Die Wahrheit: Gott ohne Ohrläppchen
Neues von den Religionen dieser Welt.
Wem die reale Welt zu dünn ist, sucht sich anderswo fette Wahrheiten. Was man dann in der aberschönen Welt des Glaubens alles findet, ist kaum zu glauben, aber schön zu wissen. Die Wahrheit liefert deshalb an dieser Stelle einige Beispiele, wie es in den Religionen unseres Erdenballs heutzutage noch immer zugeht.
***
In der Sekte der Guthäusler im mährischen Teil Böhmens ist die Beschneidung der Knaben das Zeichen des heiligen Bundes mit den Guthäuslern. Acht Minuten nach der Geburt müssen dem neuen Erdenbürger die Ohrläppchen abgeschnitten werden. Die Beschneidung wird in den heiligen Schriften der Guthäusler zwar nicht erwähnt, doch soll ihr Prophet Gotthilf Gottwald Guthaus schon ohne Ohrläppchen zur Welt gekommen sein.
***
Die Eisfuß-Inuit der kanadischen Städte beten seit der Christianisierung im 17. Jahrhundert Socken an. Schubladen mit Socken bezeichnen sie als Tabernakel, und im Waschen der Socken besteht ihr Gottesdienst. Von Socken, die unauffindbar verschwinden, heißt es, dass sie in die ewige Seligkeit eingegangen und in voller Leiblichkeit in den Sockenhimmel aufgefahren seien, wo sie ihre Besitzer erwarten, wenn sich diese am Ende ihrer Tage „auf die Socken machen“.
***
Die Theodor-Christen in Unterindien ziehen vor dem Betreten ihrer Tempel nicht die Schuhe aus, sondern die Wäsche.
***
In der vom Glauben an eine Muttergottheit geprägten Gesellschaft der niederafrikanischen Iwo besteht das übliche Brautgeschenk in zwei, drei Kindern, die die Frau in die Ehe einbringt.
***
Bei den Gespenstern in den dänischen Schlössern Südschwedens gilt die Zeit zwischen ein Uhr nachts und Mitternacht als sogenannte Menschenstunde.
***
Die Kaukasier im Norden Birmas werden von ihren Nachbarn als Teufelsanbeter blutig verfolgt. Zu Unrecht, da sie in Wahrheit Gott anbeten. Allerdings wurde Gott nach dem Glaubensbekenntnis der Kaukasier vom Teufel erschaffen. Ihre Nachbarn sehen das genau andersherum, und deshalb werden sie von den Kaukasiern blutig verfolgt.
***
Bei den Aloren auf Südhawaii küsst sich ein Hochzeitspaar nach der Trauung nicht, sondern spuckt sich ins Gesicht, weil Speichel der Saft der Götter ist.
***
I gauga o gaugu m gaugl, „Ehre sei Gott in der Höhe“: Unverkennbar christlichen Einfluss zeigt die Religion der Takatuka-Indianer in der Inselwelt der Südsee.
***
Bei der Transsubstantiation verwandelt der Juniorpapst der „Weltweiten Kirche des göttlichen Pneumas“ seinen Darmwind in den Atem Gottes. Wer ihn atmet, weiß, dass Gott in ihm ist, und darf deshalb gewiss sein, dass der Darmwind in den Atem Gottes verwandelt wurde.
***
Bei den Kakauzen im europäischen Teil Krawumistans gelten Katastrophen als Glücksbringer.
***
„Nur wer tot ist, lebt ewig!“ Mit diesem Segensspruch versehen, marschieren sie begeistert durch die Pforte des Todes und gehen ins Paradies ein: Die Anhänger des als Messias Jesus Christus II. wiedergeborenen Johnny „The Machine Gun“ Bangster.
***
Im abessinischen Teil Äthiopiens gilt die 31 als Unglückszahl. Zwar besagt der abessinische Volksglaube zugleich, dass der 31. jedes Monats Glück bringt, aber die Monate des abessinischen Kalenders haben nur 30 Tage, und das ist das Unglück.
***
Das Ende ist nah! Jesus wird auf einem Kometen zur Erde reiten, mit einer riesigen Arschbombe in den nordamerikanischen Großen Seen aufklatschen und von der Flutwelle nach Washington geschwemmt, wo er auf der Spitze des Kapitols seinen Thron aufstellt. Dort wird er, so lehrt es die „Heilige Religion der Gläubigen der Heiligsten Religion von allen“, Gericht über die Welt halten und alle zum Gespött machen bis ans Ende ihrer Tage, die an seine Wiederkehr glaubten und der „Heiligen Religion der Gläubigen der Heiligsten Religion von allen“ anhingen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative