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Die WahrheitVerpeilte Perspektiven

Kolumne
von Jenni Zylka

Die Jugend von heute lacht zwar viel und gern, ist aber nicht albern. Am meisten gackern Jüngere, wenn sie etwas falsch gemacht haben.

I mmer, wenn ich am Juweliergeschäft an der Ecke vorbeikomme und die Schaufensterwerbung sehe, juckt es mich, unserem Kiez durch einen winzigen Buchstabendreher neue Perspektiven zu eröffnen. Mal schauen, wer dann im Laden verstohlen nach den „Luxushuren“ fragt. Es wundert mich eh, dass die Schweizer Uhrenmarke IWC, die vor Jahren durch eine besondere Kampagne aufgefallen war (Bild von einer Armbanduhr, darüber: „Fast so schön wie eine Frau. Tickt aber richtig.“ Oder: „Männer haben mehr Tiefgang als Frauen. Jetzt bis 2.000 Meter.“), sich dieses misogyne Schmankerl damals hatte entgehen lassen.

Aber die Menschen nehmen ja ohnehin kaum noch Witze mit, die auf der Straße liegen. Seit Wochen hängt in den Flotten der Berliner Verkehrsbetriebe zum Beispiel die Posterwerbung „Fahren und fahren lassen“. Und noch niemand, kein einziger junger Mensch mit Edding, hat bislang das Wort „einen“ vor das zweite „fahren“ geschmiert. Obwohl da genug Platz wäre. So etwas macht mich traurig.

Diese fehlende Bereitschaft zur Albernheit mag sich einerseits dadurch ergeben, dass die Welt momentan so schlimm ist und es keine Aussicht auf Besserung gibt – aber hey, wenn ich schon untergehe, dann ja wohl mit einem blöden Spruch auf den Lippen! Und nicht mit diesen verkniffenen Mundwinkeln, die mir gestern die Kassiererin im Elektroladen zeigte, als ich auf ihre Frage nach meiner Postleitzahl antwortete: „Wieso, wollen Sie mich besuchen?“ Die Kassiererin bekam wahrscheinlich Angst vor der Alten mit der irren Lache, die statistische Kundeninfos mit einem Annäherungsversuch verwechselt.

Total verpeilte Jugend

Andererseits ist es eine Generationenfrage. Jüngere Menschen lachen zwar viel und gern, sind aber nicht albern. Denn die Art des Humors ist relevant: Die Mittzwanzigerinnen, mit denen ich aus beruflichen Gründen viel zu tun habe, gackern am meisten, wenn eine von ihnen etwas falsch macht oder vergessen hat und daraufhin freudestrahlend ausruft: „Typisch ich! Total verpeilt!“ Jedes Mal denke ich dabei heimlich: Na, dann pass doch besser auf, du faules Stück! Aber die Mittzwanziger-Clique kriegt sich vor Kichern nicht mehr ein.

Dabei ist „verpeilt“ eigentlich ein Ausdruck aus meiner Generation, einer, der stark mit der jointinduzierten Albernheit verbunden ist, die ebenfalls keinen Anlass braucht. Diese Jüngeren dagegen finden sich schon „verpeilt“, weil sie den letzten Zumba-Termin vergessen haben oder gerade merken, dass statt Goji- tatsächlich Acai­beeren im Tuppertopf warten.

Um dem Mischmasch Herrin zu werden, habe ich jedenfalls angefangen, Witze zu sammeln, die nicht nur doof und altmodisch, sondern auch noch streng in ihrer Zeit verwurzelt sind, etwa diesen: „Kleinanzeige: Tausche schwer verständliches Buch über Empfängnisverhütung gegen gebrauchten Kinderwagen“. Kleinanzeige! Buch! Empfängnisverhütung nicht verstehen! Ach Gottchen, früher war alles so harmlos.

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7 Kommentare

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  • &!Däh&Zisch - die eine eine Frage - Mailtütenfrisch - zur Feier dieser Taare:

    “ Hatte nicht Harry R. was gesagt zu "ausgelassenen Kalauern"? - “

    In der Tat - sojet - ala bonneure -



    Nix is dem Flaneur - zu schwör!



    &



    Liggers. Sagt als alter Pointilist:



    “Komm Jung - teil mal deinen Mist!“



    & Däh - für diese fein kluge Rarität -



    Isses - & auch hück - Nie&Nie - Zu spät!

    Wohl an! Na dann:



    “ „Eines Tages wird man sich für jeden Kalauer, den man ausgelassen hat, verantworten müssen.“ Der Penner aus der Lindenstraße hat das mal gesagt. Natürlich nicht in dieser nicht totzukriegenden Sonntagabendserie, wo er eben den liebenswürdigen Tippelbruder mimte, sondern im „echten Leben“, in dem er zwar zuweilen mit einem Clochard verwechselt wurde, aber vor allem in ganz anderen Rollen glänzte: als famoser Erzähler, kongenialer Übersetzer und hammermäßiger Rezitator, der mal eben so ganz lässig die prall gefüllte Kesselhalle des Bremer Schlachthofs in eine Ein-Mann-Arena verwandelt.…“



    Zitat “ Genialer Bart mit Witz“ in der Tat



    jenslaloire.com/20...ler-bart-mit-witz/

    Ende des Vorstehenden



    (um einen seiner Lieblingsautoren -



    Schamlos - euch dranjebe - beie Ohren.)

    • 0G
      05158 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Kanje'schna!

      Diese Bonmots extra für sie:

      ..."Auf eine Anfrage der Grünen, für sie Wahlkampfwerbung zu machen, antwortete er 2005: „Lieber hänge ich tot über einem Zaun im Kosovo, als daß ich auch nur eine Sekunde lang die Grünen unterstütze.“ ...

      ..." Anfrage des SWR: „Mir ist plötzlich klar geworden, daß ich eigentlich gar keine Lust habe, am 6. Mai früh aufzustehen, um mir die immer gleichen Fragen stellen zu lassen.“ Oder an die Redaktion „Season“: „Danke für die Anfrage. Ich habe m. W. noch nie eine Frauenbiographie gelesen. Nicht mal eine geschrieben.“.."

      .."Sprachliche Nachlässigkeit ging ihm gehörig gegen den Strich, vor allem, wenn man seine Ahnungslosigkeit auch noch wie eine Monstranz vor sich her trug. Darüber erzählt er in einem Brief an seinen Verleger Peter Haag, und sofort entsteht eine witzige Anekdote: „Wenn heute jemand was will, bringe ich ihn um, habe ich gesagt, und dann war es Frau Dingsbums von dpa, die sagte: ,... und denn können Sie mir ja zumindestens sagen ...’, und ich sagte: Entweder mindestens oder zumindest; zumindestens gibt es nicht, und fortfuhr: ,Wenn Sie mir trotz meines Sprachfehlers ...’, und ich hätte fast gesagt: Trotz regiert den Dativ, und ein Sprachfehler ist, wenn man lispelt, aber sie kam dann zur Sache: ,Also Sie wohnen schon ganz lange in Eppendorf.’ Ja. ,Und sind verheiratet.’ Ja. ,Und was machen Sie so beruflich?’ Und dann, aber auch erst dann, habe ich gebrüllt.“...."

      Dieses" aber auch erst dann.." unterscheidet die Könner von uns Normalsterblichen....



      ;-)

      • @05158 (Profil gelöscht):

        🥳 & Eh ich heiter - plünder meine Bücherwand - ganz ungenant & heiter:



        🙏

  • Sach mal so.

    “…Aber die Menschen nehmen ja ohnehin kaum noch Witze mit, die auf der Straße liegen. Seit Wochen hängt in den Flotten der Berliner Verkehrsbetriebe zum Beispiel die Posterwerbung „Fahren und fahren lassen“. Und noch niemand, kein einziger junger Mensch mit Edding, hat bislang das Wort „einen“ vor das zweite „fahren“ geschmiert. Obwohl da genug Platz wäre. So etwas macht mich traurig.“

    Ach was! Die ham halt Phantasie - reicht. Newahr.



