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Die WahrheitKim Dotcodotnz

Anke Richter
Kolumne
von Anke Richter

Neues aus Neuseeland: Der dicke deutsche Internet-König Kim Schmitz will jetzt sogar eine Partei gründen. Und prompt reißen sich alle um ihn.

Kim Dotcom will jetzt in die Politik. Oder so. Bild: ap

I ch hab schon mal den Bikini rausgelegt und arbeite an meinem Hacker-Vokabular. Vielleicht bekomme auch ich ja per Twitter eine spontane Einladung zur nächsten Pool-Party von Kim Dotcom. Sollte ich mir lieber was über Menschenrechte anlesen, falls ich den größten Freiheitskämpfer Ozeaniens treffe?

Früher kamen in seinen Videos grelle Busenstars vor, jetzt sieht man Martin Luther King und putzige bikulturelle Dotcom-Kinder. Alles ist möglich, wenn Neuseelands berühmtester Deutscher am 20. Januar mit Riesentamtam den zweiten Jahrestag seiner hollywoodreifen Verhaftung feiert. Das ist erst der Anfang. Mr. Mega-Upload will in die Politik.

Musiker, Promis und Dokumentarfilmer reißen sich alle darum, im Dunstkreis der dubiosen Datenschleuder zu sein. Mit Big Kim abzuhängen, ist plötzlich cool. Die Meetings im warmen Chlorwasser sind legendär. Der Hausherr, ganz in Schwarz und mit getönter Brille, tunkt im T-Shirt im Pool. Man knipst viele Fotos, bewundert die künstlichen Giraffen, den unendlichen Golfrasen und andere Monstrositäten und trägt wieder ein wenig zur Inszenierung des gewichtigen Germanen bei. Aus dem peinlich-protzigen Blender aus Kiel-Mettenhof wird der neue Volksheld Aotearoas.

An Silvester war er der Star des Musikfestivals „Rhythm and Vines“ in Gisborne. Punkt Mitternacht spielte Dotcom DJ, ließ sein neues Album „Good Times“ erklingen und setzte das gigantischste Feuerwerk in Gang, das die Stadt je gesehen hat. 25.000 Menschen jubelten ihm zu. Pyrotechnik ist nur eines der vielen Dinge, mit denen Schmitz alias Kimble alias Dotcom die Herzen der Kiwis erobert hat. Er will sogar dem Segler-Team New Zealand den nächsten Start beim America’s Cup spendieren.

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir Kim als Stofftier mit Doppelkinn kaufen können. Denn Kim ist ein knuffiger Rebell, fast ein bisschen wie „Shreck“. Er lässt es krachen, aber nicht mehr im Konsumrausch wie früher, sondern einzig im Namen der Freiheit. Dagegen verblasst Mandela.

Big Kim verspricht uns, Neuseeland endlich flottzumachen. Er holt uns aus der digitalen Steinzeit. Er will eine Partei gründen, die ein schnelleres Broadband an unsere Ufer bringt und grenzenlose Netzfreiheit verspricht. Ein antipodischer Pirat also. Zurzeit prangt er groß auf Werbetafeln der Firma Orcon und plädiert für besseres Internet, damit auch Neuseeland endlich „erste Welt“ wird.

Premierminister John Key hält das alles nur für PR-Taktik, damit sein erklärter Feind die Auslieferung in die USA verhindern kann. Dort soll Dotcom wegen Copyright-Verletzungen der Prozess gemacht werden. Fürs Parlament kandidieren kann der Rebell in der Tat nicht, solange er keine neuseeländische Staatsbürgerschaft hat. Auch über seinen Nachnamen sollte er als Volksheld noch mal nachdenken. Auf Facebook läuft seit Monaten eine Petition, dass Dotcom sich bitte in Kim Dotcodotnz umbenennen möge. Denn die hiesigen Domains enden alle auf „co.nz“, nicht „com“. Am besten wäre Kim Freed(otc)om.

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Anke Richter
Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).
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6 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • 1G
    1326 (Profil gelöscht)

    Seit wann stört sich die Taz daran, wenn jemand nicht sein Idealgewicht hat und (sogar!) ein Doppelkinn hat?

  • X
    XHQ8N-C3MCJJ-RQXB6-WCHYG-C9WKB

    "An Silvester war er der Star des Musikfestivals „Rhythm and Vines“ in Gisborne. Punkt Mitternacht spielte Dotcom DJ, ließ sein neues Album „Good Times“ erklingen und setzte das gigantischste Feuerwerk in Gang, das die Stadt je gesehen hat."

     

    Wenn dem so wäre, wieso ist der "Dotcom DJ" nicht mal im "2013 line-up" der festival-website:

    http://www.rhythmandvines.co.nz/artist/

    erwähnt ?

