Die Wahrheit: Das Gute steht nah
Neues vom Mayakalender: Weltuntergang beim Volk der Sachsen.
Es gibt eine wenig beachtete, aber frappierende Übereinstimmung des heute weltweit genutzten Gregorianischen Kalenders mit dem zurzeit so häufig zitierten Mayakalender. Legt man die beiden direkt übereinander, ist vom jeweils unteren nichts mehr zu sehen. Am 21. 12. 2012 könnte das von großer Bedeutung sein, je nachdem, welcher Kalender unten liegt, versäumt man entweder den Kauf letzter Weihnachtsgeschenke oder das Ende aller Zeiten.
In den letzten Wochen hatte die Wahrheit akribisch alle Zeichen analysiert, die dieses von Mayaexperten der westlichen Industrieländer vorhergesagte Ereignis vorausschickt. Was bisher geschah: Im Heiligen Land wurde die Chance vertan, den in der Bibel vorhergesagten Endkampf ordnungsgemäß durchzuführen. Der Euro wurde herab- und dann wieder heraufgestuft, nur um nun wieder herabgestuft werden zu können.
Neue Bewegung in die Endzeitstory brachte ein Erdbeben in Japan, und Erdbeben in Japan stehen ganz hoch im Kurs bei Weltuntergangsbefürwortern. Der Tsunami mit Atomkatastrophe in Japan ist ein ganz wesentlicher Part der Theorien um das Finalstadium der Menschheit. Hierzulande brachte das sogar die CDU dazu, sofort aus der Atomenergie auszusteigen, was eigentlich schon einen Weltuntergang für sich darstellt.
Nichts wird mehr so sein wie vorher, bemerkten schon am Anfang des neuen Jahrtausends viele kluge Politiker und Journalisten. In einer Zeit, in der auf nichts mehr Verlass ist und jahrhundertealte Werte wie Frauen am Herd, Schläge in der Erziehung und Krieg mit sämtlichen Nachbarstaaten nicht mehr zählen, war die Prophezeiung einer uralten Hochkultur, die in Mitteleuropa kein Mensch versteht, genau das, was den Leuten noch fehlte.
Die Halbweisheiten um den Kalender sind inzwischen so verbreitet, dass ein Großteil der deutschen Bevölkerung das Wort „Maya“ nicht mehr mit „Mayonnaise“ assoziiert.
Doch wegen des plötzlich überaus großen Interesses an ihrem Volk sind die Maya selbst schwer genervt. Laut Zeitungsberichten gab es Proteste gegen eine staatlich geplante Sause in Guatemala-Stadt mit bis zu hunderttausend Teilnehmern anlässlich des Weltuntergangs am 21. Dezember 2012. Die Indigenen fühlen sich angesichts dieses Rummels verschaukelt und befürchten den Ausverkauf ihrer Kultur. Dabei ist der längst in vollem Gange.
Nicht nur Schmuck und andere Souvenirs werden gekauft, sondern auch ganze Häuser und Urwaldstücke werden erworben von Erleuchteten und denen, die es werden wollen. Und das ist wohl die schlimmste Nachricht für die Maya: Die fanatischsten Anhänger des Sternenkultes reisen gar nicht wieder ab, wenn alles vorbei ist, sondern sind dann die neuen Nachbarn.
Nicht wenige der selbst ernannten Untergangsteilnehmer hoffen sogar, am 21. 12. von einem Raumschiff abgeholt zu werden, dessen Besatzung aus den wiederkehrenden Göttern alter Sagen und Mythen bestehen soll. Einen Landeplatz für solche Raumfahrzeuge sehen sie etwa in den Geoglyphen der Wüste von Nazca in Peru, wo kilometerlange schnurgerade Linien in den Boden gescharrt sind.
Während in Südamerika die Existenz eines Weltraumflughafens aber nicht einmal vom Altmeister der Parawissenschaften, Erich von Däniken, in den Siebzigerjahren nachgewiesen werden konnte, gibt es mitten in Europa den ultimativen Beweis für die Existenz außerirdischer Technik. Der sogenannte Fernsehturm in der Mitte Berlins ragt mächtig und unerklärlich in den Nachthimmel.
Noch heute erinnern sich viele Berliner mit der gleichen Verwunderung wie damals an den Tag, als er plötzlich dastand. Inzwischen wird der Turm von den Einheimischen „Telespargel“ genannt und ist für die Besucher das Wahrzeichen der Hauptstadt. Doch ist er eben nicht nur ein Gebäude, sondern auch eine Rakete von Außerirdischen. Der Beweis sind die strahlenförmigen weißen Schrägen am Fuß des Turms, die von den meisten für eine Bausünde gehalten werden. Dabei handelt es sich doch um den Stein gewordenen Rauch vom letzten Startversuch der Rakete.
Seit der Turm auf dem Alexanderplatz steht, sind die Außerirdischen unter uns. Zeitzeugen berichten, dass sie mit Walter Ulbricht in Verbindung standen und eine äußerst merkwürdige Art der sprachlichen Kommunikation pflegten. Diese Sprache sei der Grund gewesen, warum sie bei ihrer Ankunft niemand für voll nahm. Nur im tiefsten Osten der Bundesrepublik Deutschland soll es noch ein winziges Völkchen geben, das die Sprache verstehen kann, die einst ihren Ausdruck fand in mysteriösen Sätzen wie: „Niemond hod die Obsischd, eine Mauor zu errischdn.“
Vermutlich handelt es sich um das auserwählte Volk, das mit der Alexander-Rakete für immer davonfliegen wird, während auf der Erde alles vor die Hunde geht. Es kann schließlich kein Zufall sein, dass der Maya-Codex, um den sich die ganze Aufregung dreht, ausgerechnet in Dresden lagert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung