Die Wahrheit: Die Burda-Puppe
Wer sich die Verleihung der Bambis im Fernsehen angeguckt hat, weiß, warum Deutschland als Nordkorea des Entertainments gilt.
G ott segne Amerika! Zumindest was die großen Award-Shows betrifft. Solche Veranstaltungen sind zwar grundsätzlich eklig, aber weil sie das wissen, lassen die Amis sie gern von intelligenten Komikern wie Jon Stewart oder Ellen DeGeneres moderieren. So wird die schmierkäsige Atmosphäre wenigstens durch ein bisschen Selbstironie aufgeflufft.
Bei den Golden Globes traut man sich 2020 sogar schon zum fünften Mal, Ricky Gervais ein Hochamt der raffinierten Beleidigung zelebrieren zu lassen. Bereits bei der Begrüßung lassen die anwesenden Stars sich von ihm widerspruchslos als „ekliger, pillensüchtiger, sexuell perverser Abschaum“ bezeichnen, weil sie wissen, dass Gervais in diesem Moment noch höflich ist. Und dass er recht hat.
Schaut man sich aber zum Beispiel die diesjährige Bambi-Verleihung an, weiß man, warum Deutschland als das Nordkorea des Entertainments gilt. Wie so oft versucht man, die USA zu kopieren, fängt dabei auch gar nicht so schlecht an – mit Sarah Connor, die etwas Glamour einbringt und gekonnt einen netten Pro-Gay-Song gospelt. Und ab da wird es unterirdisch.
Der schreckliche Höhepunkt der tantigen Show des Burda-Verlags sieht folgendermaßen aus: In der Kategorie „Millennium“(?) bekommt „Europa“(??) den Bambi. Da der Kontinent selbst grad nicht kann, wird der Preis von Ursula von der Leyen nach einer salbadernden Rede an Erasmus-Studierende vergeben. So weit, so öde.
Wirklich teuflisch aber ist die Showeinlage. Ein Fernsehballet tanzt die Entstehung der Europäischen Union, beginnend mit dem Zweiten Weltkrieg. Zu einer Leni-Riefenstahl-artigen Lichtdom-Show, schwarz-weißen Doku-Bomber-Bildern und einem Discobeat wird marschierend und hüfteschwingend Krieg performed: dynamisch, sexy, emotional. Man möchte glatt dabei gewesen sein! Und man fragt sich, was machen diese geschmacklosen Irren im nächsten Jahr: Auschwitz durchchoreografieren?
In diesem Zusammenhang wirkt auch die Verleihung des „Mut“-Bambis an Nadia Murad höchst ambivalent. So richtig es ist, den Völkermord an den Jesiden vor einem Massenpublikum zu thematisieren, so voyeuristisch wirkt der Einspieler mit der üblichen Reklame-off-Stimme bei diesem Thema.
Das für mich einzig Versöhnliche an diesem Abend ist das immer wieder eingeblendete Verleger-Ehepaar Maria Furtwängler, auch bekannt als Kommissarin Lindholm, und Dr. Hubert Burda. Burdas Gesicht zeigt während der Show keinerlei Mimik – in etwa so wie Furtwängler als Schauspielerin –, und sein Körper bewegt sich keinen Millimeter.
Man hat den Verdacht, dass der Verleger wohlweislich irgendwo anders einer unterhaltsameren Veranstaltung beiwohnt und man stattdessen ein Statler- oder Waldorf-Muppet neben Furtwängler gesetzt hat. Ohne ihr zu zeigen, wie man die Klappmaul-Puppe spielt. Und man versteht, die beiden sind wirklich Soulmates.
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