    Und ich bezweifel auch, dass "die Stadt" (Gisborne, ca. ≤ 33.000 Einwohner) "das gigantischste Feuerwerk" auf dem über 10 km entfernten Veranstaltungsort "gesehen hat", hätte sehen können.

    "Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir (....)" uns noch an ganz andere Lügen in der taz(-"Wahrheit") gewöhnen. Aber Freikarten inkl. Übernahme von Anreise- u. Übernachtungs-kosten für 's bewerbende name-dropping würden gerne entgegengenommen, auch im "Bikini", oder nicht?

  • X
    XHQ8N-C3MCJJ-RQXB6-WCHYG-C9WKB

    Im weltreporter.net könnte frau/man zur Autorin lesen:

    "Ihr Immigrantenleben verarbeitet sie regelmäßig in einer taz-Kolumne."

     

    Ob das aber einen dermaßen (auch unqualifiziert) billigst desavouierenden Beitrag selbst unter der nie ganz 'ernst' zu nehmenden, vielleicht 'ironisch' gemeinten taz-Rubrik: "Wahrheit" rechtfertigt, erscheint mir fragwürdig, zumal der "dicke deutsche Internet-König" (nolens volens) einer der Wenigen ist, die sehr konsequent und effektiv gegen US-amerikanische Vorstellungen von (weltweit praktiziertem Übergriffs-) 'Recht' vorgehen und aktueller auch die Neuseeländer davor bewahren könnte, dass deren Bürgerrechte in ähnlicher Weise per inzwischen auch dort intendierter Gesetzesänderungen unterminiert werden, wie es in D von den etablierten Bundestags-Parteien – vor dem 'amerikanischen Freund' gewohnt servil einknickend – nicht nur hingenommen wird, sondern im Grunde ein klar kriminelles, kooperatives Vorgehen darstellt.

    Frau, man, Europa, jede Nation dieses Planeten hat sich dem kruden, exklusiv die us-amerik. Vormachtstellungen schützen sollenden 'Rechtsverständnis' der US-Administration zu widersetzen! 'Terrorbekämpfung', so wie US-Amerika das versteht, ist nicht der Grund (zur auch illegalen Überwachung durch NSA & Co), sondern Vorwand, umfassend kriminell zu handeln und n.a. imperialistisch-faschistoiden (Wirtschafts-) Kolonialismus zu praktizieren, realisieren, denn für die jeweiligen Regierungsmitglieder und Strippen ziehenden Mega-Kapitalisten der USA sind 'Sozialisten', 'Kommunisten', Nicht-US-Amerikaner, etc., nach wie vor pers se erst mal in toto 'Terroristen'.

    Wäre ich Kim und hätte Ihre "Wahrheit" gelesen, ich hätte Ihnen eine "spontane Einladung zur nächsten Pool-Party" geschickt, wenn nicht lieber gleich sofort nur eine nur für Sie veranstaltet, um in Erfahurng bringen zu können, wie Sie denn so zu den (Bürger-)'Rechten' [;-)] stehen – ob Sie gekommen wären?

  • Im Artikel kommt der bunte Kim zu schlecht weg. Was er an den Amis und dem Internet kritisiert ist doch nur ein Bruchteil dessen, was zu kritisieren wäre (es ist in Wahrheit viel schlimmer). Doppelkinn, vielleicht auch ein wenig übergewichtig, das sind doch Äußerlichkeiten, liebe Anke. Nee, in die Politik sollte er nicht gehen, da wimmelt es von Bücklingen, Speichelleckern, international wie in Deutschland. Sich mit den Menschenrechten vertraut machen, kann nicht schaden, Anke. Fang mit Art 5 GG an, Pressefreiheit, Zensur und schaue Dir an, was die Journalisten-Kollegen so pinseln. Art 2 I i.V.m. 1 GG, Allg. Persönlichkeitsrecht, Menschenwürde. Wer die tgl. Nachrichten liest fragt unweigerlich nach den Grundfreiheiten, nicht nur der Kim in Neuseeland.

  • KIM RULES!!!

  • D
    Denker

    Sehr schade dass hier nicht auf seine rechtswidrige Fahndung und Verhaftung eingegangen wird. Das hier inzwischen Interessengruppen ,die Obama etwas näher stehen, sich so über Gesetze in anderen Ländern hinwegsetzten können, ist meiner Meinung nach um einiges wichtiger als der Neid des Autors gegen einen Betreiber einer Website. Sehr schade dass der Autor nicht seine persönliche Abneigung gegen Kim etwas weniger zum Ausdruck bringen könnte.