Die Wahrheit: Weichteile zum Kauen
Neues aus Neuseeland: Durch den Fehler eines chinesischen Lieferanten kaut halb down under auf herrlich obszönen Penis-Gummibärchen herum.
J ahre ist es her – treue Leser erinnern sich – dass ein Süßigkeitenskandal den Südpazifik erschütterte. Damals ging es um eine Sorte weißer Kaubonbons, ähnlich schmeckend wie Mäusespeck, die den politisch unkorrekten Namen „Eskimo“ trugen. Jetzt kommt es noch dicker. Und deutlicher erigierter … äh, erregter. Denn jetzt hat Neuseeland Penis-Gummibärchen zu verdauen.
Die in Nelson ansässige Süßwarenfirma „Dutch Rusk“ importierte fünf Paletten Weingummi der Marke „Dragon Sweets“ aus China und mischte sie, anscheinend ohne nähere Inspektion, in ihre bunt sortierten Kaubonbon-Beutel. Bereits zwei Wochen später kamen die ersten Beschwerdeanrufe. Entsetzte, erboste, empörte Konsumenten hatten essbare Mini-Penisse im Gummibären-Sortiment gefunden – mal grün, mal gelb, mal orange. Nicht auszumalen, welcher psychische Schaden entstünde, wenn solch ein Phallus in Kinderhände oder gar -münder geriete.
„Wir dachten zuerst, das sei ein Scherz“, so Dutch Rusk-Geschäftsführer Jack van de Geest. „Ich konnte es wirklich nicht glauben.“ Schließlich trudelten die Weichteile zum Beweis per Post ein. Die Importfirma startete sofort eine Rückrufaktion des gesamten Sortiments, auch wenn im Schnitt nur jedes zwanzigste Tütchen mit ein oder zwei der anstößigen Replikationen kontaminiert war. Van de Geest entschädigte die Verbrauer umgehend mit kostenlosem Süßzeug. „Wir haben getan, was wir konnten. So etwas kann leider passieren.“
In China, dem weltweit größten Hersteller von Sex-Spielzeugen wie Dildos, sind die süßen „Penis Gummies“ frei käuflich. Das männliche Geschlechtsteil ist dort ein Symbol für Fruchtbarkeit und Gesundheit. Im Jahr 2011 ging ein Foto samt Aufschrei um die Welt, auf dem Tom Cruise’ Tochter Suri mit Mama Katie Holmes beim Einkaufen in New York eine Packung „Penis Gummies“ aus dem Regal zieht. Und im vergangenen Jahr empörte sich eine englische Mutter, deren siebenjährige Tochter ein Kaugummi namens „Camel Balls“ gekauft hatte. Auf der Verpackung waren die überdimensionalen Hoden eines Kamels zu sehen. Shocking! Dass Tiere sowas haben!
Während der Fußballweltweisterschaft musste sich die Firma Nestlé mit einer mysteriösen Penis-Fehlpressung auf ihrer „Milky Bar“ herumschlagen, die ein Londoner Rechtsanwalt auf einem Riegel aus weißer Schokolade ortete und publik machte. Bereits zwei Jahre zuvor kursierte das erste Foto einer ähnlichen Schoko-Schniedel-Erscheinung im Internet. Nestlé erklärte dazu, es handele sich um den Kopf eines Pferdes, nicht um den Schwanz des Mannes.
Damit kann sich Dutch Rusk nicht herausreden. Den Neuseeländern blieb nach der Rückrufaktion nur die komplette Vernichtung des Corpus Delicti. Alle Tüten, ob mit oder ohne Penis-Gummibär, landeten auf der Müllkippe – ein Verlust von Tausenden Dollar. Van de Geest befürchtet, manche Geschäftspartner für immer verprellt zu haben. Von wegen Fruchtbarkeitssymbol – nur in China.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!