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Die WahrheitAb nach Helgoantánamo!

Im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat schafft die Bundesregierung in der Nordsee ein Lager für deutsche Dschihad-Heimkehrer.

Grün ist das Land, rot ist die Kant, weiß ist der Sand: Das sind die Farben von Guantánamo light. Bild: Imago / Blickwinkel

Der Terror in Syrien ist zuletzt heftig ins Stocken geraten und der IS wird Stück für Stück zurückgedrängt – in Afghanistan tut sich ebenfalls herzlich wenig in Sachen Gottesstaat. Das sorgt verständlicherweise für schlechte Laune und Desillusionierung auf Seiten der Dschihadisten aus aller Welt, auch bei denen aus Deutschland.

Wie MAD und BND durch V-Männer erfahren haben, sei die Stimmung unter den deutschen Gotteskriegern mies: Es werde immer häufiger die schlechte Toilettensituation kritisiert, und auch die Internetbandbreite sei voll für die Katz. Zudem könnten die Kurden-Kuffarbäcker kein ordentliches Bauernbrot mit knuspriger Kruste backen, heißt es.

Nicht verwunderlich ist es deshalb, dass eine regelrechte Heimreisewelle unter den Dschihadisten eingesetzt hat – schließlich ist es viel bequemer, zu Hause ALG II zu kassieren und in der Fußgängerzone Korane zu verteilen, als sich in der Wüste ein Loch in den Bauch schießen zu lassen. Doch aus dieser schönen Heimkehrfantasie wird nichts werden, denn die Behörden sind vorbereitet. Alle Rückkehrer werden direkt an der Bundesgrenze abgefangen und verhaftet.

Um die Einreise gleichermaßen diskret wie effektiv abzuwickeln, kooperieren Zoll und Bundesgrenzschutz miteinander. Neue Hinweistafeln wurden an allen deutschen Flughäfen aufgestellt, die eindeutig besagen: Dschihadisten müssen generell den roten Ausgang nehmen und zudem alle mitgebrachten Raketenwerfer, Sprengstoffwesten, abgetrennte Köpfe sowie Ziegenkäseprodukte anmelden – und versteuern. Anschließend fliegt man sie mit von der CIA ausgeliehenen Maschinen nach Helgoland, wo sie in einem neu geschaffenen Lager interniert und nach Herzenslust entislamisiert werden sollen.

Preisschafkopfen mit Pfarrer Fliege

Das geschieht auf der kleinen Helgoland-Nebeninsel Düne in einem ausbruchsicheren Komplex aus Beton, Stacheldraht und saftigen Grünflächen. Dort wird die wachsende Zahl der potenziell gefährlichen Rückkehrer untergebracht. Die Einrichtung dieses Dschihadisten-Camps war nur möglich, da Helgoland seit jeher einen Sonderstatus genießt. Gemeinhin bekannt war bisher, dass für das vierzig Kilometer vom Festland entfernte Helgoland wirtschaftliche Sonderregelungen gelten, jedoch sind die Ausnahmen und Befreiungen viel tiefgreifender als angenommen.

So zählt die Gemeinde weder zum Gebiet der Europäischen Union, noch gelten hier die deutschen Gesetze in vollem Umfang. Als das Innenministerium auf Anraten des BND vor Kurzem den zugrunde liegenden Gesetzestext noch einmal eingehend studierte, kam heraus, dass Helgoland größtenteils rechtsfreier Raum ist. Das kam wie gerufen für die Einrichtung des intern „Helgoantánamo“ getauften Projekts.

Den Insassen geht es dabei aber bedeutend besser als im amerikanischen Vorbild. So sind hier bestenfalls Folter light und sanfte Verhörmethoden – wie etwa Fußkitzeln und Nippel-Umdrehen – erlaubt. Experten des BKA und BND sind vor Ort und sorgen dafür, dass man die Radikalen nicht zu hart rannimmt. Anders als in Guantánamo werden sie nicht Tag und Nacht mit Deathmetal und Disneymelodien beschallt, sondern dürfen im Gemeinschaftsraum Aufzeichnungen sämtlicher Shows mit Florian Silbereisen und Helene Fischer sehen. Das soll den guten Deutschen in ihnen wecken und die Islamisten-Gehirnwäsche brechen.

„Die Leitkultur muss wieder rein in die zerbomten Gehirnzellen!“, heißt es aus Kreisen des Bundeskriminalamts. Außerdem werden den künftigen Exislamisten Rehabilitations- und Resozialisierungskurse angeboten: Gartenzwerge töpfern mit Heino oder Preisschafkopfen mit Pfarrer Fliege.

Vereinzelte Proteste gegen das neue Lager sind schnell verstummt, seit bekannt wurde, dass aus den sicherheitshalber abrasierten Hordenbärten der Insassen Füllungen für Matratzen in Flüchtlingsheimen gewonnen werden. Selbst Abgeordnete der Grünen zeigen sich hochzufrieden mit den Integrationsmaßnahmen, da die meisten Heimkehrer als Hauptfach bei den Wiedereingliederungsschulungen Stricken und Häkeln gewählt haben.

Noch hat das Lager in Helgoland jede Menge Kapazitäten frei, und so sollen im Rahmen des TTIP-Abkommens mit den USA auch einige Gefangene aus dem zu schließenden US-Lager Guantánamo nach Helgoland verlegt werden. Im Austausch stellt die amerikanische Regierung erfahrene Waterboardingtrainer zur Verfügung. Zum Leidwesen der Insassen hat das Innenministerium jedoch Waterboarding mit Windsurfen verwechselt. Na ja, irgendein Haken musste ja an der Sache sein.

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