Die Wahrheit: Ente für Entenhausen
Die Buchmessenachlese: Heftiger Leserandrang beim Wahrheitklubtreffen 2015 in Frankfurt.
Die folgende Mitteilung des Wahrheitklub-Vorstands darf nur von Vollmitgliedern gelesen werden. Nichtmitgliedern ist es strengstens untersagt, den Textinhalt zur Kenntnis zu nehmen.
Samstag, 17. Oktober 2015, 14 Uhr. Es war so weit, es gab kein Durchkommen mehr am Stand der Wahrheit auf der Frankfurter Buchmesse – und das nicht wegen des C-Promi-It-Girls Daniela Katzenberger, das kurz zuvor die Weltöffentlichkeit am Stand gegenüber beglückt hatte.
Nein, Menschen über Menschen aus aller Herren und Damen Länder und Bundesländer lauschten, als der Vorstandsvorsitzende ©Tom, das Exekutivorgan Harriet Wolff und der Exekutivvorstand Michael Ringel „die 346.422ste öffentliche Vorstandssitzung des Wahrheitklubs“ (Wortlaut Ringel) eröffneten. Heißa, war die Freude groß und die Vorfreude noch viel größer. Spiel, Spaß und Formalitäten standen wie immer auf dem Programm, letztere wurden sehr bald von rhythmischen Rufen unterbrochen: „Klatsch, klatsch, klatsch …“
Enthemmte Begeisterung
Enthemmt gaben zahllose Anhänger der Wahrheit ihre Begeisterung in Worten zu Protokoll ob der erneuten Verleihung des Jieper-Preises, dem weltweit wichtigsten Unterbringwettbewerb eines ganzen Satzes. Der hatte zu Ehren des Buchmessegastlands Indonesien diesmal gelautet: „Wie das Nasi am Goreng, hängt Nesien am Indo eng“ und hatte wieder in bedeutenden regionalen und überregionalen Presseerzeugnissen clever Unterschlupf gefunden. Doch der anständigen Reihe nach.
Nachdem hochwertiger Schaumwein an das gemeine Buchmessenvolk ausgeschenkt ward, kam als wohlbekannter Programmpunkt Numero eins der ehrwürdige Riesen-LAMINATOR der Wahrheit zum Einsatz. Er hört auf den seltsam sexy Namen „Ibica Laminator ML-4“ und gibt auch dementsprechend samtig schnurrende Geräusche von sich. Zur Tat schritt der LAMINATOR, und das unter Gejaule und Gejohle, als sich ein winzig kleines Türchen am Wahrheit-Stand öffnete und Rattelschneck, einer der unzähligen begnadeten Wahrheit-Cartoonisten, herauskroch. Ihm, als der einen Hälfte des Duos Rattelschneck, spuckte der LAMINATOR einen fix und fertigen Wahrheitklub-Mitgliedsausweis aus, und den mit der bezeichnenden Nummer 1313.
Minutenlange Buhrufe
Der nächste Programmpunkt gestaltete sich wesentlich geschmeidiger, denn es kam noch mehr Alkohol ins schmutzige Spiel. Keiner Geringeren als der hochwertigen Zeitschrift Micky Maus wurde in der Folge der heißbegehrte Jieper-Preis 2015 verliehen, denn sie hatte jüngst den Nasi-Goreng-Nesien-Indo-Satz höchst effektvoll unter dem Titel „Zuwachs im Zoo“ im Entenhausener Enten-Kurier passgenau platziert. Die traditionell für diese Herkulesaufgabe verliehene sündteure Flasche „Gran Duque d’Alba“ sackte die Micky Maus diesmal mit minimalem Vorsprung ein – vor anderen hochwertigen Kandidaten wie dem Tag des Herrn und dem Bad-Herrenalb-Magazin. Als respektable Verlierer erwiesen sich die Münsteraner Verlegergenies Monsenstein & Vannerdat, die – nach ihrem Jieper-Sieg im vorigen Jahr – minutenlange Buhrufe in Richtung der Maus in Gestalt des Redakteurs Wolf Stegmaier ausstießen.
Doch dann wurde es wieder kuschelig, denn der ehrbare Micky-Maus-Vertreter sprach in seiner minutenlangen Dankesrede einen überaus wichtigen Satz: „Die große Ente Gran Duque d’Alba gehört nach Entenhausen.“ Jenes Diktum leitete perfekt über zum absoluten Höhepunkt des diesjährigen Wahrheit-Clubtreffen: einem waschechten Indonesien-Publikumsspiel von ©Tom, das der indo-affine Zeichner gewohnt liebevoll vorbereitet hatte.
Dieses Mal lautete die schier übermenschliche Aufgabe an Reinhard aus Baden-Württemberg, Michael aus Hessen und Cornelia aus dem Taunus folgendermaßen: Aus den von ©Tom mitgeführten Mikadostäben sowie reichlich Erdnüssen musste in exakt 3 Minuten 54 Sekunden einer der für Indonesien typischen hohen Türme errichtet werden. Und das zur Beschallung durch den berühmten Orang-Utang-Song „Ich will so sein wie du“ – gesungen von Klaus Havenstein, Länge: 3:54.
Indonesischer Erdnussturm
Als Naturtalent erster Güte für Türme aus Peanuts und Stäbchen erwies sich taz-Genossin Cornelia, die im wahrsten Sinne des Wortes haushoch, ja turmhoch über die männlichen Kandidaten siegte. Noch sichtlich bewegt, stotterte sie nach ihrem Sieg: „Ich wollte doch hier nur was trinken!“ Daraufhin und weiterhin floss der tazsecco – wie stets in roséfarbenen Strömen.
Für ein Fazit der 346.422sten öffentlichen Wahrheitklub-Vorstandssitzung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es am heutigen Dienstag zu früh. Doch bis zum Beweis des Gegenteils gilt auf alle Fälle schon mal die Wahrheit-Devise „Ridentem dicere verum“.
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