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Die WahrheitReich und schön

Uli Hannemann
Kolumne
von Uli Hannemann

Womöglich sind Reiche doch die besseren Menschen. Mitunter schieben sie jedenfalls die Armen an. Nur das Auto will partout nicht anspringen.

I ch habe nachgedacht. Lange. Also für meine Verhältnisse habe ich ziemlich lange nachgedacht, bestimmt volle drei Minuten: Womöglich sind Reiche doch die besseren Menschen. Für mich wäre das eine katastrophale Erkenntnis, weil sie mich meiner moralischen Überlegenheit beraubte, die sich einzig aus der Tatsache speist, dass ich nichts habe und sie haben alles.

Mein Verdienst ist also, dass ich nichts verdiene. Und bislang sah ich es so: Ich darbte, während die Reichen systemunterstützt mich und meinesgleichen bestahlen. Reiche – das Vorurteil teilte ich mit vielen anderen Menschen – waren rücksichtslose Raffzähne. Ab und zu spendete zwar mal einer seine Kohle an die Wohlfahrt, aber das war auch nur eine weitere perfide Spielart seiner asozialen Ego-Show.

Ein Tag am Kremmener See in Brandenburg aber ändert alles. Neben einem auf Hochzeiten spezialisierten Luxushotel liegt ein gepflegter öffentlicher Gemeindestrand. Ich liege also inmitten einer Robbenkolonie phänotypisch etwas grobkörnig gestalteter Einheimischer, während auf der Wiese hinter uns eine Hochzeitszeremonie stattfindet. Schöne, junge, wohlsituierte Großstadtmenschen, geschmackvoll gekleidet und mit fein geschnittenen Gesichts- und Anzügen – ein frappierender Kontrast.

Irgendwann bin ich durchgegart und will nach Hause. Auf dem Parkplatz suche ich zwischen den Limousinen der Hochzeitsgäste mit Kennzeichen von Baden-Baden über Koblenz bis München unseren ollen Kleinwagen. Der dann nicht anspringt. Ich Idi habe das Licht angelassen!

Ein Paar – er im schwarzen Anzug, sie im apricotfarbenen Sommerkleid – erklärt sich ohne Zögern bereit, mich anzuschieben. Ich will das Angebot wegen ihrer teuren Klamotten fast schon ablehnen, aber sie bestehen darauf. Der Edelmann muss dabei auch noch aufpassen, dass er mir mit seinen Lackschuhen nicht auf die Füße tritt. Denn im Sommer fahre ich meistens barfuß, auch um meine alten Treter für den Winter zu schonen. Und ich muss zugeben: Die beiden wirken tiefenentspannt.

Sollte es gerade ihr Reichtum sein, der sie so locker macht? Also locker statt gierig und gemein? Das wäre ja ein Hammer. Mag sein, dass sie mit ihrem überreichen Lohn den Armen das Wasser abgraben, aber dafür schlagen sie es im nächsten Moment auch wieder ganz entspannt in jeden Bettlerhut ab.

Leider ist die Batterie offenbar so leer, dass das Anschieben nicht mehr fruchtet. Aber mir kommt noch so ein unerhörter Gedanke für meine an unerhörten Gedanken eh bereits so reiche Gedankenwelt: Vielleicht wäre die Welt ja sogar besser, wenn wir alle reich wären. Geld bettet weich, und so ein Urlaub auf den Malediven täte bestimmt jedem mal ganz gut. Außerdem muss man einfach mal feststellen: Das Konzept Armut hat sich doch letztlich nie so richtig durchgesetzt. Vielmehr führt es ständig zu sozialem Unfrieden. Lasst uns reich und lässig sein, dann geht in Zukunft alles wie von selbst.

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Uli Hannemann
Seit 2001 freier Schreibmann für verschiedene Ressorts. Mitglied der Berliner Lesebühne "LSD - Liebe statt Drogen" und Autor zahlreicher Bücher.
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1 Kommentar

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  • May be!

     

    But - kleiner Tipp so nebenbei!

    Genau - Genau vom Strand aus Norderney!

    “No Shoes No Shirt No Service” - In echt kein Schmus

    ”Denn im Sommer fahre ich meistens barfuß,“

    Dess. Dess -,Heißt beim Crash - wg zu viel Schwung!

    Arschkarte - ”No Versicherung.“