Die Wahrheit: Corona-Urlaub in Frankreich
Beschränkungen hier, Verbote da! Der Sommerurlaub ist virenbedingt abgesagt. Für alle! Für alle? Nein, eine kleine hessische Kleinfamilie packt schon.
A ngeblich wird in diesem Jahr virusbedingt nicht geurlaubt. Hat am Mittwoch der Heiko Maas gesagt. „Wäre nicht verantwortbar“, hat er gesagt. Und weil halt im Juli noch nicht frei gereist werden könne, hat er gesagt. Am Arsch, sage ich.
Unser Urlaub findet statt. Alles eine Frage der Planung. Und meine Planung steht. Ich nenne es „Schengen 2.0“ oder die „Do-it-yourself-Variante“.
Was hatten wir gebucht? Dieses entzückende Ferienhaus im Languedoc, richtig. Südfrankreich. Und da soll ich nun nicht hindürfen? Wegen Maas und Macron? Weil ich als Deutscher nicht einreisen darf nach Frankreich und die Grenzübergänge streng kontrolliert werden? Na, das wollen wir doch mal sehen.
Zunächst packen wir den Kram ins Auto. Genau, den üblichen Urlaubskram. Wichtig ist allerdings, dass wir den Schraubenzieher nicht vergessen. Und die Baskenmützen. Und eine Tüte mit Baguettes, die dürfen auch vom Vortag sein. Auch die CD mit Edith Piaf, die habe ich extra noch gebrannt. Werden wir alles noch brauchen.
De toutes les routes de France d'Europe
Dann rein mit den Kindern in den Kombi und rauf auf die Autobahn. Wir nehmen die A6 nach Südwesten durch die Pfalz, gerade so, als wollten wir bei Saarbrücken die Grenze überqueren, was bekanntlich nicht geht, wir aber auch nicht vorhaben. Hehe.
Wir machen’s – die alten Aufmarschpläne liegen mir vor – wie 1914 die 6. Armee unter General Ludwig von Falkenhausen, nur gaaanz leise. Rollen also unauffällig auf das Saarland zu, bis wir bei Landstuhl den Blinker setzen, um nach Süden auszuweichen. Auf die Bundesstraße nach Pirmasens, das wird sie überraschen.
Vollends verwirren wir den Feind, wenn wir kurz vor der Grenze wieder nach Westen fahren. Dahner Felsenland. Felsen bieten guten Schutz. Im idyllischen Königsbruch, wo Rumbach und Saalbach sich küssen, also mitten in der Pampa, dann der Clou. Wir schwenken wieder nach Süden!
En auto ou en auto-stop
Nach derlei Hakenschlagerei werden wir am frühen Vormittag das schöne Schönau erreicht haben. Und jetzt kommt’s, denn ich kenne die alten Schmugglerpfade im Pfälzerwald noch von früher. Wir folgen der Wengelsbacher Straße, vorbei am Gästehaus Vogel, und fahren immer geradeaus, mitten in den Wald. Erst ist es eine Schotterpiste, dann ein Wanderweg. Und dann tauchen die ersten Häuser von Wengelsbach vor uns auf. Wir sind in Frankreich.
In Frankreich, aber noch nicht am Ziel. Jetzt wird’s knifflig. Wir suchen uns ein Auto, das etwas abseits parkt, schrauben dessen Nummernschilder ab und befestigen sie an unserem Kombi. Dann ziehen wir alle die Baskenmützen an, nehmen das Baguette auf den Schoß, öffnen die Fenster, lassen die Piaf singen – und haben gewonnen!
Jetzt sind wir nicht nur in Frankreich, jetzt sind wir Franzosen. Die restlichen tausend Kilometer sind ein Spaziergang. No, je ne regrette rien …
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten