Die Wahrheit: Ich geh kaputt
Im Jahr des Drachen: In wenigen Wochen wird das Jahr des Drachen zu Ende gehen. Dann endet auch diese Kolumne.
I n wenigen Wochen wird das Jahr des Drachen zu Ende gehen. Dann endet auch diese Kolumne und damit insgesamt fast zehn Jahre Kolumnenschreiberei. Ich begann mit dem Schreiben im Mai 2003 beim Satiremagazin Titanic, für das ich monatlich unter dem Pseudonym Walter Myna zunächst aus Singapur und dann aus Peking berichtete. Im Januar 2009 wechselte ich an diese Stelle auf der Wahrheit-Seite.
Hier gab ich alle vierzehn Tage mein Bestes, um Sie an meinem Chinaleben teilhaben zu lassen, Sie mit Wissen zu versorgen und zu unterhalten. So sind über die Jahre mehr als hundert Kolumnen erschienen, aus denen ich bisher zwei Bücher kompiliert habe. Ein drittes Buch, das „Im Jahr des Hasendrachen“ heißen wird, kommt dann im März 2013 heraus.
Der erste Kolumnentext in der Titanic hieß „Singapur ist kein guter SARS-Standort“ und beschäftigte sich mit der ziemlich tödlichen Lungenseuche SARS. Die war etwa zeitgleich mit mir im Februar 2003 in Singapur eingetroffen. Das lässt mich daran denken, welche außerordentlichen Gefahren ich in den letzten zehn Jahren auf mich genommen habe, nur um Ihnen eine kleine Lesefreude zu bereiten.
ist Kolumnist der Wahrheit. Seine Geschichten sind auch als Buch erschienen.
Kaum zwei Jahre nach dem SARS-Virus entkam ich mit knapper Not dem Tsunami in Südostasien. Das wollen Sie nicht glauben? Nun: Drei Wochen vor der großen Flut war ich noch zu Recherchen (Fische kucken, Alkoholgehalt in Bier prüfen, Mofa fahren) auf der thailändischen Insel Ko Lanta gewesen, die die Welle dann voll erwischte. In Relation zur viertausendjährigen Geschichte Chinas war das ja wohl mehr als knapp.
Im Januar 2004 brach in Südostasien die H5N1-Vogelgrippe aus, die sich schnell bis nach China, Japan und Korea ausbreitete. Schon wieder war ich mittendrin. Und kaum war ich 2005 nach Peking gezogen, meldeten die Behörden den nächsten Ausbruch der Vogelpest. Dieses Mal lag das Seuchenepizentrum in der Inneren Mongolei, also praktisch um die Ecke.
2011 schlug erneut ein Tsunami zu; obendrein explodierte im japanischen Fukushima ein echtes Atomkraftwerk. Okay, das AKW war mehr als 2.000 Kilometer entfernt, aber danach flohen aus Peking nicht wenige Ausländer. Auch das ist ja wohl Beweis genug, dass die Situation gefährlich war.
Richtig brenzlich aber wurde es im Juli letzten Jahres. Da überraschten mich in einem Pekinger Außenbezirk die stärksten Regenfälle, die die Stadt in mehr als 60 Jahren erlebt hat. Nach offiziellen Angaben starben dabei 77 Menschen. Ich schätze, wenn mich nicht in letzter Minute ein Taxifahrer aufgelesen hätte, wäre ich der 78. gewesen.
Ich überlebte außerdem einen Putschversuch, der vom Chongqinger Parteichef Bo Xilai in Peking veranstaltet wurde. Der Putsch hat zwar wahrscheinlich gar nicht stattgefunden, doch es wurde darüber ordentlich getwittert und es stand was in amerikanischen Zeitungen. Und deshalb bewundern Sie mich bitte jetzt einfach mal für meine Unerschrockenheit und meinen Mut. Und wenn Sie attraktiv und weiblich sind: Machen Sie mir bitte unzüchtige Angebo … ach, Quatsch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen