Die Wahrheit: Dann lieber eine Eiterbeulensuppe
Eigentlich wollte ich mich nicht mehr über Bono und U2 auslassen. Denn über Bono zu lästern, ist, wie ein totes Pferd treten. Aber ...
E igentlich wollte ich mich nicht mehr über Bono und U2 auslassen. Dazu ist die Band längst zu irrelevant, und über Bono zu lästern, ist, wie ein totes Pferd treten. Aber der singende Dubliner Klotzkopf lässt nicht locker mit seinen Versuchen, die desinteressierte Musikwelt zu beglücken.
U2 haben ihr 13. Album „Songs Of Innocence“ aus Angst vor blamablen Verkaufszahlen an 500 Millionen iTunes-Kunden verschenkt. Das ungebetene Präsent wirkte auf viele wie eine Einladung zur Eiterbeulensuppe, die man nicht ablehnen kann.
Philosoph Bono („Wenn ich der Musik nahe stehe, und du stehst der Musik nahe, dann stehen wir uns beide nahe“) hat nichts daraus gelernt. Jetzt legte die Band nach und veröffentlichte – passend zu den elf Songs des Albums – elf Filmchen, die von elf der „bedeutendsten urbanen visuellen Künstler“ hergestellt wurden. Einer davon ist Oliver Jeffers, der Kinderbuchautor, der über Pinguine und kleine Jungs auf dem Weg zum Mond schreibt. Er ist ein Freund der Band und durfte schon mal ein Single-Cover zeichnen.
Todd James hätte sich das Lied vielleicht anhören sollen, bevor er seinen Film drehte. Er hätte dann gemerkt, dass „The Troubles“ gar nicht vom Nordirland-Konflikt handelt. So tauchen in seinem Streifen vermummte Gestalten auf, die Brandbomben werfen und sich mit der Polizei Scharmützel liefern. Der Film zum Song „Raised By Wolves“ des portugiesischen Künstlers Vhils zeigt hingegen originellerweise Wölfe, die in Zeitlupe durch die Stadt stromern.
Noch pompöser als früher
So weit, so banal. Hätte es sich dabei um ein paar Musikvideos gehandelt – Schlamm drüber. Aber es seien „Kunstfilme“, bombastete Bono, es handle sich um ein „globales multidisziplinäres Gruppenprojekt“. Man muss der Band zugutehalten, dass sie der arglosen Kundschaft die Filmchen nicht wieder ungefragt ins Nest – beziehungsweise in die iTunes-Inbox – gelegt hat. Man kann sie bei iTunes kaufen. Man kann es aber auch sein lassen.
Als Gutmensch von Weltrang hat es sich Bono nicht nehmen lassen, bei der neuesten Neuauflage von „Do They Know It’s Christmas“ mitzumischen. Der Erlös soll der Bekämpfung von Ebola in Afrika, wo laut Liedtext „niemals irgend etwas wächst“, zugutekommen. Käme er der Bekämpfung von Bono zugute, würde ich die Scheibe kaufen – trotz des widerlich gönnerhaften Songs des schlichten Bob Geldof, hauptberuflich ebenfalls Gutmensch. Natürlich wissen die buschgötzengläubigen Afrikaner in ihrer „Welt aus Angst und Furcht“ nicht, dass Weihnachten ist.
Dieses Jahr ist das Wohltätigkeitsprojekt noch pompöser als früher, das Lied wurde in mehreren Sprachen aufgenommen. Für die deutsche Version war die tote Hose Campino zuständig, was bei einem Fortuna-Düsseldorf-Fan wenig überrascht. Mit dabei sind das Hutgesicht Lindenberg, Dialektsänger Niedecken, Rechtsmediziner Börne und der Untote Maffay. Die wunderbare Band Chumbawumba hat bereits 1986 ein Album mit dem Titel veröffentlicht: „Bilder von hungernden Kindern verkaufen Schallplatten“.
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