Die Wahrheit: Scheidung auf Irisch
Manche Ehepaare haben einfach nur vergessen, sich scheiden zu lassen, und führen stattdessen lieber einen munteren Ehekrieg.
G erichtsverhandlungen sind oft unterhaltsamer als ein Kinobesuch. Man erlebt hautnah die skurrilsten Fälle – wie zum Beispiel den Auftritt einer Bernadette O’Loughlin, die neulich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist, weil sie Anspruch auf das Haus ihres verstorbenen Ehemannes Keith O’Loughlin erhoben hatte.
Der war 2006 im Alter von 39 Jahren verstorben. Da er kein Testament hinterlassen hatte, ließ sich seine Frau zur Treuhänderin seines Erbes einsetzen. So weit, so unspektakulär. Jetzt kam jedoch heraus, dass Frau O’Loughlin bereits im Jahr 2002 von ihrem Mann geschieden worden war. Der hatte danach wieder geheiratet und mit seiner neuen Frau einen Sohn bekommen, der zum Zeitpunkt seines Todes vier Jahre alt war. Inzwischen ist er Student und hat die Erbschleicherin jüngst verklagt.
Die beteuerte vor Gericht, sie habe völlig vergessen, dass sie geschieden war. Das kann ja mal passieren: Aus den Augen, aus dem Sinn. Weil der Richter sie nun erinnert habe, sei O’Loughlin die Scheidung wieder eingefallen. Aber da sie in Nordirland geschieden worden war, zähle das in der Republik Irland nicht, vermutete sie. Der Richter vermutete anders und verurteilte sie.
Während O’Loughlin vergessen hatte, dass sie geschieden war, so hat ein Ehepaar aus Tipperary vergessen, sich scheiden zu lassen. Stattdessen bekriegten sie sich wie die Twits in dem Kinderbuch von Roald Dahl: Herr Twit legt seiner Frau einen Frosch ins Bett, sie setzt ihm Regenwürmer statt Spaghetti vor, er verlängert heimlich ihren Spazierstock, um ihr vorzugaukeln, sie habe die furchtbare Schrumpfkrankheit, sie wirft ihm ein Glasauge ins Bier.
Die Frau aus Tipperary, deren Name nicht veröffentlicht wurde, hat ihrem Mann hingegen Münzen aus dem Sparschwein der Tochter ins Essen gemischt. Mitunter garnierte sie die Pasta auch mit Abfällen. Der Mann installierte heimlich eine Kamera in der Küche, um Beweismaterial zu sammeln. Er trug stets Kopfhörer, weil ein Polizist ihm geraten hatte, nur durch Textnachrichten mit seiner Frau zu kommunizieren. Da sie darauf nicht antwortete, legte er sich vor das Auto seiner Frau, um sie zur Kommunikation zu zwingen. „Ich glaubte, ich sei Gandhi“, sagte er vor Gericht. „Aber der war ich nicht.“
Das fand Richterin Mary Larkin auch und bescheinigte beiden, niederträchtig zu sein. Das Ehepaar hatte sich eigentlich schon vor Jahren getrennt, aber die Frau musste wieder zu ihrem Ehemann ziehen, weil sie wegen der Pandemie ihren Job verloren hatte und sich keine eigene Wohnung mehr leisten konnte. „Sie fluchen und schubsen sich gegenseitig“, sagte die Richterin entnervt, vertagte den Fall bis Oktober und gab ein Gutachten über die Auswirkungen des Ehekrieges auf die Tochter in Auftrag.
Der Mann hatte das Schlusswort: „Ich denke, wir könnten wieder Freunde sein“, sagte er, „wenn wir die Sache in den Griff kriegen.“ Er meinte wahrscheinlich den Würgegriff.
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