Die Wahrheit: Doping frei für alle
Am Wochenende beginnt die Bundesliga-Saison 2013/2014: Schon jetzt ist klar: Der Fußball hat gelernt und geht souverän neue Wege.
Epo Braunschweig gegen Serum 04, so lautet eines der vielen Traditionsduelle in der neuen Bundesligasaison, die durch die kurzfristige Freigabe sämtlicher Dopingmittel weltweit aufhorchen lässt. Nachdem durch einen Forschungsbericht bekannt wurde, dass völlig überraschend auch im Westen jahrzehntelang systematisches Staatsdoping betrieben wurde, gibt es Tag für Tag neue Enthüllungen.
„Der Gerd“, so berichtet Katsche Schwarzenbeck über einen früheren Mitspieler, „der hatte mehr Medikamente dabei als die Apotheke am Viktualienmarkt.“ Müllers Little Helpers hieß das damals in den siebziger Jahren, und auch von Namensvetter Thomas weiß man, dass er sich härtere Sachen reinpfeift als Buttermilch.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat nach dem Grundrecht auf Sicherheit schon wieder ein neues entdeckt. In seinem Badezimmerschränkchen, „gleich hinter den Pflastern“, wie er auf der Bundespressekonferenz in Berlin am Dienstag dieser Woche launig berichtete. Kritik an der Legalisierung sämtlicher Dopingsubstanzen drei Tage vor Saisonbeginn wies er energisch zurück: „Jeder hat ein Recht auf die bestmögliche medizinische Versorgung in diesem Land, wenn er nicht gerade bei der AOK versichert ist. Doping ist ein Menschenrecht. Doping ist Freiheit. Doping schützt uns vor al-Qaida. Wir wollen keine rot-grüne Gängelungsdiktatur.“ Der mündige Athlet soll selbst entscheiden dürfen, wie er seiner vertraglich geregelten Pflicht zum Doping nachkommt.
So sieht es auch Hans-Wilhelm Müller-Fuentes, der Vertrauensarzt beim Branchenführer Kanüle München. „Die Jungs ziehen alle gut mit, nur der Arjen ist so aufgedreht durch das ganze Zeug, dass ich ihn nicht immer erwische, um ihm seine tägliche Spritze zu verpassen.“ Arjen – oder besser: „Arsen“, wie die berüchtigte Giftspritze inzwischen von seinen Mitspielern genannt wird –, Arsen Robbens Speed-Dribblings werden nur noch übertroffen von Pierre-Emerick Aubameyang, dem Neuzugang bei Barbiturate Lüdenscheid. Seit Pierre als kleiner Junge in den Bottich mit Nandrolon gefallen ist, zeigt er erstaunliche läuferische Fähigkeiten.
Ephedrin Frankfurt gegen Valium Stuttgart
„Gut, der Junge hat eine Lebenserwartung von maximal 35, aber das reicht uns, um vorher noch siebenmal Deutscher Meister mit ihm zu werden“, sagt Trainer Jürgen „Hau den“ Klopp. Er plädiert für eine Versachlichung der Debatte.
Ob Eigenblut (Promille Hoffenheim), Eigenurin (Ephedrin Frankfurt) oder Eigenheim (Valium Stuttgart): „Die Liberalisierung des Marktes ist ein Chance für uns alle, für den Sport, für die Fans und die vielen tausend arbeitslosen Pharmazeuten, die eine zweite Chance bekommen, sich und ihrer Familie eine Existenz aufzubauen“, sagt Jürgen Heidel, der Manager von Methylphenidat Mainz. „Vielleicht schafft es mit dem richtigen Mix ja auch mal wieder ein Ostverein ganz nach oben, Droge Dresden zum Beispiel.“
Auch bei den Einnahmen eröffnen sich neue Dimensionen. „Spritzbesteck beim Merchandising, Doktorköfferchen, Blutbeutel mit Erdbeermarmelade, da ist viel Fantasie drin“, freut sich Klaus Allofs, der Manager von Cannabis Wolfsburg. Nach einem exklusiven Vierjahresvertrag mit einem kalifornischen Marihuana-Produzenten – den Kontakt vermittelte Jürgen Klinsmann – präsentiert der Verein auch gleich seine neue Devise für die Saison: „Yo Mann, was geht ab? Halt andere auf Trab!“
Bleibt noch die Prognose für die wichtigsten sportlichen Entscheidungen. Spannend bleibt es am Tabellenende, wo Hämoglobin Berlin sich im Endspurt noch auf den Relegationsplatz retten kann, in den Entscheidungsspielen allerdings gegen Union Heroin verliert. Zusammen mit Nitrazepam Bremen und MediNait Hamburg geht es ab ins Unterhaus. Den Hansestädtern werden ihre neuen Hauptsponsoren zum Verhängnis, beide verschlafen die komplette Rückrunde.
Kanüle München landet am Ende der Saison durch verunreinigtes Ecstasy diesmal nur auf Platz sieben. Auf den weiteren Plätzen folgen Nutella Freiburg, Koks 96 und Benzedrin Gladbach. Für die Champions League qualifizieren sich direkt der 1. Fußballclub Mate Nürnberg und Anabolika Augsburg. Meister wird nicht ganz überraschend Bayer Leverkusen. Die bessere Bank gibt den Ausschlag. Die Blutbank selbstverständlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene