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Die WahrheitOma Schmidt

Ralf Sotscheck
Kolumne
von Ralf Sotscheck

Die Georgien-Woche der Wahrheit: Wie die Beatles zum Apfel der Erkenntnis kamen und was das alles mit einer patenten rüstigen Frau zu tun hatte.

G ranny Smith ist tot. Wie das gewöhnlich gut unterrichtete Nachrichtenportal Waterford Whispers berichtete, starb die Apfel-Milliardärin bereits im August im Alter von 91 Jahren. Ihr richtiger Name war Georgia Smith. Sie stammte, wie ihr Vorname belegt, aus Georgien, dem „Land der buschigen Augenbrauen“.

Smith erfand den berühmten Apfel bereits 1960. Sie war im Alter von 33 Jahren Großmutter geworden und taufte das Obst deshalb „Granny Smith“. Bei Wikipedia heißt es zwar, der Apfel sei 1868 von der Australierin Maria Ann Smith entdeckt worden, aber diese von der CIA verbreitete Falschinformation stammt aus Zeiten des Kalten Krieges, als Georgien zur Sowjetunion gehörte. Man befürchtete, die Sowjets würden Granny Smith als Beweis für die Überlegenheit des Kommunismus missbrauchen.

Aus demselben Grund schrieb man das Zitat „Selbst wenn ich wüsste, dass morgen die Welt zugrunde geht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen“ Martin Luther zu, obwohl es von Georgia Smith stammte. Auf sie geht auch das Sprichwort „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ zurück. Sie äußerte diesen Satz, als sie die Obstplantage 1950 von ihrem Vater erbte.

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Den Grundstein für ihr Vermögen legte sie 1968. Die Beatles hatten damals ihren Song „Back in the U.S.S.R.“ veröffentlicht. Darin kam die Zeile „Georgia’s always on my mind“ vor. Smith schickte Paul McCartney daraufhin eine Kiste ihrer Äpfel, und die Beatles dankten es ihr, indem sie den Granny-Smith-Apfel als Logo für ihr Plattenlabel Apple Records übernahmen und die Georgierin an den Tantiemen beteiligten. Auf der Aufnahme des Liedes trommelt übrigens nicht Ringo Starr, der wegen eines Streits um einen Apfel das Studio verlassen hatte, sondern Paul McCartney.

Georgien produziert rund 65.000 Tonnen Äpfel im Jahr. Auf Georgisch heißen sie Waschli. In Tiflis gibt es in­zwischen sechs Apple Stores, und die Lieder der georgischen Sängerin Katie Melua kann man bei Apple Music kaufen. Melua kam 1984 in Tiflis auf die Welt. Als sie neun Jahre alt war, ­wanderten ihre Eltern mit ihr in die nordirische Hauptstadt Belfast aus. Dort bekam sie zum ersten Mal ein eigenes Bett.

In Tiflis musste sie sich das Bett mit ihren Eltern teilen. „Opa wohnte auf dem Dachboden, und Oma schlief in der Küche auf einer Klappcouch“, erinnert sie sich. Obwohl sie nun in London lebt und einen britischen Pass besitzt, ist sie immer noch stolz auf Georgia Smith. Mit ihrem Lied „There’s Gold in them Hills“ hat sie der Apfelkönigin ein Denkmal gesetzt, denn mit dem Gold sind die in der geor­gischen Sonne golden schimmernden Äpfel auf den Hügeln südlich der Hauptstadt Tiflis gemeint.

Georgia Smiths letzte Worte sollen übrigens gewesen sein: „Bei einem Wirte wundermild / da war ich jüngst zu Gaste / Ein gold’ner Apfel war sein Schild / an einem langen Aste.“

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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