Die Wahrheit: Europas Sieg

Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit. Heute darf sich die Leserschaft an einem Poem über einen uralten Kampf erfreuen.

Foto: Reuters

Der Stier steht still, den Kopf gesenkt,

Europa will ihn nicht geschenkt.

Die Geilheit schmatzt aus ihm hervor,

Europa kratzt sich hinterm Ohr.

Die Bestie stampft wie wilder Tod,

Europa mampft ein Butterbrot.

Schon drängt und springt das dunkle Tier,

Europa trinkt erst mal ein Bier.

Von Lust gequält, stürmt es mit Wucht,

Europa schält sich eine Frucht.

Gleich rast der Stier in sie hinein –

da spricht sie: „Tier, das lässt du sein!“,

und tippt sich lächelnd an die Stirn,

dem Rind stockt hechelnd das Gehirn.

Es bremst und steht kuhäugig da,

Europa geht ihm sanft durchs Haar:

„Was soll denn, Tierchen, diese Qual?

Viel lieber, Stierchen, trag mich mal

zum Ausgang aus der selbstverschul-

deten Unmündigkeit, Black Bull!“

Gleich sitzt sie auf und sagt: „Hühott!“.

Los geht der Lauf in leichtem Trott

in helles Licht. Das Dunkel flieht.

Der Stier weiß nicht, wie ihm geschieht.

Ganz seltsam ist ihm, blümerant,

Europa küsst ihm den Verstand.

Wie abgeschnitten ist die Brunft.

Er wird beritten von Vernunft.

Moral:

Das Tier versteht dies Wunder nicht.

Kultur entsteht durch Triebverzicht.

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kari

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