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Die WahrheitSpringende Wasser

Der Verein der "Deutschen Konservativen" haben in großen Anzeigen den Papst in Deutschland Willkommen geheißen. Dabei war auch Petra Stähr-Gräbedünkel? Aber wer ist das?

Der Papst ist längst wieder fort, die Tumulte sind abgeklungen, und es wird Zeit für die Aufarbeitung der publizistischen Kontroversen. Was im Nachhinein am markantesten aus der Masse der Stellungnahmen heraussticht, ist eine auch als Plakat und als Flugblatt verbreitete Zeitungsanzeige des Vereins "Die Deutschen Konservativen e.V.", mit welcher dem Heiligen Vater die Ankunft versüßt werden sollte.

Unter der Überschrift "Herzlich willkommen in Deutschland, Papst Benedikt!" versicherten so illustre Bürger wie Heinrich Lummer, Hanno Graf von Kielmannsegg, Christian Fürst zu Bentheim und Steinfurt, Degenhard Graf von Spee-Mirbach und der demissionierte Bundesärztekammerpräsident Dr. Erich J. Pillwein sowie etliche andere namentlich aufgeführte Forstdirektoren, Oberpostdirektoren, Bundesverdienstkreuzträger, "Bildpost-Pfarrer", Generalkonsuln und Ministerialräte a. D. dem Papst, dass sie sich auf ihn freuten:

"Ihr Besuch ist eine große Ehre für die Bürger unseres und Ihres Heimatlandes, ob Christen oder Nicht-Christen; denn Sie lieben die Menschen." Als überschäumend liebevoller Menschenfreund, dessen herzliche Zuneigung auch Nicht-Christen und speziell Nicht-Katholiken gegolten hätte, war Benedikt XVI. bis dahin zwar noch nicht aufgefallen, aber wie sich rasch herausstellen sollte, kam es den Verfassern der Anzeige ohnehin weniger auf eine stringente Argumentation als auf Signale der Ergriffenheit an:

"Sie geben Antwort den suchenden und fragenden, den bedrückten und den verzagten Menschen. Denn Sie vermitteln uns mit Ihrer Bescheidenheit, Ihrer Weitsicht und Ihrem Zuhören-Können Zukunft, Hoffnung, Mut. Ihre Zuversicht, Ihr Gottvertrauen steckt uns an."

Wie steckt man den alten Haudegen Heinrich Lummer mit Zuversicht an, wenn er bedrückt und verzagt ist? Und wie vermittelt man Zukunft? Durch die Bescheidenheit, mit der man sich als Stellvertreter Gottes auf Erden etabliert? Und durch Zuhören-Können, auch wenn "Die Deutschen Konservativen e.V." mit der deutschen Grammatik hadern?

Man sollte solche Fragen nicht leichtfertig abtun. Unbestreitbar drängt sich jedoch eine noch weitaus schwerer zu beantwortende Frage auf: Wer ist Petra Stähr-Gräbedünkel?

Denn auch sie hat sich an der Anzeigen-, Flugblatt- und Plakataktion beteiligt. Bereits an vierter Stelle, zwischen Christian Fürst zu Bentheim und Steinfurt einerseits und Dr. Erich J. Pillwein andererseits, ist Petra Stähr-Gräbedünkel zu sehen gewesen und der Öffentlichkeit als "Deutsche Präsidentin einer internationalen Malergruppe" vorgestellt worden.

Daraus ergeben sich kettenreaktionsartig weitere Fragen: Um welche internationale Malergruppe mag es sich handeln? Brauchen Maler Gruppen? Brauchen Malergruppen Präsidentinnen? Und: Kann Petra Stähr-Gräbedünkel selber malen oder ist sie nur die Deutsche Präsidentin einer internationalen Malergruppe?

Im Internet ist leider nichts über die internationale Malergruppe zu finden, der Petra Stähr-Gräbedünkel als Präsidentin vorsteht. Wer lange genug sucht, der findet allerdings das vielsagende Gedicht "Meine schöne Welt" mitsamt der Zuschreibung "Von TV-Leserin Petra Stähr-Gräbedünkel".

Es handelt vom Singen, vom Springen, vom Lachen, vom Fallen, vom Leuchten, vom Strahlen, vom Einzughalten, vom Leben und vom Tun der Vögel, der Wasser, der Sonne, des Regens, der Wiesen, des Himmels und des Frühlings sowie der Alten beziehungsweise der Jungen, wobei das lyrische Ich mehrmals deutlich zum Ausdruck bringt, dass es die Welt schön finde, wenn die Vögel sängen und die Wasser sprängen et cetera, und in der letzten Strophe runden die auf Freuden gereimten Leiden das Bild einer Gemütsverfassung ab, in der sich Gottesfurcht mit Frohsinn paart.

Ist aber die dichtende TV-Leserin Petra Stähr-Gräbedünkel tatsächlich identisch mit der streitbaren Malergruppenpräsidentin Petra Stähr-Gräbedünkel? Und wäre es nicht doch vielleicht möglich, an eines der Gemälde aus der Werkstatt dieser ominösen Malergruppe zu gelangen? Es wird Zeit, der Petra-Stähr-Gräbedünkel-Forschung aus den Kinderschuhen herauszuhelfen.

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2 Kommentare

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  • W
    wauz

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  • P
    peter

    Die einstige Sekretärin, die 1966 aus politischen und persönlichen Gründen ihr Studium der Germanistik und Geschichte / Kunstgeschichte (Lehramt) in Leipzig abbrach, übte danach mehrere Tätigkeiten aus. Im Jahr der Ausreise war sie persönliche Referentin an der Theaterhochschule Leipzig. Nebenbei absolvierte sie erfolgreich eine Ausbildung zur Staatlich geprüften Sekretärin mit Sprachdiplom in der englischen Sprache. 1989 begann sie mit dem Schreiben von Kinderbüchern, schrieb als Lokalberichterstatterin für den „Trierischer Volksfreund“. 1992 begann sie ein zweijähriges Fernstudium an der „Akademie des Schreibens“ in Hamburg und arbeitete an einer dreiteiligen Dokumentation über die Wende, den Fall der Mauer und die Wiedervereinigung. Erst 2009 wagt sie sich an die Aufarbeitung ihrer schlimmsten Jahre in der einstigen DDR. Das Buch „Neunzig Schüsse an der Mauer“, erschien im Verlag Book on Demand, Norderstedt. Schreiben, Lesen, Malen, Skilaufen, Wandern, Reisen in fremde Länder und Kulturen gehören zu den Lieblingsbeschäftigungen der gebürtigen Arnstädterin,Ihren Kommentar hier eingeben