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Die WahrheitIrische Bratverbotszone

Kolumne
von Ralf Sotscheck

Clownsfilialen und fetttriefende Hühnerbräter: Die grüne Insel kommt in diesen weltbewegten Tagen aus ganz anderen Gründen nicht zur Ruhe.

B estimmte Gewerbe siedeln sich dort an, wo sie die Kundschaft vermuten. In der Nähe von Krankenhäusern findet man stets Apotheken und Begräbnisinstitute, neben Friedhöfen bieten Blumenhändler ihre Ware an, in Bahnhofsvierteln gibt es Bordelle, und in Arbeitervierteln bemühen sich die Buchmacher um Zocker.

Schnellfutter-Etablissements suchen hingegen die Nähe von Kindern. Früher haben die Eltern Pausenbrote geschmiert, heutzutage holen sich die Kids lieber einen Doppelwoppelwürger von McGrease. Im irischen Greystones südlich von Dublin hatten die Fleischbrötchenmonteure einen idealen Standort ausgemacht.

Dort liegen drei Schulen mit 1.800 potenziellen Kunden direkt nebeneinander. McDonald’s wollte genau gegenüber ein Drive-in-Restaurant eröffnen – vermutlich mit Fahrradspur, denn Grundschüler dürfen auch in Irland nicht Auto fahren.

Die Grafschaftsverwaltung gab 2014 grünes Licht für den Bau der Futterdurchfahrt. Als McDonald’s in freudiger Erwartung des Kundenansturms ein Jahr später einen neuen Plan mit einem noch größeren Laden einreichte, wurde auch der trotz Protesten besorgter Eltern genehmigt. Offenbar halten die ihre Kinder für so labil, dass sie beim Anblick des Grusel-Clowns Ronald sofort eine weiche Birne kriegen und wie Schafe ins Etablissement strömen.

Dass dennoch nichts aus der Clownsfiliale wurde, lag aber nicht an den Protesten, sondern an den Ernährungsspezialisten von Lidl. Die rückten das Baugrundstück nicht heraus, weil sie ihren Laden „kindgerecht“ erweitern wollen.

Die Elterninitiative „No fry Zone 4 Kids“ gab sich damit aber nicht zufrieden. Sie wollte, dass eine 400-Meter-Sperrzone im Entwicklungsplan der Grafschaft festgeschrieben wird, damit Ronald und Konsorten ein für alle Mal verbannt sind. Wenn Eltern das Wort „for“ durch die Zahl 4 ersetzen, gehören sie eigentlich übers Knie gelegt. Stattdessen segnete der Grafschaftsrat die Sperrzone vorigen Montag ab.

Der 4sitzende Philip Moyles sagte, das werde die Fettleibigkeit irischer Kinder drastisch reduzieren. Weil sie in der kurzen Pause nun fast einen Kilometer joggen müssen, um an den Käsedoppelwürger und wieder zurück zu kommen? Da bietet sich eine Langzeitstudie an: In Greystones gibt es noch eine andere große Schule. Dort ist die McDonald’s-Filiale nur dreißig Meter entfernt.

Die US-Kette Kentucky Fried Chicken hatte vehement für eine Ausnahme von der Sperrzone gekämpft, weil sie Kindern angeblich eine „große Bandbreite an Mahlzeiten für eine ausgewogene Ernährung“ anbiete. Dreiste Lüge! Ich war einmal versehentlich in einer Dubliner Filiale. Es war die kulinarische Höchststrafe.

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Unser Tisch lag zwar nicht in der Nähe der Toilette, aber es roch so. Das Huhn triefte vor Fett, die Pommes waren kalt und gummiartig. Wasser gab es nicht, Milch auch nicht. Womöglich wäre das zu ausgewogen. Für die Hühnerbräter sollte man die Sperrzone auf 400 Kilometer ausdehnen.

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