die vor der Insel ertrunken sind. Porters Name fehlt, denn auch die Inselbewohner glauben nicht, dass er damals gestorben ist.

Eine andere, nicht minder plausible Theorie besagt, dass Porter einem Fluch zum Opfer gefallen sei. Auf einer seiner Reisen nach Spanien war Porter 1926 nämlich in den Besitz eines Sarkophagdeckels gelangt, den Graf Pedro Ansùrez 1093 für seinen verstorbenen Sohn Alfonso in Auftrag gegeben hatte. Der Deckel galt als eines der schönsten Exemplare europäischer Sepulkralkunst. Porter schenkte ihn dem Fogg Museum der Universität Harvard. Vermutlich hat ihn die Kindermumie deshalb verflucht.

1931 wurde der Raub entdeckt, und der spanische König verhandelte mit Harvard über die Rückgabe. Doch am 14. April 1932 wurde in Madrid die Republik ausgerufen, Alfons XIII. musste ins Exil und der Deckel blieb vorerst in Harvard. Erst zwei Jahre später, am 8. Juli 1933, wurde der Deckel endlich an seinen rechtmäßigen Platz zurückgebracht. Es war der Tag, an dem Arthur Kingsley Porter verschwand.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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