Die Wahrheit: Großmops wieder da!
Das Rätsel um den untergetauchten nordkoreanischen Diktator ist gelöst. Kim Jong Un wurde in einer deutschen Vorratskammer aufgefunden.
Vor nunmehr fünf Tagen entdeckte die alleinstehende, im Schwalm-Eder-Kreis wohnhafte Hausfrau Elfriede Gospert (69) den vermissten nordkoreanischen Despoten Kim Jong Un in ihrer Vorratskammer. „Er hat da so gesessen und an einem rohen Maiskolben genagt. Erst hab ich die Polizei holen wollen. Ich meine, was hat dieser fremde Mann in meiner Vorratskammer verloren? Aber man ist ja kein Unmensch. Er hat ganz freundlich genickt, und ich hab ihm dann auch mal Hühnersuppe gebracht und Ravioli oder Schnittchen mit Leberwurst.
Dass er ein Staatsmann ist, das hab ich ihm zu Anfang gar nicht angesehen. Und es wäre wohl auch besser, wenn sich das nicht herumspricht. Ich hab ja nun wahrhaftig nur selten Herrenbesuch, und Sie wissen doch, wie das mit den Nachbarn so ist. Die interpretieren da nachher alles mögliche hinein.
Wir kommen jedenfalls gut miteinander aus, der Herr Kim und ich. Er nimmt mir viel von meiner Hausarbeit ab, vor allem das Bügeln, und er ist auch sonst sehr reinlich, wenn auch etwas schreckhaft. Die Fernsehnachrichten mag er nicht kucken, und er will auch nicht darüber reden, was ihn von Nordkorea in meine Vorratskammer verschlagen hat. In diesem Punkt ist er verschwiegen.
Es ist sowieso nicht leicht, sich mit ihm zu verständigen. Wir machen das meistens mit Handzeichen. Ob er morgens Butter oder Margarine haben will auf seinem Brötchen oder wie lange das Frühstücksei kochen soll, das geht ja noch, aber versuchen Sie mal, so einem Diktator aus Nordkorea den Unterschied zwischen Kochwaschgang und Wollwaschgang zu erklären. Oder wie ein Dosenöffner funktioniert. Da hat der Kim sich angestellt, also, das glaubt man gar nicht. Wie der erste Mensch! Ich hab schon fast gedacht, ich muss den Krankenwagen rufen.
Nach und nach haben wir uns zusammengerauft, und nun wüsste ich kaum noch, was ich machen sollte, wenn ich diesen netten Herrn nicht bei mir hätte. Er bringt den Müll runter, er putzt die Fenster blank, und mittlerweile kauft er auch mal ein, hier bei Rewe, nachdem ich ihm das mit den Treuepunkten erläutert habe.
Und abends sitzen wir jetzt auch schon mal bei einem Gläschen Vino vor dem Fernseher und sehen uns einen Krimi an. Nur die Nachrichtensendungen, wie gesagt, die kann er nicht vertragen, und er besteht darauf, in der fensterlosen Vorratskammer zu schlafen. Ich hab ihm da eine Matratze reingelegt und Bettzeug und ein Heizkissen. Damit muss er sich behelfen, und das scheint auch irgendwie zu gehen.
Neulich hat er allerdings mal die Wohnungstür mit der Toilettentür verwechselt, und da musste ich nachts um drei wieder hoch und ihm aufmachen. Aber sonst haben wir eigentlich keine Probleme, wenn man mal davon absieht, dass er darunter leidet, keine Todesurteile mehr unterschreiben zu können. Das hat er mir zu verstehen gegeben, dass ihm das fehlt.
Ist ja auch verständlich, wenn man früher mal ein ganzes Land tyrannisiert hat. Da schaltet man nicht von heute auf morgen einfach so um. Obwohl, wenn ich mir vorstelle, dass ich eine Diktatorin wäre … nee. Ich könnte das nicht. Dazu muss man berufen sein. Wir leben halt in unterschiedlichen Kulturen.
Ich merke das auch daran, dass der Herr Kim immer öfter von mir verlangt, zu jeder Tages- und Nachtzeit mit einem überlebensgroßen Foto von ihm in meinem Wohnungsflur umherzumarschieren. Aber ich denk ja nicht dran! ’Herr Kim‘, hab zu ihm gesagt, ’wie stellen Sie sich das denn vor? Ich bin doch keine nordkoreanische Volksmasse!‘ Daran hat er noch zu knacken, das hab ich ihm wohl angemerkt. Er hat sich so ein bisschen zurückgezogen.
Jedenfalls ist er seit vorgestern nicht mehr aus der Vorratskammer herausgekommen. Er hat sich da mit dem Chemiebaukasten meines verstorbenen Mannes verbarrikadiert und mir ein Papier unter der Tür durchgeschoben, auf dem sinngemäß draufsteht, dass er eine Wasserstoffbombe bauen und mein Wohnzimmer damit in die Luft sprengen will, aber das traue ich ihm gar nicht zu. Mit Männern kenne ich mich nämlich aus. Dafür ist er dann doch wieder etwas zu unbedarft, der pausbäckige Pummel …“
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