    Normal Schonn. ( ohne …“die“ reicht!)

    Mit der altfränkisch selbstvergessenen Subalternität geht’s so weiter:



    “ „Typisch ich! Total verpeilt!“ Jedes Mal denke ich dabei heimlich: Na, dann pass doch besser auf, du faules Stück! Aber die Mittzwanziger-Clique kriegt sich vor Kichern nicht mehr ein.“

    Zu recht. Denn - “Aber Kinder, warum lacht ihr denn so?“



    “Ach Tantchen - wir lachen ja nur - weil wir so viel lachen müssen.“



    Wußte Ende der 20er schon zu Backfischen - der großartige Guido Ritter von Finetti.*

    Aber solches all. Habens ja scheint’s schon vergessen.



    Wobei ich’s ehna überlasse - daß ehna sicherlich unverzichtbare. Gelle.



    “…selbstvergessen…“ - oder elegantschmaler “selbst“ - Newahr.



    Genau Genau - sich mal selbst einzusetzen.



    &



    Gern auch mit nem - Edding. Gellewelle.



    Damit'se nich schonewieder sich selbst traurig machen - wa.

    kurz - Fahren und fahren lassen.



    Paschd schonn. Reicht. Normal.

    unterm—-* …servíce



    “Finetti ist der kapriziöse Zeichner von Menschen und -



    wird selbst ehna gefallen - von Pferden…“



    home.foni.net/~ade...simplicissimus.htm



    &



    www.idf.uni-heidel...us-Werbeseiten.pdf



    &



    link.springer.com/...76-03601-8%2F1.pdf



    & er selbst - Däh!



    de.wikipedia.org/wiki/Nekrolog_1955



    5. August Finetti “…deutscher Gebrauchsgrafiker“

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Die Worte altmodisch, doof und streng in ihrer Zeit verwurzel, lassen sich weit,sehr weit zurückverfolgen:

    ..."Johann Wolfgang von Goethe befand sich in vornehmer Gesellschaft und wurde vom Sohn der Gastgeber wie folgt angesprochen:



    "Hochverehrter Herr Geheimrat, auch wenn Sie Deutschlands Dichterfürst sind, möchte ich Ihnen dennoch die Wette anbieten, dass ich Ihnen zwei Wörter sagen kann, aus denen selbst Sie keinen Reim machen können."

    Goethe antwortete:



    "Junger Mann, ich nehme diese Wette gerne an, nennen Sie mir die zwei Wörter."

    Der junge Mann antwortete:



    "Die zwei Wörter sind HAUSTÜRKLINGEL und MÄDCHENBUSEN."

    Nachdem Goethe sich einige Minuten zurückgezogen hatte, lieferte er als Beweis dafür, dass er tatsächlich Deutschlands Dichterfürst sei, das folgende Gedicht: Die Haustürklingel an der Wand, der Mädchenbusen in der Hand sind beides Dinge wohlverwandt.

    Denn, wenn man beide leis" berührt, man innen drinnen deutlich spürt, dass unten draußen einer steht, der sehnsuchtsvoll nach Einlass fleht...."

    • @05158 (Profil gelöscht):

      Danke. Lange nicht mehr selbst gehört.



      Auch wenn’s bis dato - nicht in echt selbst gestört.



      &



      F. K. Waechter dem alten Ferkel 🐷



      Fiel dazu - ohn Edding - selbst dieses ein:



      images.app.goo.gl/CphFUse8U6qfGNns9



      Aber - Typisch ich: - Guckte wieder kein ein sein Schwein!



      & Fein -



      Das - “Toll - was!“

      • @Lowandorder:

        &! - hier der Edding 🖊 - für selbst ein - e - Streichen & - “ “ selbst einfügen.

        Dank im Voraus.