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Die WahrheitBitte keine Ferien mit Jihad Naif

Ralf Sotscheck
Kolumne
von Ralf Sotscheck

Langsam vermissen urlaubende Engländer auf griechischen Inseln die Deutschen, denn die sind ihnen immer noch lieber als Flüchtlinge.

Es ist viel geschrieben worden über das Verhalten von Engländern im Urlaub. Zuletzt in der Bild: „Englische Patienten leiden unter Wodka-Husten, Extrem-Sonnenbrand und Dessous-Amnesie“. Es ist an der Zeit diese Reisenden zu verteidigen, denn sie haben es nicht leicht. Überall im Ausland lauern Fremde, also Nicht-Engländer, die ihnen die Ferien vermiesen.

Zum Beispiel auf der griechischen Insel Kos. Vor einigen Jahren sprach ein Gericht einem Engländer 750 Pfund Schadensersatz wegen „verdorbener Ferien“ zu, weil in seinem Hotel nur Deutsche waren. Schon bei der Ankunft habe er Verdacht geschöpft, weil auf allen Sonnenliegen Handtücher lagen, gab der Mann zu Protokoll .

Inzwischen sehnen sich die Engländer nach deutschen Touristen, denn heutzutage treiben sich Flüchtlinge auf Kos herum und ruinieren ihnen den Urlaub. Die Daily Mail machte sich zum Anwalt der arg hummerfarbenen Sonnenfreunde. „Wie viel mehr kann Kos ertragen? Tausende Boatpeople aus Syrien und Afghanistan haben ihr Lager auf der beliebten griechischen Insel aufgeschlagen und leben in vermüllten Pappkartons am Strand“, schrieb das Blatt vorige Woche. In Wirklichkeit ist Kos nur eins von sieben Eilanden, die die Flüchtlinge zur Zeit ansteuern.

Das ficht die kleinformatige Klolektüre freilich nicht an. Der Urlaub auf Kos habe sich für Engländer „als Albtraum entpuppt, weil mittellose Migranten vor ihren Restaurants sitzen und ihnen beim Essen zuschauen“. Unter dem Beweisfoto die Bildunterschrift: „Widerlich.“ Beim nächsten Foto steht: „Schandfleck!“ Die Hafenmauer sei zur inoffiziellen Wäscheleine verkommen, auf der Kleidung und dreckige Kopftücher hängen. Kopftücher? Das müssen Terroristen sein. „Barfüßige Knirpse in dreckigen Klamotten spielen im Müll“, schreibt das Blatt, „während schnauzbärtige Männer ihre Weiterreise in den Rest Europas planen, darunter auch Großbritannien.“ Zum Beweis zitiert die Mail einen Syrer, der ausgerechnet Jihad Naif heißt und nach England will.

Dabei war Kos früher so englisch wie die Falklands. Man war unter sich, die Ausländer - manche bezeichnen sie als Einheimische - waren für das Essen und andere Dienstleistungen zuständig. Die Hälfte der englischen Nation ist auf Kos gezeugt worden, denn viele Teenager durften dort zum ersten Mal Urlaub ohne Eltern machen. Wo sie gelandet waren, wussten aber nur die wenigsten. Wenn Engländer eine Pauschalreise buchen, interessiert sie lediglich, wie weit es zum Strand und zum Wirtshaus ist. Laut einer Umfrage von British Airways findet ein Drittel das Reiseziel nicht auf einer Landkarte. Deutschland wurde nach Frankreich verlegt, die Türkei in die Ukraine und Italien nach Weißrussland.

Besonders verblüffend ist, dass 24 Prozent der Befragten auf Spanien tippten, als sie ihre Nachbarinsel Irland auf einer Karte identifizieren sollten. Das ist eine gute Nachricht. Liebe Engländer, fahrt ruhig nach Spanien, wo immer das liegen mag. In Irland ist die Sonne rar und der Alkohol teuer.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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1 Kommentar

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  • Im Original steht 'Scarves'. Das kann zwar ein Kopftuch sein, wird aber generell mit 'Schal' übersetzt. Auch wenn der Grundton des Artikels durchaus Anti-Immigranten ist, so überzogen wie er hier dargestellt wird, ist er nun doch nicht.