Die Wahrheit: Maden muss man mögen
Das Essen der Zukunft: lecker Happahappa mit Kriech- und Krabbelfaktor nicht nur für unsere Jüngsten, nein, auch für Erwachsene!
Wenn die Insekten sterben, sterben auch die Maden, sagte ein alter Entomologe einmal. Doch was wäre am Madensterben eigentlich so schlimm? Direkt vermissen würden die Maden wohl die wenigsten.
Dabei gelten die Maden als Nahrung der Zukunft: „Maden für Milliarden“, prophezeite neulich der Tagesspiegel. Er sieht „Fliegen zum Frühstück, Maden zu Mittag“ auf uns zufliegen und -kriechen. „Ameisen am Abend“, möchte man alliterierend ergänzen. Die gab es nämlich im Gourmetrestaurant Noma in Dänemark. „Durchaus eine lustige Sache, wenn die Ameisen noch lebend über den Teller krabbelten und dann beim Zubeißen tatsächlich nach Orange schmeckten“, berichtet der Ferienhauskatalog „danssommer“.
Doch möchte der Mensch überhaupt lustige Insekten und bleiche Maden auf dem Teller haben? Insekten steht er doch eher reserviert gegenüber, sie stechen und saugen, summen und stören notorisch. Sie kribbeln und krabbeln, züchten klebrige Blattläuse und ihr Treiben ist ethisch fragwürdig: Ameisen versklaven andere Ameisenvölker, skrupellose Schlupfwespen legen ihre Eier in lebende Raupen und Bücherkäfer und Bücherläuse zerschroten unsere Literatur!
Bohrende Konsorten
Wenn ausgewachsene Insekten schon einen schlechten Ruf haben („Du kriegst die Motten!“), ist es um die Akzeptanz ihrer Maden ganz schlecht bestellt. „Da steckt der Wurm drin“, könnte man es salopp formulieren. Denn mit diesem Wurm ist nicht der gemeine Regenwurm gemeint, sondern die Made des Apfelwicklers, des Apfelfruchtstechers und ihrer bohrenden Konsorten.
Ausgewachsene Insekten wie knusprige Heuschrecken kann sich der Mensch als Imbiss noch vorstellen, aber marinierte Maden? So wurde im 19. Jahrhundert noch gern eine kräftige Maikäfersuppe serviert, von den bleichen Engerlingen ließ man aber tunlichst die Finger.
Der unbeschwerte Tropenbewohner ist da nicht so, er isst die Raupen des Rüsselkäfers, die Sagowürmer, und der Mexikaner gibt sogar Mottenmaden in seinen geliebten Mescal. Und die Aborigines Australiens kochen sich fette Wichetty-Maden, die wie Spiegelei schmecken sollen.
Seltsamerweise vergisst der verwöhnte Europäer sämtliche Ekelgefühle gegenüber Maden und Gewürm, wenn diese aus Nudelteig geformt sind und Spagetti und Makkaroni heißen. Dazu verzehrt er klaglos Kartoffelschnitze, die aussehen wie bleiche gesottene Maden. Er nennt sie Pommes Frites oder Chips und verzehrt sie mit Behagen. Auch der Umstand, dass weibliche Jungs liebevoll Mädchen genannt werden, weist darauf hin, dass der Madenekel sekundär ist und eine verschüttete Zuneigung verbirgt.
Diese gilt es zu fördern. Die Grünen fordern deshalb konsequent, dass beim Schulessen einmal die Woche vegane Maden angeboten werden sollten. Zusammen mit verdicktem Blutimitat (Ketchup) genossen, werden unsere Jüngsten bald den unsinnigen Madenekel ablegen. Dann tragen sie dazu bei, dass Maden wieder ihren guten Ruf als Nahrungsquelle zurückgewinnen und die Ernährung der Zukunft gesichert wird!
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