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■ Die Vorstellung von der RAF als Untergrundgruppe zerfälltVom Ende einer langlebigen Fiktion

Der letzte tödliche Anschlag der RAF liegt über fünf Jahre zurück. Keines ihrer Attentate seit Mitte der achtziger Jahre ist aufgeklärt. Der erste gelungene Versuch, einen V-Mann direkt an die Gruppe heranzuspielen, endete 1993 in Bad Kleinen als Blutbad. Der Kampf, so scheint es, ist zu Ende, doch die RAF lebt weiter. Als Ikone linker Militanz. In der vergangenen Woche kommentierte die Gruppe entspannt und anscheinend völlig unbehelligt von dem, was früher „Fahndungsdruck“ hieß, die aktuelle Lage nach der Rückkehr Christoph Seidlers in die Legalität. Keine Anschläge, keine Fahndungsansätze, keine Ahnung. Der Sicherheitsapparat weiß heute über die RAF nicht mehr als das Publikum.

Je dramatischer sich das Debakel des Apparats in den vergangenen Jahren entwickelte, um so wichtiger wurde das Fahndungsplakat des Bundeskriminalamts. Sieben Köpfe sollten signalisieren: Wir kennen die Verantwortlichen, wir werden sie irgendwann fassen. Das Plakat bildete, nebenbei, auch so etwas wie die Arbeitsplatzgarantie für jene rund hundert Fahnder, die Jahr für Jahr, Woche für Woche von morgens bis abends im BKA ihre Schreibtische verwalten. Nun hat auch das ein Ende. Wenn nicht alles täuscht, waren mindestens vier der sieben Abgebildeten nie in der RAF organisiert. Ob darunter auch nur eine Person ist, die die Wortmeldung der vergangenen Woche mitzuverantworten hat – niemand weiß es.

Bundeskriminalamt, Bundesanwaltschaft, Innenminister, Justizminister und natürlich der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt: Sie alle schweigen. Stumm begleiten Apparat und verantwortliche Politik seit Wochen den öffentlichen Zusammenbruch des eigenen Weltbilds über die RAF. Man mag nicht kommentieren, jahrelang die Falschen gejagt und öffentlich zu Mördern gestempelt zu haben. Die RAF setzt sich zusammen aus Leuten, die nach einer Karriere in der linksmilitanten Szene irgendwann in den Untergrund abtauchen. Diese niemals ernsthaft hinterfragte Wahrheit entpuppt sich als durch nichts belegte Fiktion. Als einzige Wahrheit bleiben tödliche Anschläge, zu denen sich die RAF bekannt hat. Die Täter – mindestens einige, vielleicht alle – finden sich auf keinem Plakat. Diese bittere Wahrheit den Hinterbliebenen der Opfer mitzuteilen, findet sich bis heute niemand in Bonn. Statt dessen debattiert man das Ende des Aussteigerprogramms des Verfassungsschutzes. Es ist das alte Lied vom Überbringer unangenehmer Wahrheiten, dem noch selten Dank zuteil wurde. Gerd Rosenkranz

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