Die Wahrheit: Decken für Deutschland

Politik mit Köpfchen: Wie die AfD gegen den Kindermangel im Land vorgeht und auf beeindruckende Weise die Zukunft der Nation sichert.

Vorbildlich setzt die AfD ihr Parteiprogramm um Bild: Imago / Geisser

Die Alternative für Deutschland hat im Osten der Republik einen Siegeszug angetreten, auf dem sie aller Wahrscheinlichkeit nach bald ganz Deutschland erobern wird. Ihren Erfolg verdankt sie nicht zuletzt dem Mut, mit dem sie unbequeme Wahrheiten ausspricht, heiße Eisen anfasst und den politisch korrekten Mainstream vor den Kopf stößt. Während den kleinen Mann auf der Straße dieser Mut begeistert, reagieren die Massenmedien noch verhalten. Groß war darum auch die Skepsis, als Frauke Petry, die Frontfrau der AfD, Berliner Journalisten jüngst zu einer Pressekonferenz nach Poppendorf in der Uckermark einlud. Auf dem Gelände der stillgelegten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft „Clara Zetkin“ trat Petry auf einer improvisierten Bühne ans Mikrofon.

„Sehr verehrte Vertreter der manipulierten Systempresse! Hier, an diesem zugegebenermaßen auf den ersten Blick sonderbaren Ort, möchte ich heute zu Ihnen sprechen über ein Thema, das mir wie kein anderes auf dem Herzen brennt. Ich rede von der Bevölkerungspolitik. Ich lasse mir diesen Begriff nicht verbieten, nur weil er vor einigen Jahrzehnten mal von einigen Rechtsextremisten missbraucht worden ist. Mein Schlachtruf ist und bleibt: Kinder sind unser Kapital!“

Irritiert durch ein zögerliches Klatschen einiger Journalisten, unterbricht sich Frauke Petry für einen Moment selbst, fährt dann aber umso fester fort: „Man hat mich verunglimpft, weil ich die Politik aufgefordert habe, sich endlich um die Bestandserhaltung des deutschen Volkes zu kümmern. Man hat mich beschimpft, weil ich gesagt habe, eine normale deutsche Familie solle drei Kinder haben. Aber ich lasse mich von diesem Geifer nicht beirren. Ich bleibe dabei: Die Kinderarmut ist das größte Problem unseres Landes!“

Wieder ist die Rednerin irritiert, diesmal aber von sich selbst: „Verzeihung, das war jetzt etwas missverständlich. Ich meine natürlich nicht die Armut von Kindern, die ist nicht das Problem, sondern die Armut an Kindern. Das deutsche Volk stirbt aus, wenn wir nicht endlich Gegenmaßnahmen ergreifen. Der Neger, der Türke, der Chinese – sie alle vermehren sich hemmungslos und erfolgreich. Der Deutsche hingegen produziert kaum noch Nachwuchs. Wenn sich daran nichts ändert, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Fremdvölker unser Land überrennen und den deutschen Boden an sich reißen …“

Hatte sich ihre Stimme an dieser Stelle kurzzeitig überschlagen, fängt sich Frauke Petry wieder: „Sie fragen sich nun gewiss, was das alles mit dem Ort zu tun hat, an dem wir uns befinden. Hier, auf diesem Gelände, wird unsere Partei auf eigene Kosten ein Modellprojekt unter dem Namen ’Quelle des Lebens‘ starten, das unsere Bevölkerungspolitik im Kleinen erprobt, bevor wir sie nach der Machtergreifung im Großen durchführen können. Wir werden die Gebäude dieser ehemaligen Milchviehanlage zu einer einmaligen Zuchtanstalt für deutsche Mütter umbauen.“

Ergriffen von den eigenen Worten, hält die Spitzenpolitikerin inne – und setzt dann aufs Neue an: „Viele Frauen, gerade in Ostdeutschland, haben ihren Partner vergrault, sich oft sogar scheiden lassen, finden aber gleichzeitig dennoch keinen angemessenen Job. Nicht nur die Arbeitskraft, sondern auch die Fruchtbarkeit dieser Frauen liegt brach. Warum also bezahlen wir sie nicht einfach für das, was sie am besten können? Wir schlagen so zwei Frauen … äh, Entschuldigung! – Fliegen mit einer Klatsche, kurbeln die Fortpflanzung an und senken gleichzeitig die Zahl der Arbeitslosen. Selbstverständlich werden wir durch Gesichtskontrollen und Gentests bei der Aufnahme sicherstellen, dass ausschließlich biodeutsche Frauen in den Genuss unserer Bodenhaltung kommen.“

Glücklich, fast am Ende zu sein, schwingt sich Frauke Petry zu einem finalen Kraftakt auf: „Sie fragen sich vielleicht, wer denn den männlichen Part in unserem Modellprojekt übernehmen wird. Ich freue mich, ankündigen zu dürfen, dass unser Bundesvorsitzender Professor Bernd Lucke versprochen hat, diese Aufgabe selbstverständlich zu erfüllen, soweit es seine politischen und ehelichen Pflichten erlauben. Und, um auch diese Frage zum Schluss vorwegzunehmen: Nein, ich selbst werde mich an dem Projekt persönlich nicht beteiligen, denn ich habe als vierfache Mutter meine vaterländische Pflicht schon übererfüllt.“

Spricht’s und tritt für die zahlreich versammelten Fotografen an die Zuchtbox heran, in der das kuschelige Liebesnest eingerichtet und die Zukunft der Nation gezeugt werden soll. Und wieder hat die AfD ein Problem für Deutschland gelöst.

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