Die Wahrheit: Altes Badelaken
Neues aus Neuseeland: Manchmal bleibt in Aotearoa alles beim Alten, daran ändert auch eine Reise ins Reich der Klangschalen nichts.
D er Name dieser Kolumne stimmt diesmal nicht. Nix Neues aus Neuseeland, nur Altes. Das ist besonders bedrückend, wenn man gerade außer Landes war und hofft, dass sich inzwischen Aufregendes im grünen Paradies ereignet hat, von dem es der Welt in höchsten Tönen zu berichten lohnt. Ich war unter anderem auf Bali und dort nach einer Woche Ölmassagen, Indien-Läden und Klangschalenmeditation völlig „Eat Pray Love“-geschädigt. Noch eine Woche Edelhippie-Overkill zwischen sinnsuchenden Alleinreisenden in Raw-Food-Cafés mehr, und die frisch erwachte Yoga-Göttin in mir wäre zum späten Punk geworden.
Umso mehr sehnte ich mich nicht nur nach kühler Luft und den rauen Seemännern Lytteltons, sondern nach der herzhaften Politik meines kleinen Landes. Reales statt Räucherstäbchen. Ich freute mich auf große Debatten rund ums Eingemachte – Sinnfragen wie: Wer sind wir, was wollen wir, was lassen wir im Winde flattern? Doch was mich in Christchurch erwartete, waren nur ein paar neue Baulücken. Die Nation schien sich eine Mütze übergezogen zu haben, als ob sie einen schlechten Haarschnitt zu verbergen hätte. War ja auch peinlich, was während meiner Abwesenheit so plötzlich ein trauriges Ende genommen hatte. Man traut sich’s nach all dem Bohei kaum zu sagen, aber: Unsere Flagge, die ist geblieben.
Zur Erinnerung: Seit einem Jahr war Neuseeland damit beschäftigt, sich ein neues Nationalemblem zuzulegen. Warum, weiß keiner mehr genau; der Premierminister wollte es halt so. Noch sind wir leider keine Republik, aber schön wäre es schon, wenn man uns nicht dauernd mit Australien verwechselt. Deren Fahne ist von unserer nämlich kaum zu unterscheiden und kann selbst von vielen Kiwis nicht klar identifiziert werden. Ein paar Sternchen auf blauem Grund und der Union Jack: Mutter England lässt grüßen.
Ganz demokratisch durften alle Bürger Vorschläge einreichen, darunter gekritzelte Kinderzeichnungen von Eistüten und ein Kiwi-Vogel mit Laserblick. Das sah mehr nach schlechtem Witz als nach staatlicher Würde aus. Das Komitee für die engere Auswahl hatte keinen einzigen Grafikdesigner in seinen Reihen. Was dabei herauskam, war Farn, Farn und noch mal Farn – die Präferenz des Premierministers. Zwischendurch schaffte es eine eher elitäre Protestbewegung noch, das „Red Peak“-Motiv in die Auswahl reinzuboxen. Vergebens.
Zur letzten Wahl im März stand die alte Flagge gegen die neue an: Ein lasches Motiv aus Silberfarn und Kreuz des Südens – unspezifisch und farblich wenig reizvoll. Wo war die schwarz-rote Maori-Flagge geblieben, wo die grüne Farnspirale von Hundertwasser – beides bekannte und symbolisch bewährte Motive? Zwei Volksabstimmungen und 26 Millionen Dollar später dann das endgültige Ergebnis: 43 Prozent wollten die schlechte neue Flagge, 52 die schlechte alte. Also doch keine neuen Badelaken. Die alten taugen noch. Ich mach jetzt erst mal Yoga und hänge dann Gebetsfahnen auf.
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