Die Wahrheit: Ich bin eine kleine nationale Minderheit
Schleswig-Holstein wählt die Dänenampel – was für ein sympathisches Wort. Ich sehe rote Pölser, gelbe Remoulade und grüne Gurkenscheiben.
S chleswig-Holstein wählt die Dänenampel – was für ein sympathisches Wort. Ich sehe rote Pölser, gelbe Remoulade und grüne Gurkenscheiben. Farbstoff wurde bestimmt in Dänemark erfunden, und außerdem lügen Dänen nicht.
Am liebsten würde ich sofort in Niedersachsen eine dänische Minderheitenpartei gründen. Keine Ahnung, ob die Dänen in Dänemark noch so sympathisch sind wie damals, als ich noch im Pölser-Alter war – als dänische Minderheitenpartei sind sie es sofort. Wieso hat irgendjemand in Schleswig-Holstein Piraten gewählt, wo man auch die Wikinger nehmen konnte? Weil Piraten auch in Talkshows twittern können und dabei ihr blödes iPhone in die Kamera halten? Also bitte.
Ich könnte selbstverständlich eine Hamburger Minderheitenpartei in Niedersachsen gründen, aber das ist irgendwie nicht sexy. Wir Hanseaten sind zwar schicker als der Durchschnitt, aber ich habe doch Zweifel, ob der Durchschnitt das auch ohne weiteres einsieht.
Würde ich gewählt, würde ich natürlich nach Dänen-Art eine exklusive Mini-SPD sein wollen. Der Chef-Niedersachse der CDU, der gerade in Peine beim schottischen „Highlandgathering“ war, ist schließlich Schotte und kein Däne, mit dem kann man nicht zusammengehen. Denn wir Hamburger sind bestenfalls very British.
Unseligerweise rekrutiert die Niedersachsen-SPD sich aus Peinern oder Leuten, die aussehen, als wären sie Peiner, auch wenn sie aus Goslar kommen, wie Sigmar G. Der gibt als „Hobbys“ auf seiner „Homepage“ an: „Segeln, Tennis, Radtouren, Reisen (Naher Osten).“
Na ja, von Hannover aus betrachtet, liegt Peine wohl im nahen Osten. Twittern gehört offenbar nicht zu seinen Hobbys; er bringt es gerade erst auf eine zweistellige Zahl von Tweets. In Zeiten, wo selbst meine Leberwurst möchte, dass ich mit ihr auf Facebook befreundet bin, ein bisschen wenig.
Das Erstaunlichste an Peine ist übrigens, dass es in dem legendären Städte-Bashing-Band „Öde Orte“ nicht vorkommt. Vielleicht liegt das daran, dass man es stets mit Lehrte und Sehnde verwechselt, ähnlich ereignisfreien Zonen bei Hannover.
Oder dass man sicherheitshalber die Augen schließt, wenn man doch hingerät. Peine besteht aus einer heftig umbauten Fußgängerzone und ist somit die Stein gewordene bundesrepublikanische Gemütslage. Ampeln braucht es da nicht. Die Peine-Ampel, eine Koalition aus Blut, Eiter und Kuhfladen?
Habe ich Blumenkübel aus Waschbeton in Peine gesehen? Ich glaube, ja. Leichtfertigerweise hatte ich die Augen lange genug geöffnet, um nicht versehentlich in so ein Dings hineinzufallen. Ums Rathaus sollte man allerdings einen weiten Bogen schlagen; es ist abstoßend und hilft einem insofern bei diesem Unternehmen.
Aber so wie Sehnde mit Ursula von der Leyen aufwarten kann und Lehrte einen Bahnhof hat, hat Peine außer Hubertus Heil immerhin noch die Privatbrauerei Härke. Wer versucht, hineinzugelangen, wird von der Druckwelle einer Volksmusikkapelle wieder hinausgeblasen. Wenn er Glück hat, gleich bis an den Rand von Peine oder bis nach Dänemark.
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