Die Wahrheit: Inspektor Hundekacke
Lasst uns mit dem Mythos aufräumen, dass Neuseeland ein einziger Hort an Freiheit, Naturverbundenheit und Ungezwungenheit ist.
V or zwölf Jahren tauschte ich die Ostsee gegen die Südsee und habe es nie bereut. Doch damals ahnte ich nicht, was mich trotz 18.000 Kilometer Entfernung Schreckliches aus dem Land der Blockwarte, Erbsenzähler und Bürokraten einholen würde, vor denen ich mich in der neuen Heimat sicher glaubte. Jetzt ist es endlich an der Zeit, auch über die Schattenseiten des Paradieses zu sprechen.
Lasst uns mit dem Mythos aufräumen, dass Neuseeland ein einziger Hort an Freiheit, Naturverbundenheit und Ungezwungenheit ist. Ja, es ist alles so schön locker hier. Die Kinder laufen barfuß über die Weiden, und ein jedes hat Großeltern auf einer Farm. Wenn man wählen geht, muss man nicht mal einen Personalausweis dabei haben. Niemand kennt das Wort „Meckerkasten“ oder übertriebene Pünktlichkeit. Und die Beamten sind immer freundlich.
Doch was man vom grauen Deutschland aus nicht vermuten würde: Im Land der langen weißen Wolke sind schleichend preußische Sitten eingekehrt. Statt Freiheit herrscht Kontrolle der schmutzigsten Art. Zwischen Maori, Hobbits, Schafen und Bungee-Springern ist nämlich neuerdings die übelste Ausgeburt an Pedanterie und staatlicher Kontrolle unterwegs, die man sich denken kann. Es ist die antipodische Stasi – die fleischgewordene Version von Nase-in-anderer-Leute-Dreck stecken. Genauer, in anderer Köter Dreck. Denn es sind die Hundekacke-Inspektoren, die unser Paradies unterwandern. Schlimmer noch: Einige sind sogar Maori.
Es begann mit dem „Dog Control Bylaw“, das vor zwei Jahren verabschiedet wurde. Das Gesetz besagt, dass jeder Hundebesitzer die frisch gelegten Fäkalien seines Lieblings sofort aus der Öffentlichkeit zu entfernen hat. Auch aus dem Gebüsch. Nein, nicht am Spielplatz, auch irgendwo tief im Wald. Wobei man in der Wildnis eh nie mit Hund unterwegs ist, da die meisten Nationalparks, Wälder und Strände für Hunde verboten sind. Nicht wegen der Kacke, sondern wegen der scheuen Kiwi-Vögel und Pinguine, die dort leben. Völlig korrekt.
Auch die Plastiktüte beim Gassigehen ist sinnvoll. Und dass die Stadtverwaltungen sich schmissige Slogans einfallen lassen wie diesen: „Your Dog, Your Job – Scoop the Poop“ (Schaufel die Kacke weg!). Und wenn es schon ein Gesetz für solche Toilettengänge gibt, dann bitte auch eine angemessene Strafe: 300 Dollar kostet ein Haufen, der einfach liegen bleibt. Die Telefonnummer, unter der man Hundebesitzer verpfeifen kann, lautet, zum Beispiel in Tauranga, 5 77 70 00. Und wenn das alles noch nicht reicht, um für Sauberkeit und Ordnung zu sorgen, schreiten die Inspektoren am Straßenrand ein. Oder springen aus dem Gebüsch.
Mein Kollege Joe Bennett, Ziehvater etlicher Hunde, weiß, wie man den Inspektoren begegnet: „Immer rohe Bratwurst dabei haben. Mit dem Rücken zum Inspektor zum Hunde-haufen bücken und diskret die Wurst in den Plastikbeutel schieben. Diesen zum Befühlen und Beschnuppern vorzeigen.“ Die Rebellion ist bereits im Gange.
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