Die Wahrheit: Singt er oder singt er nicht?
Amerikanischer Country-Pop ist in Irland sehr beliebt. Und wenn die huttragende Heulboje Garth Brooks aufspielt, gibt es sogar internationale Verwicklungen.
S eit zwei Wochen beschäftigt Irland die bange Frage, ob der amerikanische Country-Pop-Musiker Garth Brooks in Dublin auftritt. Letzter Stand: Er singe solange nicht in Irland, bis man dort die törichten Gesetze geändert habe. Die erlauben nämlich nur drei Konzerte pro Jahr im Croke Park, dem innerstädtischen Stadion für 80.000 Zuschauer, die bis in die Nacht ein verheerendes Chaos im gesamten Viertel anrichten.
Das Stadion gehört der Gaelic Athletic Association (GAA), die für die irischen Sportarten Gaelic Football und Hurling zuständig ist. Für andere blieb der heilige Croke Park lange Zeit verschlossen. Vor allem die englischen Spiele Rugby, Fußball, Hockey und Cricket wurden von den Traditionalisten als „Garnisonssportarten“ verachtet. Inzwischen hat jedoch die Geldgier über die Prinzipien gesiegt, und man vermietet das Stadion gerne für Großereignisse.
Die Dubliner Konzerte sollten nach langer Bühnenabstinenz der Auftakt für eine Garth-Brooks-Comeback-Tournee sein. Zunächst waren nur zwei Konzerte für den 25. und 26. Juli geplant, die Tickets waren innerhalb von 20 Minuten ausverkauft. Also hängte man kurzerhand ein drittes Konzert an. Nach einer Viertelstunde waren auch diese Eintrittskarten vergriffen. Beim vierten Konzert dauerte es 25 Minuten, beim fünften 50 Minuten. Das bedeutet, dass 400.000 Iren fast 30 Millionen Euro ausgegeben haben, nur um den US-Jodler zu hören. Zehn Prozent der Bevölkerung haben ihren Musikverstand verloren!
Die Veranstalter hatten allerdings vergessen, Anwohner und Stadtverwaltung zu informieren. Die schoben der Sache einen Riegel vor und verboten die letzten beiden Auftritte. Mit Country-Fans ist jedoch nicht zu spaßen. Die meisten tragen wie ihr Redneck-Vorbild aus Oklahoma einen Cowboyhut und sind bewaffnet. So lenkte die Stadtverwaltung ein und schlug fünf Konzerte in drei Tagen vor. Matineen kämen nicht in Frage, antwortete Brooks. Fünf Abendkonzerte oder gar keins. Ist der Mann lichtscheu?
Die Brooks-Gemeinde hat nun den mexikanischen Botschafter eingeschaltet, der offenbar auch ein Brooks-Ticket gekauft hat. Er soll auf den US-Präsidenten Obama einwirken, damit er Brooks überredet, in Dublin aufzutreten. Obama hatte jedoch vor den Wahlen 2008 enthüllt, welche Musik er auf seinem iPod gespeichert hatte: Dylan, Rolling Stones, Springsteen, Coltrane – Brooks war nicht dabei. Spricht das nun für den Kriegstreiber oder für den Musikanten? Brooks bot an, dem irischen Premierminister Enda Kenny eine Audienz zu gewähren, um die leidige Sache auszuräumen. Ein Regierungschef sollte doch in der Lage sein, ein albernes Gesetz außer Kraft zu setzen. Für dieses Gespräch wollte Brooks sogar nach Irland schwimmen. Kennys Kommentar: „Na, das wäre ja wirklich ein Weltrekord.“ Brooks antwortete: „Ich glaube, man kann nicht von einer Zukunft für Irland sprechen, bis das Land ein System hat, das funktioniert.“ Er hat recht. Aber was hat das mit seinem Auftritt zu tun?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!