Die Wahrheit: Hochmoderne Zeiten
Frauen und Rechte – Irland nahm es damit lange Zeit nicht sehr genau bis gar nicht. Eine Bestandsaufnahme und ein Blumenstrauß.
F rauen gehören in Irland an den Herd. Das soll sich ändern. Die Regierung hat am Internationalen Frauentag 2023 verkündet, dass sie zum Jahresende ein Referendum veranstalten will – mit dem Ziel, den entsprechenden Verfassungsparagraf zu streichen. Bisher heißt es im Artikel 41.2: „Durch ihr Leben im Haushalt gibt die Frau dem Staat ihre Unterstützung, ohne die das Gemeinwohl nicht erreicht werden kann.“ Deshalb müsse der Staat „sicherstellen, dass Mütter nicht durch eine ökonomische Notwendigkeit gezwungen sind, eine Arbeit anzunehmen und ihre häuslichen Pflichten zu vernachlässigen“.
Als Áine und ich vor ziemlich langer Zeit heirateten, sollte sie in meinen landestypischen Ausweis eingetragen werden. Irische Pässe enthielten Seiten für mitreisende Kinder und eine Seite für die Ehefrau. Ich musste schriftlich einwilligen, damit Áine ihren eigenen Pass beantragen konnte. Es war nicht vorgesehen, dass Frauen ohne ihren Gatten reisten. Schließlich war gesetzlich festgelegt, dass der Aufenthaltsort des Mannes automatisch auch für die Frau galt. So konnte sich der Gatte nach England absetzen, um sich scheiden zu lassen. In Irland gab es keine Scheidung. Für die Ehefrau ging das nicht.
Und wenn der Mann beschloss, das gemeinsame Haus zu verkaufen, war sie machtlos. Ein Kontaktverbot gegen einen gewalttätigen Ehemann konnte sie ebenfalls nicht erwirken. Bis 1970 war der Begriff „Vergewaltigung in der Ehe“ so etwas wie ein schwarzer Schimmel in Irland – es gab ihn nicht. Erst 2002 kam es zum ersten Mal zu einer Verurteilung. Bis dahin hatte der Ehemann das Recht auf Sex, und wenn die Frau fremdging, konnte er den Liebhaber auf Schadenersatz verklagen.
Der Mann kriegt die Knete
Zum Glück war das Gesetz, wonach Frauen im öffentlichen Dienst am Tag ihrer Hochzeit ihren Job verloren, damals bereits aufgehoben, sonst hätten Áine und ich von meinem taz-Honorar arg darben müssen. Als Lehrerin bekam sie eine ordentliche Steuerrückzahlung. Aber das Finanzamt schickte mir per Post einen Scheck, der auf meinen Namen ausgestellt war. Ich kaufte Áine einen Blumenstrauß.
Bis 1976 gab es keine weiblichen Geschworenen – vermutlich glaubten die Gesetzgeber, dass Frauen nicht nach Lage der Fakten, sondern nach Gefühl und Intuition entscheiden würden. Und 2002 wurde ein Gesetz erlassen, das Frauen unter anderem das Recht zubilligte, im Wirtshaus ein großes Bier zu bestellen. Zuvor konnte der Wirt sie zwingen, das große Bier in zwei kleine Gläser umzufüllen, wenn sie es sich mittels eines Strohmannes erschlichen hatten.
Ein frauenfeindliches Gesetz kam uns aber zugute, als Áine und ich heirateten. Obwohl sie einen gut bezahlten Job als Lehrerin hatte, bekam ich Sozialhilfe: Es war einem Mann nicht zuzumuten, finanziell von einer Frau abhängig zu sein.
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