Die Wahrheit: Der Golfer aus Fleischabfally

Mit Shane Lowry gewann ein Ire die British Open, das älteste Golfturnier der Welt. Das musste auf der Grünen Insel ausgiebig gefeiert werden.

Die Iren haben bei großen Sportereignissen meist wenig zu lachen. Umso ausgiebiger feiern sie, wenn es einer von ihnen doch mal schafft, einen wichtigen Wettkampf zu gewinnen. Shane Lowry gewann vor acht Tagen überraschend die British Open, das älteste Golfturnier der Welt, das zum ersten Mal seit 1951 wieder in Nordirland ausgetragen wurde.

Der 32-Jährige stammt aus Clara, einer Moorlandschaft in der Grafschaft Offaly, um die man wegen der unberechenbaren Autofahrer besser einen Bogen macht. Auf Irisch heißt die Grafschaft Uíbh Fhailí nach dem früheren Herrscher Ó Conchobhair Failghe. Die Engländer verballhornten den Namen zu Offaly, also „Fleischabfally“, nachdem die Iren den Kolonial­namen der Grafschaft, King’s County, abgelegt hatten.

Diesmal wollten aber alle nach Offaly, um mit den Einheimischen zu feiern. „Das ist wieder ein riesiges Ereignis für Offaly“, sagte der Grundschullehrer Jimmy Duggan. So wie damals im Jahr 1964, als der Traktor von Liam Boyle mit einem russischen Brennerei-Lastwagen zusammengestoßen war und die gesamte Grafschaft mit Wodka überschwemmt wurde.

Die Medien zerrten jeden vor das Mikrofon, der mit Lowry irgendwie verwandt ist. Und das ist wegen jahrhundertelanger Inzucht ganz Offaly. Eine Frau aus dem Nachbarort Ballycomber hatte Lowry als einzige Bewohnerin Irlands nicht gratuliert und wurde vom Minister für Feierlichkeiten, Paddy O’Looney, aufgefordert, das sofort nachzuholen. Selbst der englische Trumpklon Boris Johnson konnte die Stimmung nicht vermiesen, als er fragte: „Wieso heißt der Typ eigentlich nicht Murphy wie der Rest von denen?“

Lowry hat seit seinem Sieg die Trophäe, den Claret Jug, nicht mehr aus den Händen gegeben – außer für zwei Minuten, in denen seine Oma die potthässliche Rotweinkanne halten durfte. Sie hatte nach Lowrys Sieg zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt zwei Gläser Brandy getrunken und wäre daran fast gestorben, erzählte sie.

Selbst als Lowry in seiner Stammkneipe in Clara das Lied „My Little Honda 50“ sang, hielt er den Krug, der inzwischen „Clara Jug“ heißt, fest umklammert. Dieses Lied hat eine besondere Bedeutung für Offaly: „Oh, my little Honda 50, she’s rapid and she’s nifty.“ Professor Robin Harte von der genealogischen Gesellschaft in Dublin sagte: „Die Honda 50 war die größte Bereicherung für unseren Genpool seit den Wikingern.“

Das erste Moped dieses Typs ist im Jahr 1958 in Irland angekommen. Fortan waren die jungen Landeier mobil und mussten nicht mehr die Cousine oder die Schwester heiraten, wie es Zeus mit seiner Schwester Hera getan hat. Deren Nachfahren betreiben in Offaly übrigens das Studio „Zeus Graphic Design“.

Der Sieg der British Open hat sich für Lowry auch finanziell ausgezahlt. Vorigen Donnerstag zog er den ersten lukrativen Auftrag seiner Karriere an Land: Er soll in Clara einen Minigolfplatz entwerfen.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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