Die Wahrheit: Schwule Pinguine
Bei den bald anstehenden Parlamentswahlen in Großbritannien verzeichnet die antretende Ukip ganz besonders viele Klotzköpfe.
I n knapp drei Wochen wählen die Briten ein neues Parlament. Viele von ihnen werden ihre Stimme der United Kingdom Independence Party (Ukip) geben, einer illustren Vereinigung von Klotzköpfen.
Der eine schummelt bei Spesenabrechnungen, der andere tritt als Gastredner bei der neofaschistischen Movimento Sociale Italiano auf, der Generalsekretär wird von der eigenen Kandidatin der sexuellen Belästigung beschuldigt, und ein weiterer Kandidat macht Witze über die Erschießung von Landeiern, beleidigt eine Frau mit chinesischem Namen als „Chinky“ und beschimpft Ukips Sprecher für Immigration als „Schwindler“ und „Arschloch“.
Der durchgeknallteste ist jedoch Peter Mullen. Der 73-jährige pensionierte anglikanische Priester war früher Vikar in Tockwith in Yorkshire. Im Jahr 1989 warf man ihn hinaus, weil er es mit einem verheirateten Gemeindemitglied getrieben hatte. Bis 1997 war er kaltgestellt, dann wurde er Kaplan der Vereinigung von Flugzeugpiloten sowie Seelsorger an der Londoner Börse, um den Spekulanten beizustehen, wenn sie wieder mal ein paar Millionen in den Sand gesetzt hatten.
Mullen forderte vor ein paar Jahren, dass Schwulen eine Warnung auf den Hintern tätowiert werden sollte: „Homosexualität kann die Gesundheit schädigen.“ Auf das Kinn gehöre eingraviert: „Fellatio tötet.“ Als daraufhin ein Shitstorm losbrach, behauptete Mullen, sein Vorschlag sei satirisch gemeint und entspreche ganz und gar dem englischen Humor. Er habe sogar ein paar schwule Freunde.
Mullen passt also gut zu Ukip. Er spricht bisweilen auf deren Veranstaltungen und wütet gegen die Europäische Union und den Islam. Einmal hoffte er auf ein „hübsches Blutbad“ bei der jährlichen Hadsch in Mekka: „Die schaffen normalerweise eine Stampede und schlachten dabei ein paar hundert ihrer Kogläubigen“, frohlockte er. Muslime machen sich zum Narren, fügte er hinzu, weil sie „ihre Ärsche fünfmal am Tag in die Luft recken“. Er dichtete für sie einen Zweizeiler: „Ist der geile Muslim tot, lindern 70 Jungfraun seine Not.“
Der Daily Telegraph berichtete im Jahr 2008 mit gerümpfter Nase über die Ansichten des Priesters. Drei Jahre später war die Sache vergessen. Seitdem schreibt Mullen eine Onlinekolumne für das Blatt. Außerdem hat er fünf Bücher verfasst, darunter „Aufwachsen mit Sex und Tod“.
Ein anderes Buch hält er dagegen für Teufelswerk. „And Tango Makes Three“ ist ein Buch für Zehnjährige über zwei schwule Pinguine. Es basiert auf der wahren Geschichte von Roy und Silo, die im New Yorker Zoo einen eiförmigen Stein ausbrüteten, bis ein Zoowärter den Stein heimlich gegen ein Ei austauschte. Heraus schlüpfte eine Tochter namens Tango.
In England haben einige Schulen das Buch aus der Bibliothek verbannt. Koautor Justin Richardson meinte: „Das Buch tritt genauso wenig für schwule Partnerschaften ein, wie es Kindern rät, ganze Fische zu verschlucken oder auf Felsen zu schlafen.“ Oder Peter Mullen das Wort „Klotzkopf“ in die Stirn zu meißeln.
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