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Die WahrheitKein Pākehā-Schwein

Anke Richter
Kolumne
von Anke Richter

Neues aus Neuseeland: Im neuen Computerspiel „Red Dead Redemption II“ ist ein geschichtsträchtiges Maori-Wort verboten .

D u hast Lust auf eine Runde Computer­ballerei, loggst dich in das neue Western-Spiel „Red Dead Redemption II“ ein und taufst dein virtuelles Pferd, um loszugaloppieren. Brrr, halt! Komm nicht auf die Idee, nur weil du aus Neuseeland bist, den Gaul „Pākehā Fury“ zu nennen. „Māori-Mähre“ ist okay. Aber Pākehā – der Māori-Ausdruck für alle hellhäutigen Kiwis, die nicht Māori sind – ist ein indiziertes Wort. Dann darfst du nicht reiten.

„Red Dead Redemption II“, das vor drei Wochen gelauncht wurde, ist ein Renner und hat in Neuseeland bereits eine Milliarde Dollar eingespielt. Es wird von der amerikanischen Firma Rockstar produziert, die das legendäre „Grand Theft Auto“ erfand. Wie kommt ein Wort aus dem indigenen Sprachschatz eines der kleinsten Länder der Welt auf die Liste der 404 bösen Begriffe, die in dem Spiel nicht verwendet werden dürfen?

„Pākehā“ taucht zwischen Kraftwörtern auf, bei dem einen die Ohren schlackern. Vielleicht heißt es ja nichtmaorisch etwas Abscheuliches, zum Beispiel „Hämorrhoiden“ auf Indisch? So wie „Fixer“ oder „Puff“ auf Deutsch auch nicht das gleiche wie auf Englisch bedeuten? Aber nein. Pākehā ist rassistisch. So wie das N-Wort, das man im Wilden Westen heute ebenfalls vermeidet.

Bei „Nigger“ ist das klar. Beim Pākehā wird es komplizierter. Kommst du als Bleichgesicht in die Anden, bist du ein Gringo. In Kenia ein Mzungu. In Thailand bist du ein Farang und auf Samoa der Palagi. Sie alle bedeuten „weißhäutiger Ausländer“, wobei sich die Etymologen über den Ursprung von Pākehā streiten: „Langes weißes Schwein“ (für die Menschenfresser?) oder die Kombination aus „pa“ (Dorf) und „keha“ (Fliege)?

Schmeichelhafter und angeblich überliefert ist es als Verkürzung von „pakehakeha“, was in etwa „weiße Elfe“ bedeutet. Auf die Māori-Krieger müssen die ersten Ankömmlinge aus Europa im 18. Jahrhundert wie Geister gewirkt haben. So oder so, es stand für „Fremder“. Daran stören sich Kiwis, die oder deren Vorfahren im Land geboren wurden, auch wenn Pākehā 250 Jahre überall verwendet wurde. Es ist so wenig abwertend wie auf Deutsch das einst so verpönte „schwul“.

Te Reo, so heißt die Māori-Sprache, haben sich die Ureinwohner erst in den letzten Jahrzehnten hart zurückerkämpft. Dass sie ins Alltagsenglisch einfließt, ist eine Errungenschaft – auch wenn in den achtziger Jahren der Männer-Club Jaycees die Abschaffung des angeblichen Schimpfwortes forderte. Im Jahr 1996 fügte das Statistikamt „NZ European or Pākehā“ in die Volksbefragung ein, was zu einem Aufschrei führte. Im Jahr 2001 nahm es den Begriff wieder heraus.

„Warum einige Pākehā nicht Pākehā genannt werden wollen“, warf der beharrlich bikulturelle Kolumnist Joel Maxwell in die Debatte ein, „ist, weil sie Rassisten sind.“ Nach dem Shitstorm, den sein Kommentar auslöste, schlug er einen Kompromiss mit europäischem Anklang vor: „PākeHāns“.

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Anke Richter
Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).
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