Die Wahrheit: Fast neue Galionsfigur
Oskar Lafontaine wird zur Bundestagswahl 2013 Pirat.
Es ist Zeit für einen neuen, einen sehr persönlichen Aufbruch. Oskar Lafontaine zieht weiter. Das Urgestein der Linken verlässt die Partei, die er als Fraktions- und Parteivorsitzender viele, viele Jahre lang geprägt hat wie kein Zweiter. Allerdings wird sich der sensible Saarländer nicht ins Privatleben zurückziehen. Lafontaine wird Mitglied der Piratenpartei, um – wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautete – zur Bundestagswahl 2013 als Spitzenkandidat der Piraten anzutreten.
Offenbar gab der Göttinger Parteitag der Linken am vergangenen Wochenende den Ausschlag für die Entscheidung. So sei das Schlüsselerlebnis gewesen, dass eine Delegierte nach der Wahl des neuen Parteivorsitzenden Bernd Riexinger auf einen Stuhl kletterte und die Internationale anstimmte – allerdings musste sie den Text vom Blatt ablesen. Das sei nicht mehr sein Sozialismus, habe der empfindsame Homo politicus daraufhin erklärt. Eine sozialistische Partei, in der die Mitglieder den Text der Internationale nicht mehr auswendig beherrschten, sei schlimmer als die SPD, so der tief getroffene Lafontaine.
Nun will der fein besaitete Saarländer zu neuen Ufern aufbrechen – mit den Piraten. Dort ist man sehr erfreut über die fast neuwertige Galionsfigur und sieht große Gemeinsamkeiten, schließlich könne man mit Lafontaine das rechte Wahlpotenzial noch besser ausschöpfen. Dass Lafontaine zum Beispiel früher bereits von „Fremdarbeitern“ gesprochen habe und dabei auf den inzwischen urheberrechtlich nicht mehr geschützten Nazijargon zurückgriff, könne der nach allen Seiten offenen Piratenpartei zugute kommen.
Lafontaine sei überhaupt mit der Urheberrechtsdebatte sehr gut vertraut, habe der erfahrene Freibeuter doch seinerzeit auf die Einhaltung seines Vertrags mit dem Springer-Verlag gedrungen, der dem Spitzenkolumnisten der Bild-Zeitung zuletzt monatlich eine erkleckliche Summe zahlen musste – selbstverständlich ohne jede Gegenleistung. Eine Traumkonstellation für die Piraten, die gern in ähnlichen finanziellen Sphären schweben möchten. „Nix tun, aber alles umsonst bekommen“ – das könnte Lafontaines Parole für den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr sein.
Wütende Reaktionen provozierte Lafontaines Parteiwechsel bei den Sozialdemokraten. Lafontaines Biografie werde wohl „Wanderjahre einer Wanderhure“ heißen, war aus der Berliner Parteizentrale zu hören. Nur die Kanzlerin schwieg. Offensichtlich stellt sich Angela Merkel bereits darauf ein, nach der Bundestagswahl mit dem feinfühligen Mann von der Saar an einem Kabinettstisch zu sitzen.
Bleibt nur Sahra Wagenknecht. Die sympathische Berufsjugendliche wird wohl den Absprung von ihrer linken Plattform kaum wagen. Zwar hatte der 69-Jährige für die 42-Jährige erst kürzlich seine dritte Ehefrau verlassen, aber in dieser Hinsicht muss sich Wagenknecht wenig Sorgen machen. „Bei den Piraten gibt es einfach zu wenig schöne Bräute“, erklärte ein Insider. Der verletzliche Grenzgänger verbittet sich allerdings solche Überlegungen. Es gehe jetzt um Höheres, um die Menschen, ihre Probleme und Nöte, und nicht um ihn. Darum geht es Oskar Lafontaine ja nie.
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