Die Wahrheit: Deine Nacktheit wird enthüllt
Wie sein Vater, das alte Protestanten-Schlachtschiff Ian Paisley, gibt auch der Sohn den korrupten Politiker – nur noch eine Spur miserabler …
H auptsache, es bleibt in der Familie. Nach diesem Prinzip ist der vor vier Jahren gestorbene nordirische Presbyterianerpfarrer und Gründer der Democratic Unionist Party (DUP) Ian Paisley zeit seines Lebens verfahren, und so hält es auch der gleichnamige Sohn. Der Alte, der zum Ende seiner Karriere Nordirlands Premierminister war, ging allerdings gewitzter vor als sein einfältiger Sohn, der bei seinen krummen Touren meistens ertappt wird.
Der neueste Skandal brachte ihm eine Petition für den Rausschmiss aus dem Londoner Unterhaus ein, wo die DUP die Tory-Minderheitsregierung unterstützt. Paisley hatte zwei Luxusreisen mit seiner Großfamilie nach Sri Lanka, die von der dortigen Regierung bezahlt worden waren, nicht dem parlamentarischen Kontrollausschuss gemeldet. Schuld waren freilich seine Büroangestellten, die das vergessen hatten, sagt er.
Zehn Prozent der Stimmberechtigten seines Wahlkreises, also rund 7.500 Menschen, hätten die Petition unterschreiben müssen. Sein Gott habe ihm bereits vergeben, sagte Paisley, und nun sollten die Wähler das gefälligst auch tun. „Obwohl du böse mit mir warst, ist dein Ärger verflogen, und du hast mich getröstet“, zitierte er die Bibel. Der Komiker Jake O’Kane konterte mit einem anderen Bibelzitat: „Deine Nacktheit wird enthüllt, und deine Schande bloßgelegt.“
Aber in seinem Wahlkreis ist man loyal. Vorigen Donnerstag begann um Mitternacht die Auszählung der Stimmen. Nur 7.100 Stimmberechtigte hatten die Petition unterschrieben. Paisley dankte den anderen für ihre „unerschütterliche Unterstützung – hallelujah“. Aber ganz ungeschoren kam er nicht davon, der Kontrollausschuss suspendierte ihn für dreißig Tage vom Unterhaus.
Strafen ist er gewohnt: Im Jahr 2008 musste er wegen undurchsichtiger Deals mit einem Bauunternehmer von seinem Posten als Staatssekretär im Belfaster Regionalparlament zurücktreten.
Die Regierung von Sri Lanka hatte ihn nicht eingeladen, weil er so ein netter Kerl ist. Sie erwartete eine Gegenleistung, und Paisley lieferte. Er drängte den damaligen britischen Premierminister David Cameron, eine Untersuchung der UN-Menschenrechtskommission gegen die Regierung von Sri Lanka wegen der Ermordung Zigtausender Zivilisten zu verhindern. Wegen seiner vielen Reisen ließ sich Paisley in jenem Jahr kaum im Londoner Unterhaus blicken, reichte aber die höchste Spesenabrechnung aller Abgeordneten ein – fast eine Viertelmillion Pfund.
Vor kurzem holte er die Brexit-Hardliner Nigel Farage, Boris Johnson und Michael Gove für eine Charity-Veranstaltung in seinen Wahlkreis. Begünstigter der Wohltätigkeit war Paisley selbst. Jetzt untersucht eine Kommission, warum der Gemeinderat 1.500 Pfund für die Tischreservierung der Herrschaften bezahlt hat. Paisley senior rotiert derweil im Grab. Mit solch lächerlichen Summen hätte er sich nie abgegeben.
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