Die Wahrheit: Der archlose Noah aus Nordirland

Nein, das Kürzel DUP steht nicht für „dumm und peinlich“. Schaut man sich ihren Vertreter John Carson aus Nordirland an, könnte es aber.

Es gibt in der Democratic Unionist Party (DUP), Nordirlands größter Partei, Idioten und Vollidioten. Und es gibt John Carson. Für den Bezirksverordneten aus Ballymena müsste eine neue Kategorie geschaffen werden.

Er hat einen Schuldigen für die Corona-Pandemie ausgemacht: die britische Regierung. Sie ist „unmoralisch und korrupt“. Bis hierhin könnte man noch annehmen, dass Carson seine Sinne einigermaßen beisammenhat. Doch seine weiteren Ausführungen zerstreuen diese Vermutung: Die Londoner Regierung habe Nordirland das Recht auf Abtreibung und auf gleichgeschlechtliche Ehe aufgezwungen. Als Strafe habe Gott das Virus gesandt: „Als Abtreibung voriges Jahr legalisiert wurde, habe ich gesagt, dass Gott über unsere Nation richten werde, denn wir sind von seinem Weg abgewichen“, so Carson. „Damals hat man mich ausgelacht. Aber sie haben auch Noah ausgelacht, bis es anfing zu regnen.“ Nun ernte man, was man gesät habe.

Der Rest der Welt, der von der Pandemie heimgesucht wurde, ist wohl ein Kollateralschaden. Offenbar hat Gott keine Ahnung von Geografie, und dass Covid-19 nicht nur Schwule, Lesben und Frauen, die abgetrieben haben, dahingerafft hat, spricht auch nicht gerade für ihn.

Als die Rufe nach Carsons Rauswurf aus dem Rathaus immer lauter wurden, erklärte er, dass er falsch interpretiert worden sei. Dabei war seine Äußerung alles andere als unklar. Er lasse sich jedoch niemals von jenen den Mund verbieten, die an Gottes Wort zweifeln.

Aus Paisleys Grab ertönt Gelächter

Offenbar war es jedoch Carson, der Gottes Wort falsch interpretiert hat. Das Nachrichtenportal News Thump hat einen direkten Draht nach oben, und Gott habe sich dafür entschuldigt, dass es auch ein paar andere Orte getroffen habe, heißt es auf der Webseite. Aber das Virus sei keine Strafe für Homosexualität und Abtreibung, sondern dafür, dass Menschen noch immer die Heuchler von der DUP wählen, habe der Herr mitgeteilt.

Das gesamte Wahlprogramm der DUP basiert auf Hass. Neben Homosexuellen und selbstständigen Frauen hasst die Partei auch Katholiken, Atheisten und alle, die zu viel Spaß haben. Aus diesem Grund hatte die DUP früher dafür gesorgt, dass Schaukeln auf Kinderspielplätzen sonntags angekettet wurden, denn das sei der Tag des Herrn.

Die Kneipen durften früher auch nicht sonntags öffnen, und als dieses Verbot fiel, stand Ian Paisley – presbyterianischer Pfaffe, Gründer der DUP und Abgeordneter in London, Belfast und Brüssel – monatelang jeden Sonntag mit einem Schild vor einer Kneipe und verkündete den gottlosen Trinkern, sie würden in der Hölle schmoren.

Der alte Paisley ist längst tot, aber sein Wahlkreis hat einen würdigen Nachfolger gefunden: John Carson. Wegen der derzeitigen Ausgangssperre ist es recht still in Ballymena. Nur aus Paisleys Grab ertönt Gelächter.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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